Einschreibung im Ermessen der Uni?

11. September 2016 Thema abonnieren
 Von 
Danime
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)
Einschreibung im Ermessen der Uni?

Hallo,

das folgende Gesetz ist zwar fiktiv, aber es gibt in realen Gesetzen vergleichbare Paragrafen.


§ 48 - Einschreibung

(1) Ein Studienbewerber wird für einen oder mehrere Studiengänge eingeschrieben, wenn er die hierfür erforderliche Qualifikation und die sonstigen Zugangsvoraussetzungen nachweist und kein Einschreibungshindernis vorliegt. Die Einschreibung wird in der Einschreibungsordnung geregelt.

(2) Ein Studienbewerber kann für mehrere Studiengänge, für die eine Zulassungsbeschränkung mit Auswahlverfahren besteht, durch das Studienbewerber vom Erststudium ausgeschlossen werden, nur eingeschrieben werden, wenn dies wegen einer für den berufsqualifizierenden Abschluss vorgeschriebenen Studiengangkombination erforderlich ist.

(3) Eingeschriebene und nicht beurlaubte Studierende anderer Hochschulen können als Zweithörer mit der Berechtigung zum Besuch von Lehrveranstaltungen und zur Ablegung Studien begleitender Prüfungen zugelassen werden. Die Hochschule kann nach Maßgabe der Einschreibungsordnung die Zulassung von Zweithörerinnen oder Zweithörern unter den in § 59 genannten Voraussetzungen beschränken.



Nun mein Problem im Zusammenhang mit der Zulassung als Zweithörer. Die im Gesetz erwähnte Einschreibungsordnung existiert nicht oder enthält dazu keine Angaben. Nehmen wir an, ein Studierender an der Uni C ist dort für Chemie eingeschrieben. Der Studiengang Chemie hat keinen Numerus Clausus (NC), sodass keine "Zulassungsbeschränkung mit Auswahlverfahren besteht, durch das Studienbewerber vom Erststudium ausgeschlossen werden".

Jetzt möchte der Studierende sich an der Uni M für Medizin als sogenannter Zweithörer einschreiben. Der Studiengang Medizin hat zwar einen Numerus Clausus, also eine Zulassungsbeschränkung. Jedoch hat der Studierende einen Zulassungsbescheid, ihm wird also ein Platz angeboten.

Der Platz an der Uni M wird ihm jedoch nur angeboten, wenn er sich zuvor an der Uni C exmatrikulieren lässt. Die Zweithörerschaft an der Uni M wird ihm also verwehrt, nicht der Studienplatz als solcher. Die Uni M hätte aber kein Problem damit, wenn der Studierende sich bei ihr für Medizin einschreiben würde, um dann (umgekehrt) bei der Uni C eine Zweithörerschaft im Studiengang Chemie zu beantragen (was auch seitens der Uni C kein Problem wäre).

Die Uni M begründet das verschiedentlich:
1) Zweithörerschaft in zulassungsbeschränkten Fächern ist laut § 48 (2) nicht möglich.
2) Die Kombination Chemie/Medizin ist nicht für den Beruf erforderlich.
3) Die Einschreibung als Zweithörer liegt im Ermessen der Uni M.


Wie würdet ihr das einschätzen? Hat der Studierende einen Anspruch?

Zu Grund 1:
Richtig ist zwar, dass Medizin zulassungsbeschränkt ist. Allerdings hat verbietet der Wortlaut von § 48 (2) doch nicht die Einschreibung als Zweithörer in zulassungsbeschränkte Studiengänge. Der Absatz regelt nur Fälle, in denen eine Einschreibung (egal ob als Zweithörer oder nicht) in "mehrere" Studiengänge vorgesehen ist, die zulassungsbeschränkt sind. Da aber Chemie nicht zulassungsbeschränkt ist, greift § 48 (2) doch gerade nicht, oder?

Zu Grund 2:
Die Uni M hat recht, dass die Kombination nicht für den Beruf erforderlich ist. Damit spielt sie an auf die Regelung am Ende von § 48 (2), die in gewisser Weise eine Ausnahme vom Verbot der Einschreibung in mehrere zulassungsbeschränkte Studiengänge. Auf diese Ausnahme kommt es aber doch gar nicht an, wenn das Vorhaben nicht unter dieses Verbot fällt, weil nicht "mehrere" der Studiengänge zulassungsbeschränkt sind, oder?

Zu Grund 3:
Das mit dem "Ermessen" überrascht, klingt aber noch am plausibelsten. Sämtliche andere Unis (auch die Uni C) gewähren die Einschreibung als Zweithörer auch in zulassungsbeschränkte Studiengänge (sofern der Studiengang an der anderen Uni nicht ebenfalls zulassungsbeschränkt ist, also gemäß dem Wortlaut).

Frage dazu: Liegt die Einschreibung im Ermessen der Uni M?
Das Gesetz spricht von "kann zugelassen werden". Tatsächlich spricht das zunächst nach einer Ermessensvorschrift. Ist es das auch? Die Uni M meint jedenfalls, sie habe sich im Rahmen des Ermessens dazu entschieden, dass eine Zweithörerschaft in zulassungsbeschränkten Studiengängen (also zB Medizin) nicht möglich ist.

Es ist in meinen Augen unklar, warum eine Einschreibung für die Zweithörerschaft im Ermessen liegen sollte, während das bei einer gewöhnlichen Einschreibung nicht so ist. Woran sollte sich dieses Ermessen auch orientieren? Welche Interessen der Uni könnten dem entgegenstehen?

Die (erste) Besonderheit einer Zweithörerschaft liegt darin, dass zwei Studiengänge gleichzeitig geführt werden. Insofern kommt es zu einer Doppelbelastung, die einem erfolgreichen/zügigem Studium entgegenstehen könnte. Diesbezüglich wäre ein Ermessen der Uni nachvollziehbar. Dieser Aspekt wird aber nicht thematisiert. Auch richtet sich die Uni M nicht grundsätzlich gegen solche Doppelbelastungen. Wie oben gesagt, hätte die Uni M kein Problem damit, wenn sich der Studierende bei ihr normal einschreibt und bei der Uni C als Zweithörer.

In dem Studiengang Medizin würde der Studienrende wegen der Zulassungsbeschränkung zwar einem anderen den Platz wegnehmen. Das aber nicht nur als Zweithörer, sondern auch dann, wenn er sich nur für Medizin einschreibt. Vor allem würde sich daran nichts ändern, wenn der Studierende sich an der Uni M normal einschreibt und an der Uni C als Zweithörer. In jeder Konstellation würde genau einem anderen der Platz weggenommen werden, weil Medizin zulassungsbeschränkt ist und Chemie nicht. Dieses Interesse kann es also nicht sein, dass die Uni M verteidigt.

Ich finde es auch fragwürdig, wenn die Uni im Rahmen ihres Ermessens ein so grundsätzliches Verbot trifft, während das Gesetz die Einschreibung zulassen würde (oder wenigstens nicht verbietet). Die Uni hat dies aber auch nicht in irgendeiner Satzung oder Verordnung festgehalten? Woraus ergibst sich dann diese Entscheidung der Uni? Wer trifft diese? Einfach die Verwaltungspraxis der zuständigen Sachbearbeiter? Besteht ein Anspruch darauf, dann wenigstens die tragende Gründe dieser Ermessensentscheidung zu erfahren?


Über ein paar Gedanken dazu würde ich mich freuen. Insbesondere dazu, ob § 48 (3) eine Ermessensnorm sein kann und ob hier das Ermessen fehlerfrei ausgeübt worden sein könnte. Das scheint noch das überzeugendste Argument der Uni zu sein.

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4 Antworten
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#1
 Von 
guest-12313.09.2017 08:51:03
Status:
Student
(2271 Beiträge, 713x hilfreich)

Ordentliche Einschreibung ungleich Zulassung als Zweithörer.
Eine Einschreibungsordnung wird es geben.
In §59 des fiktiven Hochschulgesetzes wird stehen, dass Einschränkungen möglich sein werden.

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#2
 Von 
Danime
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Das ordentliche Einschreibung und Zulassung als Zweithörer nicht das selbe ist, ist mir klar. Mich wundert nur sehr, dass letzteres im Ermessen der Uni gestellt wird. Denn tatsächliche Unterschiede sehe ich nicht. Wie oben erläutert, sehe ich nur eine mögliche Mehrfachbelastung des Studierenden. Diese kann sicherlich im Einzelfall eine Ermessensfrage ausmachen. Aber ein pauschales Verbot der Zweithörerschaft in zulassungsbeschränkten Studiengängen? Wie sollte das gerechtfertigt sein, wenn das Gesetz grundsätzlich diese Möglichkeit vorsieht?

Ich denke, dass man vor allem sehen muss, dass die Uni M sich nicht grundsätzlich gegen Zweithörer stellt. Diese sollen nur entweder einen zulassungsfreien Studiengang wählen oder sich an der Uni M als ordentlicher Student einschreiben und die Zweithörerschaft woanders beantragen. Es kommt aber in beiden Fällen auf diese Mehrfachbelastung hinaus. Ebenso wenn eine Mehrfacheinschreibung an der Uni M (also für mehrere Studiengänge dort) vorgenommen wird.

Weitere Meinungen dazu?

In § 59 (bzw. vergleichbarer Vorschriften einzelner Länder)nennt tatsächlich Einschränkungsgründe. Diese sind aber eher auf das "wie" als auf das "ob" bezogen. Und sie sind offensichtlich nicht einschlägig. Tatsächlich beruft sich die Uni M auch nicht auf § 59, sondern auf ihr Ermessen.

0x Hilfreiche Antwort


#4
 Von 
Danime
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 0x hilfreich)

Für wen ist es denn noch eine Mehrfachbelastung? Für die Uni M sehe ich keine. Der Studierende schreibst sich hier nur ein Mal (als Zweithörer) ein. Bei einer Einschreibung als Zweithörer muss nur zusätzlich eine Studienbescheinigung der anderen Uni vorgelegt werden. Umgekehrt entfällt zum Beispiel die Überprüfung des Krankenversicherungsstatus. In meinen Augen besteht daher kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand zu dem Fall, in dem der Studierende sich an der Uni M als ordentlicher Studierendr einschreibt. Ich vor allem keinen Mehraufwand im Vergleich zur Zweithörerzulassung in einen zulassungsfreien Studiengang, welche die Uni M vornehmen würde. Nochmals: Die Uni M stemmt sich nicht gegen die Zweithörerzulassung oder irgendwelche Kombinationen, sondern ausschließlich gegen die Zulassung in einen zulassungsbeschränkten Studiengang, wenn der Studierende an einer anderen Uni (für ein zulassungsfreies) Fach zugelassen ist.

Die Uni M stellt damit ein pauschales Verbot für etwas auf, was das Gesetz für grundsätzlich möglich hält uns ins Ermessen der Uni stellt. Aber willkürliche (und vermutlich einfach undurchdachte) Regelungen sehen für mich nicht nach pflichtgemäß ausgeübtem Ermessen aus. Ermessen bedeutet nicht, dass die Uni M machen kann, was sie will, oder?

Ob das nun ein Ermessensfehler ist, ist doch gerade die Frage. "Das macht doch keinen Sinn" ist meinen Kenntnissen nach sehr wohl ein möglicher Ermessensfehler. Eine Entscheidung, die unter keinem Gesichtspunkt und von keinem Standpunkt aus erklärbar ist, ist nicht tragbar. Das Ermessen wird eingeräumt, um im Einzelfall verschiedene Gesichtspunkte und Interessen bewerten zu können und durch Abwägung eine vertretbare Lösung aus einem Ermessensspeilraum zu wählen. Aber an welchen Gesichtspunkten könnte die Uni sich interessieren? Welche Interessen könnte sie schützen wollen, die (nur) durch Zweithörerzulassung in zulassungsbeschränkten Stdiengängen gefährdet sind?

Diese pauschale Regelung erinnert schon an den Nichtgebrauch des Ermessens. Solange unkar ist, welches Interesse geschützt wird, ist für mich auch unklar, ob dieses Verbot dazu sachdienlich sein kann.

Meine eigene Meinung:
- Uni M schützt Interessen, die es nicht gibt
- sie sieht eine Gefahren für dieses Interessen, die es nicht gibt
- sie wählt ein Verbot, das dieses Interesse nicht schützen kann
- sie berhandelt wesentlich gleiche Sacheverhalte ungleich

Wäre das zulässig?

Das Ermessens kann einem ganz anderen Zweck dienen. Im Einzelfall könnte geprüft werden, ob die Zweithörerschaft wegen der Mehrbelastung oder der Entfernung zwischen den Hochschulen Sinn ergibt. An einigen Hochschulen ist es üblich, dass dazu Gutachten der Studienberatung eingeholt werden oder die Entfernung zwischen den Hochschulen gemessen wird. Werden diese Aspekte dann bewertet und danach über die Zulassung zur Zweithörerschaft entschieden, wird das Ermessen zu einem Zweck genutzt, der den Besonderheiten rund um die Zulassung zur Zweithörerschaft gerecht wird. Die Uni M scheint aber einen anderen Zweck zu verfolgen, nämlich den pauschalen Ausschluss der Zweithörer in zulassungsbeschränkten Stuidengängen. Das ist wohl eher nicht der Zweck, der dem Gesetzgeber vor Augen geschwebt hat, oder?

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