Elternunterhalt – wenn Kinder für ihre Eltern zahlen sollen

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Gem. § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Die Norm umschreibt nicht nur die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt, sondern auch die Verpflichtung der Kinder zur Zahlung von Unterhalt an ihre Eltern.

Nach erteilter Auskunft wird die Behörde auf Grundlage der Einkommensverhältnisse die Unterhaltsverpflichtung der Höhe nach ermitteln. Hierbei gibt es eine Vielzahl von rechtlichen Problemen, welche einer Unterhaltsverpflichtung entgegen stehen können.

Doreen Bastian
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So muss als erstes überprüft werden, ob die Eltern überhaupt bedürftig sind. Hierbei sind das eigene Einkommen und auch das Vermögen des Elternteils zu berücksichtigen. Zudem kann sich durch das Zusammenleben mit einem Ehepartner oder nichtehelichen Lebenspartner gar keine oder jedenfalls eine geminderte Bedürftigkeit ergeben.

Zur Frage der Bedürftigkeit zählt auch die Tatsache, dass alle Kinder anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen zum Unterhalt verpflichtet sind. Der Leistungsträger muss daher zur schlüssigen Darlegung der Bedürftigkeit auch die Einkommensverhältnisse und Haftungsanteile der Geschwister darlegen. Ohne diese Darlegung kann ein Unterhaltsanspruch nicht schlüssig begründet werden, so dass eine Zahlungsverpflichtung nicht besteht.

Neben der Unterhaltsbedürftigkeit muss auch die Leistungsfähigkeit des Kindes überprüft werden. Jedem Unterhaltsverpflichteten steht dabei ein sog. Selbstbehalt zu. Dieser liegt bei Unterhaltsverpflichtungen von Kindern gegenüber ihren Eltern bei grundsätzlichen EUR 1.800,00. Lebt das Kind mit einem Ehepartner zusammen, erhöht sich der Selbstbehalt für das Ehepaar um EUR 1.440,00 auf EUR 3.240,00.

So jedenfalls steht es in der Düsseldorfer Tabelle und den meisten unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte. In der Praxis wird die Frage nach der Höhe des Selbstbehaltes jedoch von Behörde zu Behörde und Gericht zu Gericht ganz unterschiedlich beantwortet.

Hinzu kommt, dass das Einkommen des in Anspruch genommenen Kindes um berufsbedingte Aufwendungen, Altersvorsorge und weitere unterhaltsrechtlich zu berücksichtigende Positionen zu bereinigen ist. Auch hierbei gibt es oftmals Ansatzpunkte, welche zu einer Verminderung des anrechenbaren Einkommens des Kindes führen und so die Unterhaltsverpflichtung reduzieren können.

Selbst wenn kein monatliches Einkommen über dem Selbstbehalt erzielt wird, kann es aufgrund bestehender Vermögenswerte zu einer Unterhaltsverpflichtung kommen. Hier sind allerdings Freibeträge zu berücksichtigen. Ferner gibt es das sog, Schonvermögen, welches nicht eingesetzt werden muss. Hierzu zählt z.B. eine selbstbewohnte Immobilie.

Sollte sich trotz der oben genannten Ansatzpunkte eine Unterhaltsverpflichtung der Höhe nach ergeben, bleibt zu prüfen, ob der Unterhaltsanspruch nicht gem. § 1611 BGB verwirkt ist.

Dies kommt in Betracht, wenn der Elternteil selbst seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen ist oder er sich einer schweren Verfehlung gegenüber dem Kind schuldig gemacht hat. Ferner kommt eine Verwirkung auch bei Kontaktabbruch durch das Elternteil in Betracht.

Aufgrund der Vielzahl der möglichen Angriffspunkte, welche hier lediglich auszugsweise aufgezeigt werden können, sollte jede Inanspruchnahme eines Kindes auf Elternunterhalt anwaltlich überprüft werden.

Gerade wegen der Rechtsunsicherheit im Bereich der geltenden Selbstbehalte und der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens können die geltend gemachten Ansprüche jedenfalls reduziert, wenn nicht gar völlig aus der Welt geschafft werden.

Eine Zahlung ohne anwaltlichen Rat sollte in keinem Fall erfolgen, denn die Rückforderung von zu viel gezahltem Unterhalt gestaltet sich äußerst schwierig und ist kaum durchsetzbar.

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