Fortbestand des Abfindungsvergleichs nach Wiederverheiratung

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Haben Eheleute im Scheidungsverfahren eine Vereinbarung über die zukünftige Zahlung von Unterhalt an die Ehefrau getroffen, so kommt bei Wiederverheiratung der Ehefrau zugunsten des geschiedenen Ehemanns nur dann einen Abänderungsanspruch in Betracht, wenn die Vereinbarung nicht als endgültiger Verzicht auf gesetzlichen Unterhalt im Sinne einer Abfindung anzusehen ist. Wollten die Parteien eine restlose und endgültige Regelung über Zahlungsverpflichtungen herbeiführen, dann kann sich der zur Zahlung verpflichtete Schuldner nicht darauf berufen, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der geschiedenen durch ihre Wiederverheiratung geänderten hätten.

In einem vom BGH mit Urteil vom 10.08.2005 entschiedenen Fall hatten die Parteien einen gerichtlichen Scheidungsfolgenvergleich geschlossen und dort festgelegt, dass der Ehemann zur Abgeltung der Gesamtansprüche der Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt für die Jahre 2003 und 2004 feste Abfindungsbeträge schuldet. Kurz darauf heiratete die Ehefrau ihren bisherigen Lebensgefährten. Dies nahm der geschiedene Ehemann zum Anlass, keine Abfindungszahlungen zu leisten und beantragte vor dem Amtsgericht, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich für unzulässig zu erklären, weil der Anspruch durch die Wiederverheiratung erloschen sei.

Nachdem das Amtsgericht der Auffassung des Ehemannes folgte und die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärte, wies das Landgericht die Klage auf die Berufung der Ehefrau hin ab. Die Revision des Ehemannes vor dem BGH hatte keinen Erfolg. In seiner Entscheidung stellt der BGH klar, dass mit dem Abfindungsvergleich ein Ausschluss weiterer Ansprüche für nicht vorhersehbare zukünftige Veränderungen getroffen werden sollte, der wesentlicher Inhalt der Vereinbarung ist und nicht bloß dessen Geschäftsgrundlage. Die Ermittlung der Höhe von Abfindungszahlungen auf Grundlage einer Zukunftsprognose beinhalte in diesem Fall einen beiderseitigen Verzicht auf eventuelle Anpassungen zukünftiger Entwicklungen. Zudem gewähre das Gesetz in § 1585 Abs. 1 BGB regelmäßig Unterhalt in Form einer monatlichen Geldrente und nur in bestimmten Ausnahmefällen gem. § 1585 Abs. 2 BGB einen Abfindungsanspruch. Wer statt laufender monatlicher Leistungen einen festen Abfindungsbetrag wähle, nehme das Risiko in Kauf, bei dessen Bezifferung auf Schätzungen und ungewisse zukünftige Entwicklungen angewiesen zu sein. Eine spätere Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse habe daher keine Auswirkungen auf den Fortbestand des Abfindungsvergleichs.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich bei dem vereinbarten Kapitalbetrag nicht um eine Abfindung im Sinne des § 1585 Abs. 2 BGB handelt, sondern nur um eine Vorauszahlung, die den gesetzlichen Unterhaltsanspruch konkretisiert. Ob es sich bei der fraglichen Vereinbarung um einen Abfindungsvergleich handelt, oder ob stattdessen eine Unterhaltsvereinbarung getroffen werden sollte, ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln. Bezeichnen die Parteien die vereinbarten Zahlungen als "Abfindungsbeträge", so ist dies Indiz für eine abschließende Regelung ohne nachträgliche Anpassungsmöglichkeit.

Wer sich daher in Abfindungsvergleichen eine Anpassungsmöglichkeit für zukünftige Entwicklungen erhalten möchte, sollte dies in dem Vergleich durch Verwendung einer entsprechenden Formulierung unmissverständlich zum Ausdruck bringen.