Gebrauchtwagenkauf: Vorbehaltlose Angabe der Kilometerlaufleistung kann Garantie begründen

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Folgen für Käufer und Gebrauchtwagenhändler

Sie haben beim Händler ein gebrauchtes Auto gekauft? Im Vertrag ist wie üblich eine Kilometerlaufleistung angegeben. Nachträglich stellt sich heraus, dass die tatsächliche Laufleistung geringfügig von den Angaben abweicht. Für die Beurteilung welche Rechte der Käufer und welche Pflichten der Verkäufer in so einem Fall hat, kommt es maßgeblich darauf an, was diese Angabe rechtlich zu bedeuten hat.

Bezieht sich eine solche Angabe des Verkäufers auf den exakten Kilometerstand? Oder muss ein Käufer davon ausgehen, dass selbst einem Gebrauchtwagenhändler bei sorgfältiger Prüfung gewisse Abweichungen zwischen der Tachometerangabe und der tatsächlichen Gesamtfahrleistung unbekannt bleiben und er daher für die exakte Wertangabe keine Gewähr übernehmen will und muss? Darf der Händler sich einfach auf die Angaben des Vorbesitzers verlassen und diese übernehmen?

Dazu gibt es eine interessante neue Entscheidung des OLG Rostock (Urteil vom 11.7.2007, -6 U 2/07), welche die Rechte des Verbrauchers stärkt und die Händler bei solchen Angaben zu mehr Vorsicht ermahnt.

Das OLG Rostock hat entschieden, dass die vorbehaltslose Angabe einer Kilometerlaufleistung im Kaufvertrag als eine Abgabe einer unbedingten Garantieerklärung zu werten ist und nicht bloß als eine Beschaffenheitsangabe (bei der geringfügige Abweichungen toleriert werden müssen).Die Folgen dieser rechtlichen Auffassung sind beachtlich, denn die Rechte des privaten Käufers werden damit enorm gestärkt, die Pflichten des Händlers deutlich verschärft.

Gewährleistung (§§ 434, 435 BGB) und Garantie (§ 443 BGB) werden oft verwechselt. Die rechtlichen Wirkungen sind aber sehr unterschiedlich.Eine Garantieerklärung geht sehr viel weiter, als die Gewährleistungsvorschriften. Während im Rahmen des Gewährleistungsanspruchs ein Verschulden des gewerblichen Verkäufers hinsichtlich des Mangels maßgeblich ist, kommt es hierauf bei Vorliegen einer Garantieerklärung erst gar nicht an. Der Verkäufer haftet auch ohne ein eigenes Verschulden.

Nach dem Motto: Was man verspricht muss man auch halten.

Derjenige der eine Garantieerklärung abgibt (hier der Gebrauchtwagenverkäufer), will ja damit gerade zum Ausdruck bringen, dass er ohne Einschränkungen für eine bestimmte Eigenschaft oder eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache einstehen und auch haften will.

Mit der Annahme einer Garantie ändern sich auch die Verjährungsvorschriften. Während die normale Gewährleistung nach zwei Jahren erlischt, gilt bei der Garantie die normale Verjährung von drei Jahren ab Kenntnis des Mangels.

Die Annahme einer rechtlichen Garantieerklärung hat für den Händler die Folge, dass er für die angegebene Kilometerzahl des verkauften Wagens einzustehen hat, und zwar verschuldensunabhängig! Er kann sich also auch nicht darauf berufen, dass er auf die Angaben des Vorbesitzers vertraut hat oder Manipulationen nicht erkennen konnte.

Wegen der erheblichen rechtlichen Folgen, werden enge Anforderungen an die Annahme einer Garantie gestellt. Das OLG Rostock hat zum Thema Laufleistung im Gebrauchtwagenkaufvertrag entschieden:

In einer beim Gebrauchtwagenkauf ohne Einschränkung oder Zusätze abgegebene Erklärung des gewerblichen Gebrauchtwagenhändlers zu einer bestimmten Kilometerleistung des Fahrzeugs kann die Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie liegen.
Will der Verkäufer solche Rechtsfolgen nicht gegen sich gelten lassen, ist er gehalten, eine dahingehende Einschränkung seines Willens zum Ausdruck zu bringen, da sich andernfalls der Käufer auf die besondere Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt und in dessen Erklärung die Übernahme einer Garantie sieht.

 

Die Entscheidung des OLG stärkt die Rechte des Käufers. Das OLG Rostock weist in seiner Entscheidung aber auch darauf hin, dass eine Garantie zur Kilometerlaufleistung nur dann angenommen werden kann, wenn sie ohne Einschränkungen gemacht wurde.

Dem gewerblichen Verkäufer ist daher dringend zu raten Angaben darüber zu machen, woher er seine Information über die Kilometerlaufleistung hat, z.B. „laut abgelesenem Tacho" oder „gemäß den Angaben des Vorbesitzers".

Folgen für Privatverkäufer

Ob dieser Maßstab auch auf Privatverkäufe von Gebrauchtwagen übertragbar ist, hat das Gericht offen gelassen. Dies erscheint allerdings eher unwahrscheinlich, da in der Entscheidung maßgeblich darauf abgestellt wird, dass aus der Sicht des Kunden der Händler eine besondere Erfahrung und Sachkunde inne hat und daher in dessen Erklärung die Übernahme einer Garantie gesehen wird, soweit der Händler keine Vorbehalte macht.


Ulrike Hinrichs. MBA
Rechtsanwältin. Mediatorin

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