Elternunterhalt??? - Wer muss das Pflegeheim zahlen?

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Bin ich als Kind für meine Eltern unterhaltspflichtig?

Es ist passiert: Die Mutter oder Vater werden pflegebedürftig und sind nicht mehr in der Lage, sich selbst zu versorgen. Die Einkünfte der Eltern und die Leistungen der Pflegeversicherung reichen aber nicht aus, um die Heimkosten zu decken.

Der betroffenen Elterteil muss allerdings zunächst mit seinem Vermögen eintreten. Als Freibetrag steht ihm ein Guthaben von 2.600 Euro in bar oder auf dem Konto zu, welcher nicht eingesetzt werden muss. Sein gesamtes sonstiges Vermögen muss der Betroffene allerdings für die Deckung der Heimkosten verwenden, also auch Immobilien oder Wertgegestände verkaufen oder eine Lebensversicherung vorzeitig abflösen.

Man möchte für seine Eltern nur das Beste, aber gute Pflegeheime sind teuer. Die Lebenserwartung – und damit die Aufenthaltsdauer in Alten- und Pflegeheimen – steigt von Jahr zu Jahr. Möglicherweise verbringen die Eltern Jahre in einem Pflegeheim bei monatlichen Kosten von ca. 3.000 €. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Rente, eigene Ersparnisse und Pflegeversicherung nicht ausreichen, um die Heimkosten zu decken. In diesen Fällen tritt die Sozialhilfe nach SGB XII ein. Das Sozialamt prüft in diesen Fällen jedoch immer, ob nicht andere Unterhaltspflichtige herangezogen werden können, bei denen es sich schadlos halten kann. Dies sind in erster Linie die Ehegatten der pflegebedürftigen Person, aber auch die Kinder des Bedürftigen. Denn häufig ist der Ehegatte bereits verstorben, selbst pflegebedürftig und damit finanziell nicht in der Lage, weitere Kosten für den Pflegebedürftigen zu übernehmen. Viele Renten befinden sich zudem im Bereich des Freibetrages.

Was nun? Müssen Kinder die Heimkosten für Ihre Eltern tragen?

§ 1601 BGB besagt, dass Verwandte in gerader Linie einander Unterhaltspflichtig sind. Das bedeutet, dass grundsätzlich auch Kinder für ihre Eltern Unterhalt zahlen müssen, wenn diese ansonsten auf staatliche Leistungen abgewiesen wäre. Außerdem müssen gemäß den §§ 1602 bis 1615 BGB diverse Voraussetzungen vorliegen, damit es überhaupt zu einer Unterhaltspflicht der Kinder kommt. Insbesondere muss das Kind „leistungsfähig" sein, Sie sollen ja durch die Unterhaltspflicht für die Eltern nicht selbst bedürftig werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Grundsatzentscheidung zum Elternunterhalt (Az: 12 ZR 98/04 vom 30.8.2006) ausgeführt, welchen Anteil ihres Einkommens die Kinder im Falle eines Anspruchs seitens des Sozialamtes für den Elternunterhalt verwenden müssen und in welcher Höhe sogar eigenes Vermögen eingesetzt werden muss, um die elterliche Pflege zu finanzieren. Grundsätzlich muss man dahingehend den Pflichtigen beruhigen, dass Elternunterhalt nicht in der Form zu leisten ist wie etwas Kindesunterhalt:

„Auch im Rahmen des Elternunterhalts muss der Unterhaltsschuldner grundsätzlich den Stamm seines Vermögens einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach § 1603 Abs. 1 BGB sonstige Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt einschließlich einer angemessenen Altersvorsorge nicht zu gefährden braucht."
Besonders hinsichtlich der Altervorsorge des unterhaltspflichtigen Kindes sowie Berücksichtigung der eigenen Familie hat der BGH in jüngeren Entscheidungen weitere Zugeständnisse gemacht.

Im einzelnen lässt sich vereinfacht zu der Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern folgendes festhalten:

1. Einkommen

- Selbsthalt von 1.500 € pro Monat
- Freibeträge eigene Altersvorsorge
- Freibetrag von 1.050 Euro für den Ehepartner (wenn dieser kein Einkommen hat)
- Freibeträge für jedes unterhaltsberechtigte Kind
- Freibeträge für Aufwendungen, die auch schon vor der Unterhaltspflicht erfolgten

2. Vermögen

Vermögen, dass zur Deckung und zum Lebensunterhalt verwendet wird, ist unangreifbar (z.B. ein Ladengeschäft, ein landwirtschaftlicher Betrieb o. ä.)
Des weiteren müssen Sie nicht ein „angemessenes", selbst genutztes Eigenheim verkaufen, um für die Eltern aufzukommen. Problematisch ist ein sehr luxeriöses Haus. Sonstiges Vermögen muss dann nicht verwertet werden, wenn der Betroffene daraus seinen eigenen Lebensunterhalt bestreitet. Je nach Alter gesteht der BGH auch einen Selbstbehalt in der Altersvorsorge zu.

Verbleibt noch ein Überschuss nach diesen Berechnungen, so muss dieser nur zur 50% eingebracht werden.

Die Behörden klären in der Regel nicht über die Rechtlage auf, sondern fordern das unterhaltspflichtige Kind zur Offenlegeung seiner Vermögensverhältnisse auf. Umfangreiche Fragebögen werden Ihnen ausgehändigt und die daraus erfolgende Berechung ist nicht selten falsch. Häufig zahlen Kinder jahrelang zu hohe Beträge für die Pflege Ihrer Eltern. Sie sollten auf jeden Fall, wenn die Gefahr besteht, dass Sie für den Elternunterhalt herangezogen werden, die fachliche Hilfe eines Rechtsanwaltes in Anspruch nehmen. Im Einzelfall sid die Berechnungen leider sehr kompliziert und bereits das Ausfüllen der Fragebögen des Amtes weist viele Fallstricke auf. Möglicherweise sind Sie jahrelang in der Pflicht, da lohnt es sich, auf eine korrekte Berechnung des Unterhaltsanspruches zu bestehen.