Gericht ist zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung verpflichtet
Mehr zum Thema: Baurecht, Architektenrecht, Hauskaufvertrag, Privatgutachten, Beweisantizipation, SachverständigeBei relevanten Widersprüchen zwischen einem Gerichtsgutachten und einem Privatgutachten muss sich das Gericht mit dem Privatgutachten auseinandersetzen
In dem entschiedenen Fall ging es um die Rückabwicklung eines Hauskaufvertrages. Der Erwerber war der Auffassung, ihm seien Feuchtigkeitsmängel im Keller arglistig verschwiegen worden. Der seitens des Gerichts eingeschaltete Sachverständige kam in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die mangelhafte Außenabdichtung des Kellers für den Feuchtigkeitseintrag ursächlich war.
Ein seitens des Verkäufers eingeholtes Privatgutachten widerlegte das gerichtlich beauftragte Sachverständigengutachten mit alternativen Feststellungen, ohne sich mit den Feststellungen des Gerichtsgutachtens auseinanderzusetzen.
seit 2011
Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung
In seiner Entscheidung vom 21.03.2013 sah der Bundesgerichtshof in der fehlenden Beschäftigung mit den Feststellungen des Privatgutachtens eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), weil die durch das Gutachten aufgeworfenen Fragen nicht aufgeklärt wurden (Az. V ZR 204/12).
Die BGH-Entscheidung stützt sich auf die Grundsätze der so genannten unzulässigen Beweisantizipation, da das Berufungsgericht diesen Fragen im Hinblick auf seine bereits gewonnene Entscheidung kein Gewicht mehr beigemessen hat (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007).
Nach älterer Rechtsprechung reichte es schon aus, dass das Gericht die Feststellungen eines gerichtlichen Sachverständigen beim Vorliegen eines Privatgutachtens nicht ganz unkritisch übernahm (so BVerfG, NRW 1997, 122).
Bis 2009 genügte eine logisch nachvollziehbare Begründung, wenn ein Gericht an den Ergebnissen eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens festhalten wollte (so der BGH in seinem Beschluss vom 19.05.2009, Az. IV ZR 57/08, NJW-RR 2009, 1192).
Privatgutachten gewinnen an Gewicht
Nunmehr wertet der Bundesgerichtshof die Qualität eine Privatgutachtens noch weiter auf, indem er die unterlassene Gewichtung weiterer Indiztatsachen als unzulässige vorweggenommene tatrichterliche Würdigung qualifiziert.
Rechtsanwalt Markus Koerentz, LL.M. steht Ihnen bei Fragen Rund ums Baurecht zur Verfügung.
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