Filesharing, die Folgen und Auswege aus der Haftung

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I. Einführung

Zurzeit sind mehrere auf Urheberrechtsversöße spezialisierte große Anwaltskanzleien damit beschäftigt, im Namen der Musik- und Videoindustrie gegen das illegale Verbreiten von Musik- und Videomaterial im Internet vorzugehen. Die beauftragten Rechtsanwälte gehen massiv per Abmahnung gegen diejenigen vor, die über Tauschbörsen urheberrechtlich geschütztes Material anbieten.

Michael Euler
Partner
seit 2007
Rechtsanwalt
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Kaufrecht, Strafrecht, Wettbewerbsrecht, Internet und Computerrecht, Vertragsrecht
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Dabei ist vielen Nutzern von Tauschbörsen nicht einmal bewusst, dass diese die abgemahnten Dateien auch im Internet anbieten und sich damit der Abmahnmaschinerie der Rechteinhaber aussetzen. Die Software, welche zum Download der entsprechenden Files benötigt wird, ist nämlich in der Regel so konfiguriert, dass bei einem Download automatisch auch ein Upload der zuvor heruntergeladenen Dateien erfolgt. Vielfach lässt sich dies in den verwendeten Tauschbörsenprogrammen auch nicht wirksam unterbinden, was von den Programmieren dieser Programme und dem größten Teil der Tauschbörsen-Community aber auch so gewollt ist. Anderenfalls würden nämlich viele ihren eigenen Upload ausschalten und ein „Tauschen" der Musik- oder Videotitel wäre nicht mehr möglich, da jeder nur noch Downloaden würde aber niemand mehr die heruntergeladenen Files anbietet. Dass damit das gesamte System der Tauschbörsen in Mitleidenschaft gezogen würde liegt auf der Hand.

Rechtlich stellt sowohl der Download, als auch der Upload von urheberrechtlich geschütztem Material einen Urheberrechtsverstoß nach § 97 UrhG dar.
Vielfach wird die Auffassung vertreten, dass zumindest der Download legal sei, was aber nicht der Fall ist. Auch das vielfach zitierte Recht auf eine „Privatkopie" rechtfertigt keinen Download urheberrechtlich geschützten Materials, da hierfür erforderlich ist, dass eine solche Kopie von einem legal erworbenen Medium erfolgt. Dies ist im Rahmen der Nutzung einer Tauschbörse jedoch nicht möglich, da die dort angebotenen urheberrechtlich geschützten Werke nicht für eine legale Kopie herhalten können.

Obwohl auch der Download urheberrechtlich geschützten Materials illegal ist, gehen die oben genannten Rechtsanwaltskanzleien jedoch nur gegen diejenigen vor, die die Files im Internet öffentlich anbieten. Mir sind keine Fälle bekannt, in denen jemals wegen eines illegalen Downloads vorgegangen wurde.

Dies liegt sicherlich aber auch darin begründet, dass sich dieser schwerer nachweisen lässt, als das Anbieten der urheberrechtlich geschützten Werke. Auch spielen wirtschaftliche Interessen dabei natürlich eine große Rolle.

Eine größere Gefahr geht nämlich von denjenigen Personen aus, die die Werke öffentlich einer Vielzahl von Personen kostenlos anbieten, als von denen, die sich den Titel einmal für den Eigengebrauch downloaden.

Mittels eigens entwickelter Programme werden deshalb diejenigen Nutzer von der Musikindustrie aufgespürt, die die Files anbieten. Dabei wird zunächst lediglich die IP-Adresse desjenigen Anschlusses ermittelt, über den die streitgegenständlichen Dateien angeboten wurden. Da die Rechteinhaber selbst keinerlei Möglichkeiten haben, den zugehörigen Anschlussinhaber ausfindig zu machen, wird durch die Rechtsanwaltskanzleien Strafanzeige wegen des Verdachts der Urheberrechtsverletzung gegen Unbekannt bei den Staatsanwaltschaften erstattet.

Diese ermitteln anhand der von den Rechteinhaber mitgeteilten IP-Adressen über die jeweiligen Internetprovider die Namen und Adressen der Anschlussinhaber und teilen diese Informationen wiederum dem Anzeigeerstatter mit.

Die Strafermittlungsverfahren werden dann in aller Regel von der Staatsanwaltschaft gar nicht mehr weiter verfolgt und wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO eingestellt, zumal die Rechteinhaber nach Übermittlung der für die Abmahnung benötigen Informationen die Anzeigen auch oftmals zurück nehmen.Anhand der gewonnen Adressinformationen der Anschlussinhaber beginnt nun die eigentliche Arbeit der Rechtsanwaltskanzleien. Es kommt zu Abmahnungen gegenüber den Anschlussinhabern.

Bei einer Abmahnung handelt es sich um die formale Aufforderung, ein bestimmtes Verhalten –vorliegend die Urheberrechtsverletzungen - künftig zu unterlassen. Rechtsgrund für die Abmahnung bildet § 97 Abs. I des Urhebergesetzes.

Daneben statuiert diese Vorschrift Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz, welche mit der Abmahnung oftmals zusammen geltend gemacht werden.

II. Der Unterlassungsanspruch/Die strafbewehrte Unterlassungserklärung

Aufgrund des Unterlassungsanspruchs steht dem Rechteinhaber ein Anspruch auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu. Diese ist regelmäßig der Abmahnung beigefügt und soll durch den Abgemahnten sehr kurzfristig unterzeichnet werden. Meist enthält sie die folgenden Punkte:

1. Vertragsstrafeversprechen: Sie verpflichten sich, eine bestimmte Handlung zukünftig zu unterlassen und versprechen, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine bestimmte Vertragsstrafe zu zahlen. Die liegt im Normalfall über 5.000,00 EUR, da damit für den Fall, dass der Betrag von Ihrem Gegner eingeklagt werden muss, die Zuständigkeit eines Landgerichts und nicht eines Amtsgerichts gegeben ist. Durch das Vertragsstrafeversprechen wird die sog. Wiederholungsgefahr ausgeräumt, wenn die Vertragsstrafe eine angemessene Höhe hat und geeignet ist, den Störer von weiteren Rechtsverstößen abzuhalten. Beträge ab 5.000,00 EUR sind daher im Regelfall als angemessen anzusehen.

2. Fortsetzungszusammenhang: Sie werden aufgefordert, auf den sog. Fortsetzungszusammenhang zu verzichten. Davon ist jedoch abzuraten. Ihr Gegner will damit erreichen, dass jeder neue Verstoß in dieser Sache eine neue Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe auslöst und nicht als ein einmaliger Verstoß gilt.

3. Zahlungsverpflichtung: Gleichzeitig enthalten die Unterlassungserklärungen eine Verpflichtung dem Abmahnenden sämtlichen Schaden zu ersetzen, der durch die Urheberrechtsverletzung entstanden ist. Diese Zahlungsverpflichtung ist regelmäßig nicht durch den Unterlassungsanspruch abgedeckt und sollte deshalb auch nicht unterschrieben werden. Es empfiehlt sich in der Regel die einfache Streichung dieser Passage der Unterlassungserklärung.

Wenn Sie die strafbewehrte Unterlassungserklärung unterschreiben, schließen Sie einen wirksamen Vertrag mit dem Rechteinhaber, aus dem Sie nicht mehr so leicht herauskommen: Vertrag ist Vertrag! Es wird zwischen den Parteien ein Dauerschuldverhältnis begründet, das Sie die nächsten 30 Jahre verpflichtet, Ihr Versprechen zu halten und im Falle der Zuwiderhandlung die vereinbarte Vertragsstrafe zu zahlen. Sie können daher nur bei einer Änderung der Rechtslage nachträglich die Abänderung des Vertrages verlangen oder bei Vorliegen eines Irrtums nach §§ 119 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Vertrag anfechten. Insbesondere Letzteres dürfte schwierig sein. Der Vertrag ist daher auch wirksam und verbindlich, wenn Sie die Unterlassungserklärung nur unterschreiben, um einem teuren Rechtsstreit aus dem Weg zu gehen, ein Rechtsverstoß Ihrer Meinung nach aber gar nicht vorliegt!

Es wird sich deshalb so mancher angesichts dieser Tatsache fragen, ob die strafbewehrte Unterlassungserklärung deshalb überhaupt abgegeben werden sollte. Die Antwort darauf lautet: „Ja, aber modifiziert".

Sollte die Unterlassungserklärung nämlich nicht innerhalb der geforderten Frist abgegeben werden, so läuft man sehr schnell Gefahr, dass die Gegenseite den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Sie beantragt.

Die Zuständigkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung wird in Abmahnangelegenheiten regelmäßig bei den Landgerichten begründet sein, so dass Sie dazu in jedem Falle einen Rechtsanwalt beauftragen müssen. Zum Verfahren daher soviel:

In dringenden Fällen kann über den Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, (§ 937 Abs. 2 ZPO). Gerade bei Schutzrechtsverletzungen wird die besondere Eilbedürftigkeit vermutet, so dass die einstweilige Verfügung meist sofort ergeht.

Dieses Verfahren und die daraus resultierende Kostenfolge möchte man sich natürlich ersparen, da im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens sehr hohe Streitwerte gelten und damit entsprechende Kosten im Fall des Unterliegens verbunden sind.

Durch das LG Hamburg wurde vor kurzem ein Streitwertkatalog für das illegale Anbieten urheberrechtlich geschützter Musikwerke im Internet entwickelt.
Hierbei ist ein Streitwert von 6.000,00 € für den ersten Titel, von je 3.000,00 € für den zweiten bis fünften Titel, von je 1.500,00 € für den sechsten bis zehnten Titel und von je 600,00 € für jeden weiteren Titel vom Landgericht Hamburg als angemessen und ausreichend erachtet worden.
Bei lediglich 2 angemahnten Musiktiteln können deshalb die Gerichts- und gegnerischen Anwaltskosten in einem einstweiligen Verfügungsverfahren bereits leicht über 2.000.- € betragen.

Um dieses Risiko zu vermeiden ist deshalb anzuraten, die Unterlassungserklärung abzugeben, jedoch in einer Form, die lediglich dem Unterlassungsanspruch Rechnung trägt und worin Sie sich nicht gleichzeitig zur Zahlung der mit der Abmahnung verbundenen Rechtsanwaltskosten verpflichten.

Hierbei kann Ihnen aber nur ein auf den gewerblichen Rechtsschutz spezialisierter Rechtsanwalt behilflich sein. Von Alleinversuchen kann nur dringend abgeraten werden.

Neben der Vermeidung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens hat die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung einen weiteren, nicht unerheblichen Vorteil. In Zukunft kann sich die Gegenseite mit Ihnen lediglich noch um den geforderten Schadensersatzanspruch, sowie die Kosten der Abmahnung streiten.

Der Streitwert hierfür beträgt jedoch nur noch die Summe der verfolgten Ansprüche. Werden also 600.- € Rechtsanwaltskosten und 200.- € Schadensersatz gefordert, so liegt der Streitwert bei 800.- €. Sollte dieser Schaden gerichtlich geltend gemacht werden, so müsste die Gegenseite hierzu Klage einreichen. Im einstweiligen Verfügungsverfahren können Schadensersatzansprüche nicht geltend gemacht werden.

Die Folge dieser geringen Streitwerte ist ein sehr viel geringeres Prozesskostenrisiko. Bei einem Streitwert von 800.- € betragen die Kosten für Gericht und gegnerischen Anwalt lediglich 420 €. Zudem müssten die Ansprüche vor dem Amtsgericht geltend gemacht werden.

Fazit : Die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung in modifizierter Form reduziert das zunächst bestehende Kostenrisiko erheblich und ist aus diesem Grund unbedingt zu empfehlen, unabhängig davon, ob eine Verpflichtung hierzu besteht oder nicht. Auch bei einer unberechtigten Abmahnung stellt die Nichtabgabe der Unterlassungserklärung aufgrund ungesicherter Rechtsprechung in diesem Bereich ein zu großes Risiko dar, als dass man darauf verzichten sollte.

III. Haftung des Abgemahnten für die Rechtsverfolgungskosten des Abmahners

Ist die Abmahnung berechtigt, müssen Sie grundsätzlich den Schaden tragen, der dem anderen durch den Urheberrechtsverstoß entstanden ist. Hierbei handelt es sich regelmäßig um die Kosten der Rechtsverfolgung, also die Anwaltskosten Ihres Gegners. Tatsächlich sind Sie verpflichtet, diese Kosten zu übernehmen, wenn die Abmahnung berechtigt ist.

Die geltend gemachten Kosten für eine solche Abmahnung variieren dabei von 250.- € bis zu weit über 5.000.- €, je nach Art und Menge der angebotenen urheberrechtlich geschützten Werke.

Oftmals wird durch die abmahnenden Rechtsanwaltskanzleien mit der Abmahnung ein pauschaler Schadensersatzanspruch geltend gemacht, der bei Abgabe der Unterlassungserklärung und umgehender Zahlung zu keinerlei weiteren Konsequenzen führen soll.

Dabei wird häufig darauf verwiesen, dass anderenfalls die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden und mit der Forderung weitaus höhere Schadensersatzansprüche gedroht wird.

Aus Angst vor noch höheren Kosten werden die Forderungen deshalb meistens von den Abgemahnten beglichen. Gerade darauf wird aber durch die Rechteinhaber spekuliert. Selten verspüren die abmahnenden Kanzleien auch Lust dazu, den Schadensersatzanspruch im Bereich der Abmahnungen beim illegalen Filesharing gerichtlich durchzusetzen. Dies ist für diese Kanzleien vielfach einfach nicht wirtschaftlich, da ein solches Verfahren Personal bindet, welches auf der anderen Seite für das Verfassen von Abmahnungen benötigt wird.

Zahlen 90 % der Abgemahnten den geforderten Schadensersatz, so werden die restlichen 10 % lieber unter „Ausfall" verbucht, als dass langwierige Gerichtsverfahren gegen diese Personen geführt werden müssten.

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Seiten in diesem Artikel:
Seite  1:  Filesharing, die Folgen und Auswege aus der Haftung
Seite  2:  Schadensersatz für das Anbieten der abgemahnten Titel
Seite  3:  Spezialfall: Haftungsausschluss durch Betrieb eines offenen W-Lan-Netzwerkes?
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