Einspruch gegen Fangprämie - Wann Richterspruch?

5. Dezember 2010 Thema abonnieren
 Von 
Zuckerstueckchen
Status:
Frischling
(8 Beiträge, 3x hilfreich)
Einspruch gegen Fangprämie - Wann Richterspruch?

Hallo.
Im März d.J. wurde ich eines Ladendiebstahls bezichtigt.
Fangprämie hatte ich nicht gezahlt. War damals mit Fingerabdrücken/Videoaufzeichnung ansehen einverstanden (ging um einen Betrag von € 5,99), da ich nichts gemacht hatte. Dazu kam es leider nicht, obwohl ich auch auf dem Anhörungsbogen der Polizei noch einmal meine Zustimmung dazu mitgeteilt hatte. Es kam zu einer Einstellung. Dagegen hatte ich bei der Staatsanwaltschaft Einspruch eingelegt, aber die Rückmeldung war, dass es keine erneute Aufnahme gebe, da mir ja kein Schaden dadurch entstanden wäre.
ABER ein Inkassodienst verlangte plötzlich € 65,00 Fangprämie + € 25,00 Zusatzkosten (extra Bearbeitungsgebühr + Zinsen). Dagegen habe ich auch Einspruch erhoben, mit dem Hinweis darauf, dass ich auch schon Einspruch bei der Staatsanwaltschaft eingereicht habe. Daraufhin bekam ich erneut Post vom Inkassodienst. Da sollte ich schon über € 150,00 bezahlen (Fangprämie + Zusatzkosten) und der Hinweis, dass Klage eingereicht werden würde und ich mit zusätzlichen Zinsen von € 0,01 pro Tag rechnen muss. Das ganze war im April. Bis jetzt kam aber immer noch keine Post (weder vom Gericht noch vom Inkassodienst). Zwischendurch fühlte ich mich fast eingeschüchtert und wollte zahlen, aber da ich mich völlig im Recht fühle und um endlich Ruhe zu haben, zu zahlen, will ich eigentlich nicht. Wie lange kann es noch dauern, bis ich hier wieder etwas höre?
Ich habe versucht, mich kurz zu halten, aber etwas Information muss ja schon sein, auch habe ich nach Antworten im vorraus geschaut, sollte ich Antworten übersehen haben, bitte ich dies zu entschuldigen.
Vielen Dank dafür, falls mir jemand eine Info geben kann!

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-- Editiert am 05.12.2010 23:54

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11 Antworten
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#1
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9522x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>Es kam zu einer Einstellung. Dagegen hatte ich bei der Staatsanwaltschaft Einspruch eingelegt, <hr size=1 noshade>


Was hatten Sie denn gegen die Einstellung? Was hätte den sonst rauskommen sollen? Eine Einstellung (zumindest wenn es eine nach § 170 II StPO war) besagt ja, dass kein hinreichender, zur Anklage führender Tatverdacht gegeben ist. Vielleicht sollte man- bevor man wilde Einsprüche einlegt- sich ansatzweise kundig machen, wogegen man das tut.

quote:<hr size=1 noshade>aber die Rückmeldung war, dass es keine erneute Aufnahme gebe, da mir ja kein Schaden dadurch entstanden wäre. <hr size=1 noshade>


Völlig korrekt!

Damit wäre der strafrechtliche Teil der Sache beendet.

Kommen wir zum zivilrechtlichen

quote:<hr size=1 noshade>ABER ein Inkassodienst verlangte plötzlich € 65,00 Fangprämie + € 25,00 Zusatzkosten (extra Bearbeitungsgebühr + Zinsen). <hr size=1 noshade>


Das kann er prinzipiell tun, da für -zivilrechtlichen- Schadenersatz auch eine fahrlässige Schädigung ausreicht, im Gegensatz zum Strafrecht, wo der Diebstahl immer Vorsatz erfordert. Es geht im Urteil des AG Dülmen 3 C 271/01 z.B. um solch einen Fall:

http://www.finanztip.de/recht/wirtschaftsrecht/ur41g01075.html



quote:<hr size=1 noshade>Wie lange kann es noch dauern, bis ich hier wieder etwas höre? <hr size=1 noshade>


Wahrscheinlich werden Sie gar nichts mehr hören, da dem Inkassodienst das Risiko zu groß ist, mit einer Klage vor Gericht baden zu gehen (was höchstwahrscheinlich passieren wurde).



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"Bitte um Verständnis,dass ich keine Rechtsfragen per PM beantworte.Das ist nicht Sinn des Forums"

1x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Albarion
Status:
Lehrling
(1718 Beiträge, 690x hilfreich)

dem Zivilrechtlichen Urteil steht aber § 249 BGB entgegen, es darf zwar gefordert werden, aber erst nach Abschluss aller Ermittlungen und "Untersuchungen". Eine direkte Forderung, als "Schadensersatz" für Aufwand und Papierkram ist dagegen nicht zulässig. Schließlich bestimmt nicht der Einzelhandel wie hoch eine Strafe sein soll, sondern immer noch die Gerichte (was auch gut ist).
M.E. wäre auch die Fangprämie mit 65 Euro zu hoch angesetzt, 50 Euro sind angemessen.
Irgendwelche Inkassoforderungen sind hinfällig (mit Zinsen etc.) sofern die sich auf einen Zeitpunkt VOR der Einstellung des Verfahrens beziehen.
Sollten die einen Mahnbescheid schicken, dringend Widersprechen, es scheint, dass auch hier mal wieder die Büros Beutelschneiderei betreiben.

http://www.ladendiebstahl.de/Schadensersatz.htm

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1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
justice005
Status:
Unparteiischer
(9557 Beiträge, 2352x hilfreich)

Ich schließe mich dem letztgesagten ausdrücklich an. Bitte lassen Sie sich nicht einschüchtern, denn das ist ja der Trick in dieser Abzocke.

Weisen Sie die Forderungen zurück oder ignorieren Sie sie. Sollte tatsächlich etwas von einem Gericht kommen (Mahnbescheid oder Klage), dann suchen Sie einen Anwalt auf. Ich bezweifle aber, dass es soweit kommt.



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"justice"

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
guest-12306.12.2010 10:05:57
Status:
Beginner
(96 Beiträge, 40x hilfreich)

--- editiert vom Admin

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Snoop Pooper Scoop
Status:
Student
(2858 Beiträge, 1121x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>dem Zivilrechtlichen Urteil steht aber § 249 BGB entgegen, es darf zwar gefordert werden, aber erst nach Abschluss aller Ermittlungen und "Untersuchungen". <hr size=1 noshade>


Das ist falsch; eine zivilrechtliche Schadensersatzforderung steht selbstverständlich *nicht* unter der notwendigen Bedingung eines Abschlusses des Strafverfahrens.

Bezüglich der restlichen Ausführungen schließe ich mich allerdings an.

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1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
meri
Status:
Master
(4821 Beiträge, 1821x hilfreich)

quote:
Das ist falsch; eine zivilrechtliche Schadensersatzforderung steht selbstverständlich *nicht* unter der notwendigen Bedingung eines Abschlusses des Strafverfahrens.


..wobei es gängige Praxis ist, dass die Civilisten den Ausgang des Strafverfahrens abwarten.

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"Бог да ни пази от сняг и вятър, и всичко, което идва от изток."

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Albarion
Status:
Lehrling
(1718 Beiträge, 690x hilfreich)

Es ging bei dem von mir zitiertem Paragraphen um eine Erläuterung zu Streetworkers Antwort (erwähntem Urteil).

Der oben erwähnte §, soll darlegen, dass eine Fangprämie zwar evtl. gerechtfertig sein mag, aber diese Prämie weder überzogen hoch noch dutzend andere (versteckte) Posten beinhalten darf. Ob eine Fangprämie gerecht ist, ist ein weiterer Punkt: ansonsten könnte ja jeder Kaufhaus Detektiv jeden x-beliebigen anständigen Kunden "fangen", ihn eines Diebstahls bezichtigen und abkassieren.
Das Urteil setzt diese Art der "Abzocke" einen Riegel vor:
Ob die Fangprämie verlangt werden darf, hängt davon ob ob der mutmaßliche Ladendieb auch wirklich ein solcher ist (und DAS entscheidet ein Gericht, ebenso das Strafmaß, und nicht der Einzelhändler). Denn wenn das gerict durch Beweise oder durch zweifel zu dem Ergebnis gelangt, dass kein Diebstahl vorlag, so wurde die Person zu falsch bezichtigt ein Ladendieb zu sein und was wäre dann mit der Fangprämie? Tja, die müsste dass ggf. mühsam wieder eingeklagt oder eingetrieben werden.
(Außerdem hat das Gericht ja ebenfalls die Möglichkeit Auflagen zu erteilen, darunter KÖNNTE auch die Zahlung eben jener Fangprämie sein).

Denn wie ich bereits schrieb, kann man Urteile (Strafen) noch lange nicht im Einzelhandel kaufen (auch nicht bei Aldi oder Lidl).

-- Editiert am 06.12.2010 15:08

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
guest-12307.12.2010 09:34:30
Status:
Beginner
(127 Beiträge, 82x hilfreich)

--- editiert vom Admin

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Snoop Pooper Scoop
Status:
Student
(2858 Beiträge, 1121x hilfreich)

quote:
Eine strafrechtliche Verfolgung eines erwischten Ladendiebes ist nicht erforderlich, um zivilrechtliche Forderungen zu erheben und ggf. auch durchzusetzen.


Richtig. Insbesondere könnte (nicht "muß") ein Zivilgericht auch nach einem Freispruch oder einer Verfahrenseinstellung seitens der strafrechtlichen Seite (dort muß "jenseits begründeten Zweifels" die Schuld bewiesen werden) trotzdem den mutmaßlichen Dieb verurteilen, weil es seine Schuld als erwiesen ansieht (da vor dem Zivilgericht nur die Überzeugung des Gerichts eine Rolle spielt).

Ein Fall wie bei OJ Simpson (Freispruch vor dem Strafgericht, Schadensersatzverurteilung vor dem Zivilgericht) ist also auch in Deutschland möglich (auch wenn sich viele Zivilgerichte einfach an das Strafurteil hängen).

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1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
guest-12322.08.2012 17:44:40
Status:
Senior-Partner
(6927 Beiträge, 2505x hilfreich)

quote:<hr size=1 noshade>... da vor dem Zivilgericht nur die Überzeugung des Gerichts eine Rolle spielt ... <hr size=1 noshade>


Das ist im Strafprozess auch nicht anders:

"Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung." § 261 StPO

Hier gilt aber der Amtsermittlungsgrundsatz und andere Beweisregeln.

Beyond reasonable doubt heisst bei uns in etwa:

"Dabei darf der Richter für seine Überzeugung keinen naturwissenschaftlich sicheren Nachweis verlangen, sondern muss sich mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit zufriedengeben, der letzte (theoretische) Zweifel nicht ausschließt, ihnen aber praktisch Schweigen gebietet."

Das gilt im Anwendungsbereich der ZPO wie der StPO.

In USA ist das ganz anders:
Beyond a reasonable doubt is the highest standard of proof that must be met in any trial. In civil litigation , the standard of proof is either proof by a preponderance of the evidence or proof by clear and convincing evidence. These are lower burdens of proof.

In USA gilt die Dispositionsmaxime i.Ü. auch im Strafprozess, daher nicht mit unserem System vergleichbar..



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1x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9522x hilfreich)

quote:
Richtig. Insbesondere könnte (nicht "muß") ein Zivilgericht auch nach einem Freispruch oder einer Verfahrenseinstellung seitens der strafrechtlichen Seite (dort muß "jenseits begründeten Zweifels" die Schuld bewiesen werden) trotzdem den mutmaßlichen Dieb verurteilen, weil es seine Schuld als erwiesen ansieht


Eben. Wie Dülmen es ja getan hat, wegen fahrlässiger Eigentumsverletzung, die eine strafrechtliche Verurteilung wg. Diebstahls ja nicht hergibt.

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"Bitte um Verständnis,dass ich keine Rechtsfragen per PM beantworte.Das ist nicht Sinn des Forums"

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