Filesharing - Verfassungsrichter rüffeln OLG Köln

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(domain-recht.de) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durfte sich kürzlich mit der Rechtsprechung zur Haftung von Internetanschlussinhabern auseinandersetzen und kam zu dem Schluss, dass die unterschiedlichen obergerichtlichen Entscheidungen divergieren und zuletzt der Bundesgerichtshof zu klären habe, ob der Anschlussinhaber für Rechtsverletzungen eines volljährigen Familienmitgliedes haftet (BVerfG, Beschluss vom 21.03.2012, Az. : 1 BvR 2365/11).

Die Klägerinnen, Unternehmen der Musikindustrie, verlangten unter anderem die Anwaltskosten vom Beklagten, einem auf Online-Recherche und Internetpiraterie spezialisierten Polizeibeamten, über dessen Internetanschluss der volljährige Sohn seiner Lebensgefährtin 3.749 Musikdateien per Filesharing zugänglich gemacht hatte. Im Rahmen des Rechtsstreits gab das Landgericht der Klage mit der Begründung statt, der Beklagte sei so genannter Störer (zumindest nach § 97 UrhG) und zur Unterlassung (§ 1004 BGB analog) verpflichtet. Zudem ergäben sich aufgrund seiner beruflichen Erfahrung Prüf- und Handlungspflichten, die er nicht erfüllt habe. Der Beklagte ging in Berufung zum Oberlandesgericht Köln. Dieses änderte lediglich den Streitwert ab aber sonst wies es die Berufung zurück, nicht zuletzt weil der Beklagte verspätet vorgetragen habe, es sei in der Familie über die Rechtswidrigkeit der Nutzung von Tauschbörsen gesprochen worden. Das OLG Köln liess die Revision gegen das Urteil nicht zu. Der Beklagte erhob eine Anhörungsrüge, die das OLG Köln abwies. Daraufhin legte der Beklagte Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.

Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gab ihr statt, soweit sie sich gegen das Urteil des Oberlandesgerichts richtete. Die Verfassungsbeschwerde ist nach Ansicht des BVerfG offensichtlich begründet. Die Nichtzulassung der Revision verstoße gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 GG) und die ablehnende Entscheidung sei nicht nachvollziehbar begründet. Das OLG Köln habe nicht berücksichtigt, dass bei der Rechtsfrage, ob den Internetanschlussinhaber Prüf- und Instruktionspflichten gegenüber sonstigen Nutzern des Anschlusses treffen, die Rechtsauffassungen auseinandergehen und insbesondere die Haftung für volljährige Familienmitglieder skeptisch beurteilt wird. Frühere Entscheidungen des OLG Frankfurt/M und des OLG Köln gehen unterschiedliche Wege: Während das OLG Frankfurt/M konkrete Anhaltspunkte verlangt, damit eine Überwachungspflicht des Anschlussinhabers entsteht, erwächst sie nach Ansicht des OLG Köln bereits bei Überlassung des Anschlusses an einen Dritten, unabhängig von dessen Alter.Das BVerfG verwies weiter auf das Urteil "Sommer unseres Lebens" des Bundesgerichtshofs, auf das auch der Beklagte Bezug genommen hatte. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH setzt die Haftung des Störers grundsätzlich die Verletzung von Prüfpflichten voraus, die sich nach der Zumutbarkeit einer Prüfung bemessen. Doch betrifft das genannte Urteil des BGH einen abweichenden Fall und die Frage, ob ein WLAN-Anschluss auf einen hinreichenden Schutz durch Sicherungsmaßnahmen gegen die Benutzung durch außenstehende Dritte geprüft werden muss. Die Frage für die Konstellation, wie sie hier vorliegt, ist damit bisher ungeklärt.

Das BVerfG hob das Urteil des Oberlandesgerichts Köln auf und verwies die Sache zurück. Das Gericht muss nun prüfen, ob es an seiner Rechtsauffassung zu den Pflichten des Anschlussinhabers festhalten möchte. In diesem Fall müsste es die Revision zulassen oder jedenfalls die Nichtzulassung schlüssig sowie verfassungsgemäß begründen.

Quelle: jurpc.de, eigene Recherche

Autor und weitere Infos: domain-recht.de