Einbehalt von Bezügen im Disziplinarverfahren

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Wenn ein schweres Dienstvergehen vorliegt, kann der Dienstherr den Beamten vorläufig des Dienstes entheben und bis zu 50% der monatlichen Bezüge einbehalten.

Die Frage nach der angemessenen Alimentierung des Beamten im Disziplinarverfahren ist ein häufiges Thema in der anwaltlichen Beratungspraxis.

Zunächst stellt sich stets die Frage, wie schwerwiegend das Dienstvergehen ist, das zur Einleitung eines Disziplinarverfahren geführt hatte. Sollte tatsächlich ein schweres Dienstvergehen vorliegen, ist zu prüfen, ob der Beamte deswegen vorläufig des Dienstes enthoben werden kann bzw. wird. Ein Einbehalt der Bezüge im Disziplinarverfahren kommt nämlich nur in Frage, wenn der Beamte im Disziplinarverfahren vorläufig des Dienstes enthoben wird. Nach Art. 39 BayDG (für Bundesbeamte gilt § 38 BDG) gehen die vorläufige Dienstenthebung und der Einbehalt von Bezügen stets „Hand in Hand". Es dürfen maximal 50% der monatlichen Bezüge einbehalten werden.

Dienstenthebung und Fragebogen vom Dienstherrn

Wird der Beamte nun tatsächlich vorläufig des Dienstes enthoben, so übersendet der Dienstherr in der Regel einen Fragebogen über die wirtschaftlichen Verhältnisse. Es empfiehlt sich in der Regel, diesen sorgfältig auszufüllen; bei Zweifeln sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden. Ferner sollte auch immer die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung geprüft und gegebenenfalls alle rechtlichen Möglichkeiten hiergegen ausgeschöpft werden.

Erst dann stellt sich die Frage, wie viel Geld dem Beamten tatsächlich monatlich zum Leben bleiben muss. Mit dieser Frage hat sich erst kürzlich wieder der bayerische Verwaltungsgerichtshof auseinandergesetzt und seine Entscheidung (BayVGH Beschl. v. 24.01.2013, Az. 16a DS 12.2337) prägnant und verständlich begründet:

Bei der Entscheidung, einen Teil der Dienstbezüge einzubehalten, hat die Disziplinarbehörde vor allem darauf Bedacht zu nehmen, dass die Alimentations- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn auch während eines Disziplinarverfahrens fortdauert. Der Beamte muss sich zwar eine gewisse Einschränkung seiner Lebenshaltung gefallen lassen; die Alimentation darf aber nicht bis auf die Regelleistungen nach dem SGB II reduziert werden. Zu ihnen muss vielmehr ein hinreichender Abstand gewahrt bleiben. Die um die Einbehaltung von Gehaltsteilen verminderten Dienstbezüge haben auf die Lebensverhältnisse des Beamten und dessen individuelle Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen; sie dürfen nicht nur den unbedingt notwendigen Lebensbedarf sichern oder vor unmittelbarer Not schützen. Der Dienstherr ist nicht berechtigt, dem Beamten die Möglichkeit der Tilgung seiner Schulden zu nehmen und ihn der Notwendigkeit preiszugeben, seinen ihm gesetzlich obliegenden und vertraglich eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkommen zu können. Die Disziplinarbehörde hat im Rahmen einer Gesamtbetrachtung den laufenden Einkünften den Gesamtbedarf des Antragstellers gegenüber zu stellen (Rn. 19).

Im Ergebnis war die Entscheidung für den betroffenen Beamten wohl dennoch bitter:

Dem Beamten verbleibt nach Abzug der anzuerkennenden und vom Antragsgegner anerkannten Verbindlichkeit nach Vornahme des Einbehalts ein Betrag von 426,38 Euro. Dieser Betrag übersteigt die Regelleistung nach dem SGB II von 374,00 Euro in ... auch unter Berücksichtigung der überobligatorischen Anerkennung von Aufwendungen durch den Antragsgegner (Handykosten, Kosten zum Unterhalt des Fahrzeugs) hinreichend deutlich und ist deshalb nicht zu beanstanden (Rn. 22).

Auskunft über wirtschaftliche Verhältnisse kann angepasst werden

Auch 426,38 EUR sind demnach nach der Auffassung des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes „deutlich mehr" als die Regelleistung nach dem SGB II. Umso wichtiger ist es, wie eingangs erwähnt, die wirtschaftlichen Verhältnisse so genau wie möglich zu erfassen, damit der Dienstherr sich ein möglichst genaues Bild über den Gesamtbedarf verschaffen kann. Ferner sollten die wirtschaftlichen Verhältnisse auch immer im Auge behalten werden und bei Änderungen umgehend der Dienstherr informiert werden (beispielsweise wenn der Vermieter eine Mieterhöhung fordert).

Der Dienstherr kann dann jederzeit nach Art. 39 Abs. 3 BayDG (bzw. § 38 Abs. 4 BDG) die Höhe der einbehaltenen Bezüge prüfen und ggf. anpassen. Ferner kann auch der betroffene Beamte nach Art. 61 Abs. 2 BayDG (bzw. § 63 Abs. 2 BDG) einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung des Einbehalts der Bezüge stellen, wenn ersthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einbehalts bestehen.