Fehler: Klage beim Verwaltungsgericht

18. Februar 2017 Thema abonnieren
 Von 
alphaente
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 0x hilfreich)
Fehler: Klage beim Verwaltungsgericht

Hallo,

angenommen A hat einen Fehler gemacht, als er gegen den Wohngeldbescheid bei dem Verwaltungsgericht geklagt hat.

Zuvor musste A in diesem Beispiel beim Sozialgericht mehrmals klagen (wegen Rente, Hilfe zum Lebensunterhalt, Arbeitslosengeld II). Beim Sozialgericht ist das Klagen kostenlos, eigentlich immer (in drei von vier Fällen) wurde A Recht gegeben und er ist mit einem Erfolg nach Hause gefahren. Bei dem einen Mal wo A verloren hat, wurden ihm selbst die Fahrkosten erstattet.

Daher hat A in disem Beispiel ohne groß nachzudenken eben auch beim Verwaltungsgericht geklagt.

Jetzt hat A gesehen, dass für ihn dabei Kosten von mindestens 105,- € anfallen.

Was soll A nun in diesem Beispiel machen?

- das Verwaltungsgericht so schnell wie möglich anschreiben und bitten den Fall einzustellen, damit die Kosten nicht größer werden.
- sich bei einem Rechtsanwalt informieren, ob eventuell eine kleine Chance besteht, dass Verfahren doch zu gewinnen (auch wenn er selber es für sehr gering einschätze).

Ein Bekannter von A hat in diesem Beispiel gemeint, dass es egal ist, wie weit das Verfahren fortgeschritten ist, da ich immer den Betrag zahlen muss, welcher sich nach der Streithöhe richtet. A soll es nur nicht zur Gerichtsverhandlung kommen lassen, da dann die Kosten auf über 400,- € ansteigen würden. Dies würde bedeuten, dass A noch einige Tage Zeit hätte, um sich zu informieren.

War dies ein dummer Fehler in diesem Beispiel? Dies ärgert A richtig. Aber A kannte es eben nur vom Sozialgericht, wo alles kostenlos ist. Selbst beim Verwaltungsgericht sind manche Verfahren kostenlos (Asyl, Ausbildungsforderung und so weiter). Dies war ziemlich verwirrend für A. Prozesskostenhilfe bekomme A keine, da er eben beim Sozialgericht fast immer recht bekommen habe und daher eine gute Rente bekomme.

Sofern zu diesem Beispiel noch Fragen oder Wünsche bestehen, stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung. Ich bedanke mich und wünsche ein gutes Wochenende.

Mit besten Grüßen

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10 Antworten
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#1
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16551 Beiträge, 9319x hilfreich)

Die Gebühren reduzieren sich auf 1/3, wenn man die Klage vor Ende der mündlichen Verhandlung (bei mündlichen Verfahren) bzw. bis spätestens 1 Tag vor Erstellung des Urteils (bei schriftlichen Verfahren) zurücknimmt.

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

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#2
 Von 
guest-12328.06.2022 18:42:04
Status:
Praktikant
(770 Beiträge, 247x hilfreich)

Zitat (von alphaente):

Daher hat A in disem Beispiel ohne groß nachzudenken eben auch beim Verwaltungsgericht geklagt.


Klagen um des Klagens willen weil es (scheinbar) nichts kostet? Wenn man gewinnt, braucht man auch nichts zahlen...

Beim Verwaltungsgericht ist die Klage sofort rechtshängig, anders als z.B. beim Zivilgericht. Da wird die Klage erst "bearbeitet", wenn die Gerichtskosten bezahlt wurden.

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#3
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16551 Beiträge, 9319x hilfreich)

Ja. Kostenlos kommt man aus der Nummer nicht mehr raus.
Welche Kosten genau anfallen, hängt vom Streitwert ab. Dafür müsste man wissen was genau eingeklagt wird (in Euro ausgedrückt) und ob es sich um eine einmalige Leistung handelt, oder ob ein monatlich wiederkehrender Betrag eingeklagt werden soltle (z.B. jeden Monat 20€ mehr Wohngeld).

Ob es sich lohnt, die Klage durchzuziehen, ist simple Mathematik.
Bei Rücknahme fallen in jedem Fall 1/3 der normalen Kosten an.
Bei Nicht-Rücknahme und Niederlage im Prozess fallen 3/3 der normalen Kosten an.
Bei Nicht-Rücknahme und Erfolg im Prozess fallen keine Kosten an.
Wenn Ihre Chancen auf einen Erfolg vor Gericht besser als 66,7% stehen, lohnt es sich (rein mathematisch) den Prozess durchzuziehen. Wenn die Wahrscheinlichkeit einer Niederlage bei mehr als 33,3% liegt, sollte man (rein mathematisch) die Klage zurücknehmen.

By the way: Vor dem Verwaltungsgericht weht im Regelfall ein ganz anderer Wind als vor dem Sozialgericht. Das liegt zum einen daran, dass es vor dem VG keinen Amtsermittlungsgrundsatz gibt. (Platt gesagt: Wenn beim SG Beweise/Unterlagen fehlen fragt der Richter nach, ob man Beweise/Unterlagen nachreichen möchte. Wenn beim VG Beweise/Unterlagen fehlen, verliert man.) Zum anderen kommt es vor dem VG viel stärker auf Formalien an als vor dem SG. (Platt gesagt: Vor dem SG ist es kaum möglich, wegen Formfehlern einen Prozess zu verlieren - beim VG ist das Risiko dagegen viel größer.)
Wie ich hier häufiger schon geschrieben habe: Eine Klage vor dem VG ohne anwaltliche Hilfe ist ziemlich "mutig".

Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38485 Beiträge, 14013x hilfreich)

Sozial- und Familiengerichte, ebenso das Arbeitsgericht haben andere Spielregeln. Da gilt (eingeschränkt) das Amtsermittlungsprinzip bzw. es besteht für die Kläger nur ein sehr eingeschränktes Prozessrisiko. Ansonsten gilt ganz klar: wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen oder in Vorlage gehen. Das Gericht ermittelt gar nichts, es ist alles vorzutragen einschließlich aller Beweisangebote.

wirdwerden

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#5
 Von 
alphaente
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 0x hilfreich)

Hallo,

vielen Dank für die Antworten. Dies war nett. Danke!

In diesem Beispiel hat A zuvor Arbeitslosengeld II bezogen. Im Mai 2015 wurde sein Antrag auf Erwerbsminderungsrente stattgegeben. Er bekam rückwirkend Rente ab 2013. Er stellte im Sommer 2015 einen Wohngeldantrag und bekam 37,- € Wohngeld im Monat. Ein Bekannter sagte in diesem Beispiel, dass man Wohngeld auch bis zu zwei Jahren rückwirkend erhalten kann. Also legte er gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und klagte jetzt.

Der Streitwert in diesem Beispiel ist also 37,- € x 24 Monate (wenn man überhaupt rückwirkend zwei Jahre Wohngeld erhalten kann). Wie hoch werden in diesem Beispiel die Gerichtskosten sein? Wird das Landratsamt eventuell als Beklagte auch noch Kosten geltend machen?

Die Erfolgsaussichten sind in diesem Beispiel wohl relativ gering. A bekam dann vor dem Sozialgericht nochmals Recht und die Rentenversicherung muss nachträglich ab 2006 Rente zahlen (nicht erst ab 2013). Daher sprang seine Rente sprunghaft in die Höhe und es besteht wohl generell kein Anspruch auf Wohngeld mehr.

War dies ein dummer Fehler in diesem Beispiel? A kannte sich in der Materie nicht aus und dachte, dass Wohngeld auch eine soziale Leistung ist und daher das Verfahren kostenlos sein wird. Auch war A euphorisiert, dass er im Sozialgericht fast immer Recht bekam und er dachte, dass er es eben auch beim Verwaltungsgericht versuchen kann. Er dachte eben nicht groß nach.

Soll A jetzt in diesem Beispiel so schnell wie möglich die Klage zurück ziehen oder soll er zur Sicherheit zuerst noch einen Rechtsanwalt befragen? Das Kind ist ja in den Brunnen gefallen und er muss sowieso zahlen. Es darf eben nur nicht zur Gerichtsverhandlung kommen.

Ein Erlaß der Gerichtsgebühren wird in diesem Beispiel wohl nicht in Frage kommen. Dies meinte ein Bekannter von A. Das einzige womit man argumentieren kann, ist, dass es ein Versehen war und bisher kaum Schriftverkehr angefallen ist.

Ich bedanke mich für die Mühe und wünsche einen schönen Sonntag. Bei Fragen oder Wünschen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
guest-12328.06.2022 18:42:04
Status:
Praktikant
(770 Beiträge, 247x hilfreich)

Zitat (von drkabo):

Das liegt zum einen daran, dass es vor dem VG keinen Amtsermittlungsgrundsatz gibt. (Platt gesagt: Wenn beim SG Beweise/Unterlagen fehlen fragt der Richter nach, ob man Beweise/Unterlagen nachreichen möchte. Wenn beim VG Beweise/Unterlagen fehlen, verliert man.)


Im Verwaltungsgerichtsverfahren gilt § 86 VwGO :

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Zitat (von drkabo):

Zum anderen kommt es vor dem VG viel stärker auf Formalien an als vor dem SG. (Platt gesagt: Vor dem SG ist es kaum möglich, wegen Formfehlern einen Prozess zu verlieren - beim VG ist das Risiko dagegen viel größer.)

§ 86 VwGO

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

Anders als im Zivilverfahren, wo eine Berufung ab 601 EUR Streitwert zulässig ist, muß die Zulässigkeit der Berufung vom VG zugelassen werden. Und bei einfachen Klagen gegen Widerspruchsbescheide dürfte dann schon beim VG das Ende der Fahnenstange erreicht sein.

Zitat (von alphaente):

Die Erfolgsaussichten sind in diesem Beispiel wohl relativ gering. A bekam dann vor dem Sozialgericht nochmals Recht und die Rentenversicherung muss nachträglich ab 2006 Rente zahlen (nicht erst ab 2013). Daher sprang seine Rente sprunghaft in die Höhe und es besteht wohl generell kein Anspruch auf Wohngeld mehr.


§ 161 VwGO :

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen

Zitat (von alphaente):

Soll A jetzt in diesem Beispiel so schnell wie möglich die Klage zurück ziehen oder soll er zur Sicherheit zuerst noch einen Rechtsanwalt befragen? Das Kind ist ja in den Brunnen gefallen und er muss sowieso zahlen. Es darf eben nur nicht zur Gerichtsverhandlung kommen.



Rechtsanwalt kostet zusätzlich und kann selten bis gar nicht Totgeburten zum Leben erwecken.

§ 155 VwGO :

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

Zitat (von alphaente):

Ein Erlaß der Gerichtsgebühren wird in diesem Beispiel wohl nicht in Frage kommen. Dies meinte ein Bekannter von A.


Stimmt, siehe § 155 VwGO .

Zitat (von alphaente):

Jetzt hat A gesehen, dass für ihn dabei Kosten von mindestens 105,- € anfallen.


Woher weiß A das?

Zitat (von alphaente):

Der Streitwert in diesem Beispiel ist also 37,- € x 24 Monate


Also 888 EUR Streitwert, mithin 53 EUR Gebühr x 3 Gebühren = 159 EUR Gerichtskosten.


Zitat (von drkabo):

Bei Rücknahme fallen in jedem Fall 1/3 der normalen Kosten an.


Das wäre jetzt die günstigste Möglichkeit, um aus der Nummer rauszukommen.

Bei Klagerücknahme nur eine Gebühr = 53 EUR.

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
alphaente
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 0x hilfreich)

A hat die Klage nun zurückgenommen. Jedoch wurde der Streitwert auf 5.000,- € festgesetzt. Dies würde bedeuten A muss 146,- € zahlen. Innerhalb welcher Frist kann sich A muss sich beschweren? Innerhalb eines Monats?

Der Streitwert dürfte eigentlich nur 38 € x 23 Monate sein. Also 870 €. A hat etwas im Internet gestörbert. Dort sah er den Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichte. Hierbei steht, dass bei Wohngeld höchstens ein Jahresbetrag als Streitwert angerechnet werden darf. Dies wäre also 38 € x 12 Monate = 456 €. Dies würde wohl bedeuten, dass A 53,- € zahlen muss.

Muss man die Beschwerde mit bestimmten Paragrafen begründen, oder reicht es, wenn man es sachlich erläutert, dass der Streitwert 38 € x 12 Monate ist?

Danke für die Mühe.

Mit besten Grüßen,

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
guest-12313.09.2017 08:51:03
Status:
Student
(2271 Beiträge, 713x hilfreich)

Es müsste sich doch eine Rechtsbehelfsbelehrung auf der Kostennachricht befinden, in etwa: Erinnerung unbefristet möglich, keine aufschiebende Wirkung

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
alphaente
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 0x hilfreich)

Es steht nur: Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 ,3 und 5 GKG verwiesen.

Danke!

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
guest-12328.06.2022 18:42:04
Status:
Praktikant
(770 Beiträge, 247x hilfreich)

Zitat (von alphaente):
Es steht nur: Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 ,3 und 5 GKG verwiesen.

Danke!


Und was steht da?

Zitat:
findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

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