Fertighaus ohne Grundstück? Keine gute Idee

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Ich habe fertig! Einige Handelsvertreter von Fertighäusern arbeiten wie Drückerkolonnen

Bauen ist immer ein Abenteuer, irgendwie. Wer die Probleme aber vorprogrammieren will, der lässt sich ein Fertigbauhaus ohne Grundstück aufschwatzen. Denn es gibt Anbieter von Fertighäusern, die den Traum vom Eigenheim, den umkämpften Markt beim Hauskauf und die Unbedarftheit von Bauwilligen gnadenlos ausnutzen. Sie wissen noch gar nicht, wo das Haus mal stehen soll? Egal, unterschreiben Sie hier!

Wer schnell beim ersten Gespräch mit dem Handelsverteter, z.B. in einem Fertighauspark, zur Unterschrift gedrängt wird, sollte ganz vorsichtig sein.

Gaaaaaaaaaanz vorsichtig.

Fertighäuser können sehr schön aussehen, keine Frage. Da kann einem schon mal der Mund wässrig werden, beim ersten Termin. Die Häuser machen alle was her, man kann sein Wunschhaus nach seinen Wünschen erstellen und sich das Traumhaus richtig gut vorstellen. So will ich wohnen! Eigentlich ist man im Geiste schon eingezogen.

Problem: Wo soll es stehen, das neue Heim? Wer noch kein passendes Grundstück sein Eigen nennt, kann leicht in die Falle tappen. Der Vertrag zum Bau eines Fertighauses ist nämlich ein Werkvertrag und damit ohne notarielle Beurkundung wirksam. Der Vertrag ist einzuhalten, ein Widerruf nicht möglich. Wer denkt schon an Vorbehaltsklauseln für den Fall, dass ein passendes Grundstück nicht gefunden wird oder die Finanzierung platzt? Ihr Handelsvertreter etwa?

Testen Sie Ihren Handelsvertreter. Kennt er nur die eine, nämlich "seine" Seite? Wie hält er es mit der Wahrheit? Folgende Situation ist genau so passiert und scheint Methode zu haben:

Ein Pärchen wird beim ersten Termin im Fertighauspark bereits zur Unterschrift gedrängt. Bedenken wegen des noch nicht existierenden Grundstücks wiegelt der Vertreter ab: Kein Problem, man habe genügend Baugrundstücke zur Verfügung, dort, dort, dort und dort. Passt schon! Bei späterer genauerer Überprüfung wurde klar: Die versprochenen Grundstücke gab es nie.

Kleiner Irrtum des Vertreters, kann ja mal vorkommen. Die nächste Frage des Pärchens betraf die Rücktrittsmöglichkeit. Was ist, wenn das passende Grundstück nicht dabei ist und man keine Verwendung mehr für das Haus hat? Auch kein Problem, so der Vertreter, Rücktritt sei jederzeit möglich. Das stimmte zwar, doch der schnelle Blick ins Kleingedruckte lohnte sich: Im Falle eines Rücktritts fallen 10% Schadensersatz an.

Als das Pärchen den Handelsvertreter auf diese Klausel ansprach, wurde die Situation erst so richtig unseriös:

Das stehe nur so im Vertrag. Das Bauunternehmen mache diese 10% nie geltend.

Gut und schön, aber der Vertrag klingt anders. Ob der Handelsvertreter schriftlich bestätigen könne, dass der Schadensersatz im Falle des Rücktritts garantiert nicht eingefordert werde? Auch wieder gar kein Thema: Der Vertreter druckte ruckzuck eine entsprechende Zusage aus und legte sie dem Pärchen unterschrieben auf den Tisch.

Auch hier lohnte der Blick ins Kleingedruckte: Der Handelsvertreter ist zu solchen Zusicherungen gar nicht befugt, ein entsprechender Ausdruck völlig wertlos. Der Vertreter handelte hier "ohne Vertretungsmacht". Im Ernstfall sieht das so aus: Man muss bei Rücktritt 10% an das Bauunternehmen zahlen und dann versuchen, sich die 10% von dem Lügenbaron zurückzuholen. Nur: Man hat einen Rechtsstreit mehr an der Backe und kann nie sicher sein, ob der Handelsvertreter das Geld jemals aufbringen kann.

Wie der Vertreter nach so einer Vorstellung abends gut einschlafen kann? Ein Rätsel. Der Handelsvertreter bekommt pro Vertragsschluss eine Provision. Will er eine schnelle, unüberlegte Unterschrift erreichen, ohne eine sorgfältige Überprüfung des Vertrags, stinkt die Sache gewaltig. Lügt er dann noch das Blaue vom Himmel herab, wird es kriminell.

Die andere Seite der Medaille: Ein Bauwilliger mit wässrigem Mund, der so etwas direkt unterschreibt, muss sich höchstpersönlich an die eigene Nase fassen. Wer als Laie und Anfänger beim Hausbau derartig hohe Summen ohne fachliche Beratung unterschreibt, darf sich nicht wundern, wenn das Bauvorhaben nicht nur ein Abenteuer, sondern auch ein Desaster wird.

Was passiert eigentlich, wenn Sie zwar ein Grundstück finden, Sie das Haus aber wegen Bauvorschriften so nicht bauen dürfen? Das passiert oft. Auch ein Klassiker: Bauwillige lassen sich bereits komplette Heizungsanlagen andrehen, ohne Haus und Grundstück in petto. Kein Haus, kein Boden, aber immerhin eine super Heizung.

Es gibt Wölfe und es gibt Schafe. Man sollte ein schlaues Schaf sein und es nicht darauf anlegen, unbedingt gefressen zu werden.

Leserkommentare
von foxrox am 15.05.2014 16:24:52# 1
Sie reden hier immer von Fertighaus...Wie sieht es mit Massivhaus und so aus? Bekommt man da auch ein Werksvertrag?
    
von 123recht.de am 16.05.2014 09:51:12# 2
Hallo, danke für den Kommentar! Das stimmt natürlich, grundsätzlich ist jeder Vertrag über den Bau eines Hauses ein Werkvertrag, der ohne notarielle Beurkundung möglich ist. Oft werden Grundstückskaufvertrag und Hausbau aber zusammen gemacht oder sind "verbunden", so dass es durchaus die irrige Meinung gibt, ein Haus muss immer notariell beurkundet werden. Und die im Artikel angesprochene Problematik kommt eher bei Fertighäusern vor als bei anderen Hausbauverträgen, da hier ein "fertiges" Produkt vorgestellt und vertrieben wird.
    
von guest-12315.05.2016 16:08:11 am 18.05.2014 12:46:51# 3
DANKE!!!!!! das ist mal endlich ein Beitrag mit Hand und Fuss , und nicht an den Haaren herbeigezogen, oder nach Grimms Märchen
    
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