Droht Beschuldigten Sicherungsverwahrung bei Verbreitung von Kinderpornographie gem. § 184b StGB?

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Urteil des LG Darmstadt durch Entscheidung des Bundesgerichtshof teilweise aufgehoben

Droht Beschuldigten Sicherungsverwahrung bei Verbreitung von Kinderpornographie gem. § 184b StGB?

Strafverfahren wegen Verdachts des Verstoßes gegen § 184b StGB, betreffen den Vorwurf des Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie. Diese Fälle nehmen nach Auffassung des Autors, der in diesem Bereich bundesweit verteidigt, auch innerhalb des Strafrechts eine Sonderstellung ein. Bereits der Tatvorwurf des Verstoßes gegen § 184b StGB hat für sich genommen oftmals eine stigmatisierende Wirkung. Diese Wirkung besteht unabhängig davon, ob der Vorwurf zutreffend ist oder nicht.

Nicht nur Erfahrung im Bereich der Strafverteidigung bei § 184b StGB sind für eine effektive Verteidigung in Bezug auf Strafverfahren wegen Verdachts des Besitzes von Kinderpornographie bzw. Verdachts der Verbreitung von Kinderpornographie hilfreich. Es ist genauso wichtig, Kenntnis über die bundesweite Rechtsprechungsentwicklung zu besitzen

Steffen Lindberg
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In diesem Zusammenhang wird auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.10.2011 (Az. 2 STR 328/11) verwiesen. Mit diesem Urteil wurde eine Entscheidung des Landgerichts Darmstadt teilweise aufgehoben.

Das Landgericht Darmstadt hatte einen Angeklagten wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften in 22 Fällen und wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Ferner wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

In seiner Entscheidung führt der BGH aus, zwar lägen die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung gem. § 66 Abs. 2 StGB a.F. vor, hinsichtlich der materiellen Voraussetzung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gem. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB bestünden jedoch erhebliche Bedenken.

Angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 04.05.2011 sei die Vorschrift der Sicherungsverwahrung gem. § 66 StGB verfassungswidrig. Bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber sei die Sicherungsverwahrung nur unter Berücksichtigung einer "strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung" anzuwenden. Zwar habe das Landgericht in seiner Entscheidung die angeordnete Sicherungsverwahrung mit den "fest verwurzelten pädophilen Neigungen des Angeklagten" und "seiner verharmlosenden Haltung zu Kinderpornographie" begründet. Dies begründe jedoch lediglich den Hang des Angeklagten zu Straftaten "nach Art und Gewicht der Anlasstaten gem. § 184b StGB" und nicht darüber hinausgehend zu weiteren schwersten Straftaten.

Insbesondere stellte der BGH in seiner Entscheidung somit klar, § 184b StGB soll nach dem Gesetzeszweck zwar der mittelbaren Förderung des sexuellen Missbrauchs von Kindern entgegenwirken, § 184b StGB selbst ist jedoch nicht als ausreichend schwere Sexualstraftat anzusehen.

Unabhängig von dieser Entscheidung des BGH weist der Autor darauf hin, dass eines der Hauptziele bei der Strafverteidigung im Bereich des § 184b StGB häufig in der Verhinderung einer Hauptverhandlung und - sofern möglich - in der Vermeidung einer Vorstrafe liegt. Die Thematik einer Sicherungsverwahrung in Zusammenhang mit § 184b StGB ist in der Rechtspraxis bislang auf Ausnahmefälle beschränkt. Gleichwohl ist die Kenntnis dieser Entscheidung für eine effektive Strafverteidigung im Bereich des § 184b StGB wichtig.

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