GOÄ, 2,3 facher Satz und falsche Abrechnungen

7. Juni 2011 Thema abonnieren
 Von 
Lifeguard
Status:
Student
(2910 Beiträge, 1318x hilfreich)
GOÄ, 2,3 facher Satz und falsche Abrechnungen

Hallo,

wie ist eigentlich in Deutschland der richtige Weg, einen Mißstand anzugehen.

Es ist für mich eigentlich nicht hinnehmbar wenn der Gesetzgeber sinngemäß schreibt,

Zwischen dem 1 fachen und dem 2,3 fachen Satz darf der Artz nach billigem Ermessen dem Aufwand entsprechend wählen.

In der Praxis bedeutet dies immer den 2,3 fachen Satz.

Selbst der BGH (BGH,Urteil v. 8.11.2007 Az. III ZR 54/07 ) spricht dann vom Vertrauensschutz der Ärtze.
Die Ärzte begründen das ganze dann, daß die GOÄ seit Jahren nicht mehr angepasst worden ist.

Hierbei stellen sich mir dann jedoch zwei Fragen:

Warum darf ich dann beim Arzt vorher unterschreiben, daß er nach GOÄ nach billigem Ermessen den 1,0-2,3 Fachen Satz abrechnen darf.
Hier müßte er doch dann einfach draufschreiben, daß er ohne Begründung immer den 2,3 fachen abrechnet.

Wo ist generell geregelt, daß eine Regelung / Gesetz (antiquiert) ist. Weil wenn nun jeder selbst entscheiden darf, auf welches Gesetz kann ich mich berufen, wenn ich in der Innenstadt grundsätzlich 70 fahre und dies dann damit begründe, daß die 50 antiquiert sind und nicht den besseren Bremsanlagen und technischen Helfern Rechnung getragen wird.


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3 Antworten
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#1
 Von 
Snoop Pooper Scoop
Status:
Student
(2858 Beiträge, 1121x hilfreich)

quote:
Hier müßte er doch dann einfach draufschreiben, daß er ohne Begründung immer den 2,3 fachen abrechnet.


Warum sollte er das müssen? Wenn du einen Vertrag unterschreibst "der Käufer zahlt nach Wahl des Verkäufers zwischen 100 und 200 EUR", wieso dürfte der VK diese Klausel nicht verwenden, wenn er immer 200 EUR wählt? Ist der K offiziell für dumm erklärt worden?

quote:
Wo ist generell geregelt, daß eine Regelung / Gesetz (antiquiert) ist.


Nirgends. Im übrigen stammt der Großteil des BGB aus der Zeit vor über 100 Jahren. Wortwörtlich.

quote:
Weil wenn nun jeder selbst entscheiden darf,


Wenn der Vertrag ihm das erlaubt, jo.

quote:
auf welches Gesetz kann ich mich berufen, wenn ich in der Innenstadt grundsätzlich 70 fahre und dies dann damit begründe, daß die 50 antiquiert sind


Auf gar keins. Das ist ja nicht mal mehr ein Vergleich von Äpfel und Birnen, du bist schon komplett aus der Kategorie Obst heraus.

quote:
und nicht den besseren Bremsanlagen und technischen Helfern Rechnung getragen wird


Nichts davon reduziert deine Reaktionszeit, Schlaumeier.

Übrigens würde das ja bedeuten, ich darf mit meiner Keramik-Bremsanlage aus dem Porsche (100-0 in 32 Metern) schneller fahren als du mit deinem Fiat Panda (100-0 in 42 Metern). Enä, esu jeit dat nit.

Wenn du ein Gesetz für antiquiert hältst, nutze deine demokratischen Möglichkeiten, es ändern zu lassen. Klappt das nicht, mußt du halt einsehen, daß deine Meinung nicht Goldstandard ist.

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2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Lifeguard
Status:
Student
(2910 Beiträge, 1318x hilfreich)

Ja, aber die Formulierung in der GOÄ und bei den Privatpatienten suggeriert, daß bei der Wahl des Faktors dem Umstand Rechnung getragen werden soll, daß dieselbe Behandlung unterschiedlich aufwendig ist. In Wirklichkeit wird aber alles nur noch mit 2,3 abgerechnet.

z.B. Hand verbrüht. Hierbei 1 Finger ganz (II Grades) und zwei finger nur die obersten Glieder (I Grades). = 3 Finger zum vollen Satz abgerechnet, obwohl für den ersten Finger 10 minuten und für die anderen beiden jeweils nur 2 minuten benötigt worden sind.

Das die GOÄ seit Jahren nicht mehr angepasst worden ist, sehe ich selber. Aber es kann doch nicht sein, daß man dann munter selbst die Regeln auslegt, und die Gerichte unter verweis auf, "hat sich eingebürgert" mitspielen.

Genauso könnte man ja dann auf Vertrauensschutz gehen, auf 2 Spurigen Straßen innerstädtisch 70 zu fahren.

Ich sehe hierrin keine Äpfel mit Birnen, denn das mit dem 2,3 fachen Satz würde ja nicht vor Gericht gehen, wenn es nicht doch Patienten geben würden, die nicht in der GOÄ nachlesen und diesen Satz so verstehen, daß der 2,3 fache satz der Regelsatz ist.

Genauso ist es doch so, daß sich doch nur ein paar Polizeibeamte daran störem. daß man sich nicht ans Tempolimit hält. Bei den Bürgern gilt doch das Paradox. Ich reg mich nur auf, wenn es vor meiner Türe passiert, überall anders darf gerast werden.

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Mir persönlich geht es nur darum, wieder ein verläßliches Zahlenwerk zu bekommen. Denn in allen anderen Branchen gilt auch, daß die Kosten vorher bekannt sein müßen. Und es wird nicht hingenommen, daß wenn beim Angebot die Klausel drinn steht, es kann um 20% abweichen, daß es dann die Regel ist, das die Rechnung hinterher 120% vom Angebot ist.

-- Editiert am 07.06.2011 15:40

2x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Snoop Pooper Scoop
Status:
Student
(2858 Beiträge, 1121x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>suggeriert, daß bei der Wahl des Faktors dem Umstand Rechnung getragen werden soll, daß dieselbe Behandlung unterschiedlich aufwendig ist <hr size=1 noshade>


Nö, dann würde da ja nicht "nach billigem Ermessen" stehen, sondern "nach Aufwand". Was manche Leute da hineinlesen, ist nun nicht das Problem der Formulierung.

quote:<hr size=1 noshade>Aber es kann doch nicht sein, daß man dann munter selbst die Regeln auslegt, und die Gerichte unter verweis auf, "hat sich eingebürgert" mitspielen. <hr size=1 noshade>


Da hast du die Argumentation des Gerichts offenbar mißverstanden.

quote:<hr size=1 noshade>Genauso könnte man ja dann auf Vertrauensschutz gehen, auf 2 Spurigen Straßen innerstädtisch 70 zu fahren. <hr size=1 noshade>


Ich weiß nicht, wieso du Vertrauensschutz mit Gebührenberechnungsmodalitäten vergleichst. Berufen sich die Ärzte hier auf Vertrauensschutz?

quote:<hr size=1 noshade>daß sich doch nur ein paar Polizeibeamte daran störem. daß man sich nicht ans Tempolimit hält. <hr size=1 noshade>


Schließ nicht von dir selbst auf andere. Damit fangen die Probleme an.

quote:<hr size=1 noshade>wieder ein verläßliches Zahlenwerk zu bekommen <hr size=1 noshade>


Du argumentierst unlogisch. Wenn die Ärzte *immer* 2,3-fach abrechnen, ist das doch so verläßlich wie nur irgendwas.

quote:<hr size=1 noshade>Selbst der BGH (BGH,Urteil v. 8.11.2007 Az. III ZR 54/07 ) spricht dann vom Vertrauensschutz der Ärtze. <hr size=1 noshade>


Das schreibt er doch weder wörtlich noch sinngemäß. Er begründet, wieso ein Ausschöpfen des Ermessens auf die Grenze von 2,3 offenbar vom Gesetzgeber für zulässig angesehen wurde, der hier gerade keine Nachweispflicht für den Arzt vorgesehen hat.
Das ist etwas völlig anderes als zu sagen (wie du es falsch paraphrasierst): "Weil das schon immer so war, ist das OK, obwohl es eigentlich nicht OK ist."
Eher hat der BGH gesagt: "Weil das schon immer so war, ist kein Anzeichen zu sehen, wieso das nicht OK sein sollte."

Angepaßt auf deine Analogie: Wenn du permanent 70 in der "50-70er"-Zone fährst und der Staat dich zwar blitzt, dir aber nie sagt, daß du nicht 70 fahren darfst, dann gibt es auch keinen Grund zur Annahme, der Staat habe mit "Tempo 50-70" gemeint, man dürfe im Regelfall maximal 50 oder 60 fahren.

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