Firmeninsolvenz – Die rechtliche Situation des Arbeitnehmers

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Eine Firmeninsolvenz hat für die betroffenen Arbeitnehmer weitreichende Konsequenzen. Diese betreffen nicht nur das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses in der Insolvenz und die mögliche, betriebsbedingte Kündigung, sondern u.a. auch das rechtliche Schicksal von Lohn- und Gehaltsansprüchen und der ggf. bestehenden betrieblichen Altersvorsorge.

I. Einleitung des Insolvenzverfahrens

Ist der Arbeitgeber insolvent, d.h. zahlungsunfähig oder überschuldet, ist von dem Arbeitgeber selbst ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Nicht selten wird ein solcher Antrag aber auch von einem Gläubiger der Firma gestellt, wenn dieser konkrete Anzeichen einer Insolvenz hat (z.B. ein Sozialversicherungsträger, wenn der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter die erforderlichen Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr abführt).  

Im Rahmen der gerichtlichen Insolvenzprüfung durch das zuständige Insolvenzgericht, wird in der Regel ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt, der die laufenden Geschäfte fortführt und den Geschäftsbetrieb insoweit aufrechterhält. Hierbei kann die Entscheidungskompetenz des Arbeitgebers ganz oder teilweise auf den Insolvenzverwalter übertragen werden.

In dieser Phase ist es Ziel, Vermögen zur Abwicklung des Insolvenzverfahrens zu erwirtschaften und auch ggf. gar eine insolvenzabwendende Sanierung der Unternehmens zu erreichen. Die Eröffnung des beantragten Insolvenzverfahrens wird nur dann in Betracht kommen, wenn eingangs bereits genug Vermögen zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens vorhanden ist. Wird der Insolvenzantrag mangels Masse abgelehnt, ist es nicht mehr wahrscheinlich, dass Gläubiger zumindest teilweise ihre Forderungen noch realisieren können. Dies betrifft auch Forderungen auf rückständiges Gehalt der Arbeitnehmer.

II. Das Arbeitsverhältnis

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet nicht automatisch das bestehende Arbeitsverhältnis. Es besteht vielmehr fort (§ 108 Abs. 1 InsO). Die Befugnisse eines Arbeitgebers werden allerdings nun von dem gerichtlich bestellten (vorläufigen) Insolvenzverwalter ausgeführt. Er ist daher u.a. zu betriebsbedingten Kündigungen berechtigt, die in der Regel in der wirtschaftlich angespannten Situation des Unternehmens oftmals nicht zu vermeiden sein werden.

Doch auch im Insolvenzverfahren besteht für den Arbeitnehmer grundsätzlich der für ihn geltende (allgemeine und besondere) Kündigungsschutz. Allerdings kommt es im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu einer „Begrenzung" der Kündigungsfrist auf maximal 3 Monate zum Monatsende bei ordentlichen Kündigungen, soweit die vertragliche, gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist nicht ohnehin kürzer bemessen ist (§ 113 InsO). Für den vorläufigen Insolvenzverwalter ist die Anwendung der Kündigungsfrist nach § 113 InsO in Anbetracht seiner Befugnisse aus § 22 Abs. 1 InsO grundsätzlich nicht möglich (BAG, Urteil v 20.01.2005, 2 AZR 134/04).

Die Kündigung kann auch ohne Rücksicht auf eine ggf. vereinbarte Vertragslaufzeit oder gar ungeachtet eines vereinbarten Ausschlusses des Rechts zur ordentlichen Kündigung ausgesprochen werden.

Die Kündigung unter den insolvenzspezifischen Vorzeichen kann vom Insolvenzverwalter, aber auch von der Arbeitnehmerseite ausgesprochen werden. Kündigt der Insolvenzverwalter, kann der Arbeitnehmer ggf. wegen der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner Stellung als Insolvenzgläubiger Schadensersatz verlangen (§ 113 InsO).

III. Gehaltsansprüche der Arbeitnehmer

Bei der Frage der rückständigen Gehaltsansprüche in der Insolvenz wird unterschieden zwischen den Gehaltsansprüchen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind und denen, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind und auch noch in Zukunft entstehen.

Die InsO teilt die Gläubiger der Insolvenz, zu denen auch die Arbeitnehmer gehören, in zwei Gruppen ein: die Insolvenzgläubiger und die Massegläubiger. Die Insolvenzgläubiger können ihre Forderungen erst dann befriedigen, wenn die Massegläubiger befriedigt sind. Dies führt dazu, dass oftmals für die Befriedigung der Forderungen der Insolvenzgläubiger kein Vermögen mehr verbleibt.

Für rückständige Gehaltsforderungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, zählt der Arbeitnehmer zu den Insolvenzgläubigern (§ 38 InsO, § 108 InsO). Diese Forderungen müssen zur Insolvenztabelle angemeldet werden, und auch erst bei entsprechender Aufforderung durch den Insolvenzverwalter.

Einen Schutz bietet das sog. Insolvenzgeld (§§ 183 ff. SGB III). Dies kann für die Dauer von 3 Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei der zuständigen Arbeitsagentur beantragt werden. Dies gilt gleichermaßen in den Fällen, in denen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse vom Insolvenzgericht abgelehnt wird. Der Anspruch besteht grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es besteht aber grundsätzlich die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen einen entsprechenden Vorschuss von der Agentur für Arbeit zu erhalten. Die Agentur für Arbeit bestimmt dabei die Höhe des Vorschusses nach pflichtgemäßem Ermessen (in der Regel 50-80% des offenen Lohnes). Der Vorschuss ist auf das Insolvenzgeld anzurechnen.

Nur für rückständige Gehaltsforderungen, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens enstanden sind, ist der Arbeitnehmer ein bevorzugt zu befriedigender Massegläubiger (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO) und hat realistische Chancen zumindest einen Teil seiner Gehaltsforderungen durchsetzen zu können. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch der Urlaubsabgeltungsanspruch aus der Masse zu befriedigen (BAG, 21.06.2005, EzA § 7 BUrlG Nr. 113). Letztlich ist auch hier entscheidend, wie viel realisierbare Vermögensmasse zur Begleichung der Forderungen insgesamt zur Verfügung steht.

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