EuGH-Entscheidung zum Urheberrecht an Fahndungsfotos

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Medien dürfen Fahndungsfotos von Personen ohne Zustimmung des Urhebers veröffentlichen, wenn dies im Rahmen eines regulären Fahndungsaufrufs oder einer sonstigen Personensuche durch Behörden geschieht

So entschied der EuGH Anfang Dezember diesen Jahres.

Konkret ging es um Portraitfotos von Natascha Kampusch, die von einem Sexualverbrecher jahrelang gefangen gehalten worden war und 2006 fliehen konnte. Die Bilder waren nach dem Verschwinden der Frau 1998 von der österreichischen Polizei verwendet und im Rahmen von Vermisstenmeldungen in den Medien veröffentlicht worden.

Retuschierte Bilder ohne Nennung des Urhebers

Nachdem Natascha Kampusch vor fünf Jahren wieder aufgetaucht war, hatten fünf Verlage diese Fotos veröffentlicht, da es bis zum ersten öffentlichen Auftreten der Frau keine aktuellen Bilder von ihr gab. Mehrere Verlage bearbeiteten die verwendeten Fotos auch, um damit dem vermuteten aktuellen Aussehen von Natascha Kampusch möglichst nahe zu kommen. Außerdem unterließen die Verlage es, den Namen der Urheberin zu nennen bzw. nannten einen anderen Namen.

Daraufhin klagte die Fotografin, welche die Bilder aufgenommen hatte, auf Unterlassung und Zahlung eines angemessenen Entgelts für die bereits erfolgten Veröffentlichungen sowie Schadenersatz. Das Handelsgericht Wien gab das Verfahren um diesen Sonderfall aus dem Urheberecht an den EuGH in Luxemburg weiter.

Urheberrecht ist gegen öffentliche Sicherheit abzuwiegen

Die Richter in Luxemburg stellten zunächst grundsätzlich fest, dass eine Portraitaufnahme wie jedes andere fotografische Werk urheberechtlichen Schutz genieße, wenn sie Ausdruck der schöpferischen Fähigkeiten des Urhebers ist. Dieses Recht müsse jedoch gegenüber der öffentlichen Sicherheit zurück stehen, wenn ein solches Foto im Rahmen von behördlichen Ermittlungen, insbesondere einer kriminalpolizeilichen Vermisstensuche publiziert werde. Eine solche Veröffentlichung dürften Verlage aber nicht eigenmächtig vornehmen, sondern nur in Abstimmung mit der jeweiligen Behörde, z.B. wenn diese um den Abdruck einer Vermisstensuchmeldung bittet.

Auf diese Weise waren die Fotos bereits 1998 nach dem Verschwinden von Natascha Kampusch rechtmäßig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden und dadurch zitierfähig geworden. Allerdings hätte bei einem neuerlichen Abdruck in Form eines Zitats durch andere Medien die Quelle genannt werden müssen und darüber hinaus der Name der Urheberin, sofern dies möglich war. Diesen Namen hätte die Presseagentur, wenn sie rechtmäßig in den Besitz der Fotos gelangt war, den Verlagen nennen müssen.

Möglicherweise, so das Gericht weiter, seien die Fotos von Natscha Kampusch seinerzeit aber durch eine Sicherheitsbehörde erstmalig veröffentlicht worden. In diesem Falle hätte die Nennung der betreffenden Behörde als Quelle genügt. Eine ausdrückliche Nennung der Urheberin wäre dann nicht notwendig gewesen.