Entscheidung des BGH: Bearbeitungsgebühr beim Unternehmerkredit unzulässig

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Banken drohen Rückforderungen in Milliardenhöhe

Von der Medienlandschaft weitgehend unbemerkt urteilte der Bundesgerichtshof am 04. Juli 2017, dass Bearbeitungsgebühren oder Kreditentgelte auch bei Unternehmenskrediten unzulässig sind. Damit beendet Karlsruhe den jahrelangen Streit der Oberlandesgerichte, ob Bearbeitungsentgelte für die Kreditvergabe bei Unternehmenskrediten zulässig sind oder nicht. Der Bundesgerichtshof urteilte ungewohnt klar, dass Bearbeitungsgebühren bei Unternehmen ebenso unzulässig sind, wie Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten. Auf die Banken dürften nun Rückforderungen in Milliardenhöhe zukommen.

Worum ging es in dem Fall?

Fast alle Banken vergaben in früheren Zeiten Kredite ausschließlich, wenn der Kreditnehmer eine zusätzliche Gebühr, die sogenannte Bearbeitungsgebühr oder das Bearbeitungsentgelt, für die Kreditvergabe zahlte. Diese Gebühr zogen die Banken meist direkt bei der Auszahlung des Darlehens ab, sodass der Kreditnehmer Zinsen auf einen Betrag zahlte, den er gar nicht vollständig erhalten hatte.

Ulrich Schulte am Hülse
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Rechtslage bei Bearbeitungsgebühren für Verbraucher

Bereits am 13. Mai 2014 urteilte der Bundesgerichtshof, dass diese Bearbeitungsgebühren für Verbraucherdarlehen unzulässig waren und von den Kreditnehmern zurückgefordert werden konnte. Die Richter erklärten die Klauseln des Kreditvertrags, die den Bearbeitungsgebühren zugrunde lagen, für unwirksam. Das mediale Interesse daraufhin war groß, es wurde suggeriert, dass alle Verbraucher nun ihre Bearbeitungsgebühren zurückfordern können.

Tatsächlich forderten die betroffenen Verbraucher die Bearbeitungsgebühren nicht flächendeckend zurück, da es sich oftmals um eher kleinere Beträge handelte und viele Verbraucher die Auseinandersetzung mit ihrer Bank schlichtweg scheuten.

Wie war die Lage bei Bearbeitungsgebühren für Unternehmer bisher?

Offen blieb dagegen die Situation bei Unternehmenskrediten. In den Urteilen aus dem Jahr 2014 entschied der Bundesgerichtshof nur die Unzulässigkeit einer Bearbeitungsgebühr allein für Verbraucherdarlehen. Dies lag an der speziellen Situation, dass Verbraucherschutzverbände geklagt hatten, die ausschließlich für Verbraucher agieren dürfen.

In der Folge entbrannte in der deutschen Gerichtsbarkeit ein Streit, ob diese Urteile des Bundesgerichtshofs bezüglich der Bearbeitungsgebühr für Verbraucherdarlehen auf die Bearbeitungsgebühr für Unternehmenskredite anwendbar sind.

Während die eine Seite argumentierte, dass der vom Bundesgerichtshof angewandte § 307 BGB auf Verbraucher wie Unternehmen gleichermaßen Anwendung findet, argumentierte die Gegenseite, dass Unternehmen generell weniger schutzwürdig sind und für sie speziellere Vorschriften gelten.

Wie lautete das Urteil des Bundesgerichtshofes?

Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass auch bei Unternehmenskrediten keine Bearbeitungsgebühr erhoben werden darf. Eine entsprechende Klausel im Kreditvertrag scheiterte an der Prüfung des XI. Senats des Bundesgerichtshofs.

Dabei setzte sich der Bundesgerichtshof auch mit den Einwendungen der Gegenansicht detailliert auseinander. Danach kann eine solche Bearbeitungsgebühr bei Unternehmenskrediten nicht mit einer geringeren Schutzbedürftigkeit des Unternehmers gerechtfertigt werden. Insbesondere bietet hier die steuerliche Absetzbarkeit der Bearbeitungsgebühr kein valides Argument, warum diese beim Unternehmenskredit verlangt werden darf.

Auch das Argument der Banken, die Bearbeitungsgebühr für Unternehmenskredite sei ein Handelsbrauch, wies der Bundesgerichtshof zurück. Es gebe keinen kaufmännischen Handelsbrauch, wonach Unternehmer mit Kreditgebühren belastet werden können.

Schließlich verneinte der Bundesgerichtshof auch das Argument, Unternehmer hätten mehr Erfahrung und könnten ihre Belastung besser abschätzen. Hier urteilte der XI. Senat, dass es bei der Unzulässigkeit der Bearbeitungsgebühr nie darum gegangen sei, dass diese schwer erkennbar oder versteckt war, sondern, dass sie schlichtweg eine einseitig benachteiligende Regelung ist, ohne dass der Kreditnehmer der Marktmacht der Bank etwas entgegenzusetzen hat. Auf ein gesteigertes Verständnis eines Unternehmers von einer Bearbeitungsgebühr gegenüber einem Verbraucher komme es nicht an, da die Klauseln nie unverständlich, sondern lediglich einseitig vorteilhaft waren. Es kommt folglich nur auf die einseitige Gestaltungsmacht der Bank an.

Rechtliche Bewertung des Urteils

Inhaltlich bleibt der Bundesgerichtshof seiner im Jahr 2014 für Verbraucher entwickelten Rechtsprechung treu. Er wendete exakt dieselbe gesetzliche Norm auf die Bearbeitungsgebühr beim Unternehmenskredit an, wie bei der Bearbeitungsgebühr für Verbraucherdarlehen. Die Unzulässigkeit der Bearbeitungsgebühr liegt damit in der Marktmacht der Kreditgeber begründet, nicht in speziell verbraucherschützenden Normen.

Wie wird sich das Urteil auswirken?

Das Urteil zeitigt kaum abschätzbare Konsequenzen. Während Verbraucher Bearbeitungsgebühren nur im eher geringen Rahmen zahlten, handelt es sich bei Unternehmenskrediten oftmals um Beträge im vier-, fünf-, oder gar sechsstelligen Bereich. Schon in Bezug auf die Pflichten von Geschäftsführern und Vorständen zu Handlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns dürfte eine Pflicht der Geschäftsführer und Vorstände bestehen, dieses brachliegende Kapital zurückzufordern. Andernfalls könnte hieraus ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen ihren eigenen Geschäftsführer oder Vorstand entstehen.

Anders als Verbraucher haben Unternehmen oftmals nicht nur einen, sondern gleich mehrere Kredite, bei welchen oft Bearbeitungsgebühren verlangt wurden. Allein die schiere Masse von Krediten an Unternehmen mit einer Bearbeitungsgebühr dürfte die Rückforderung der Beträge attraktiv machen.

Zusammenfassung

Nach dem Urteil sollten betroffene Unternehmen ihre Verträge prüfen und die rechtswidrig erhobenen Gebühren schon im Eigeninteresse zur Haftungsvermeidung zurückfordern. Hierbei ist jedoch mit erbittertem Widerstand der Banken zu rechnen. Anders als seinerzeit bei den Verbraucherkrediten und der Bearbeitungsgebühr, dürften bei der Bearbeitungsgebühr bei Unternehmenskrediten Rückforderungen in Milliardenhöhe auf die Banken zukommen.

Betroffene Unternehmen sollten von Anfang an fachanwaltliche Unterstützung suchen, um die zu Unrecht erhobenen Gebühren zurückzubekommen.

Dr. Ulrich Schulte am Hülse,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bank- und Kapitalmarktrecht,

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