Doktortitel

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"Unwürdigkeit" zur Führung eines Doktorgrades

(Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14.09.2011, Aktenzeichen : 9 S 2667/10)

Nach § 35 Abs. 7 Satz 1 des Gesetzes über die Hochschulen in Baden-Württemberg kann der verliehene Hochschulgrad entzogen werden, wenn sich der Inhaber durch sein späteres Verhalten der Führung des Grades als unwürdig erwiesen hat.

Dipl. jur. Ramona Hellwig
Rechtsanwältin
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Die klassische Doktorprüfung dient (allein) dem Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit. An diesen Befund kann bei der Beantwortung der Frage angeknüpft werden, wann sich ein „Doktor“ der Führung seines Grades als unwürdig erwiesen hat.

Zentrale Kernpflicht wissenschaftlichen Arbeitens ist die Wahrung „wissenschaftlicher Redlichkeit“, zu der § 3 Abs. 5 Satz 1 LHG auch ausdrücklich verpflichtet. Die Einhaltung der allgemein anerkannten Grundsätze wissenschaftlicher Mindeststandards, die zu den wesensbestimmenden Grundsatzmerkmalen einer Dissertation gehört, ist unverzichtbare Basis wissenschaftlichen Wirkens.

Als „unwürdig“ zur Führung des verliehenen Grades hat sich ein Titelinhaber erwiesen, wenn sich der mit der Verleihung des Doktorgrades begründete Anschein wissenschaftskonformen Arbeitens angesichts gravierender Verstöße gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis und Redlichkeit als unzutreffend herausgestellt hat und zum Schutz vor Irreführung korrigiert werden muss. Der idealtypische Fall liegt mit der Fälschung von Forschungsergebnissen vor. Demgemäß definiert auch § 3 Abs. 5 Satz 3 LHG vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschangaben in wissenschaftserheblichem Zusammenhang als Regelbeispiel für einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis und Redlichkeit.

Die Annahme eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens ergibt sich aus einem primafacie-Beweis, wenn die Primärdaten der Untersuchungen nicht aufbewahrt und die durchgeführten Experimente nicht ordnungsgemäß dokumentiert werden.. Damit können die beschriebenen Ergebnisse, die von anderen Wissenschaftlern auf den von ihm behaupteten Verfahrenswegen nicht reproduziert werden konnten, nicht nachvollzogen und geprüft werden. Der primäre Test eines wissenschaftlichen Ergebnisses ist seine Reproduzierbarkeit. Nach den Empfehlungen der DFG rechtfertigt das Abhandenkommen der Primärdaten daher primafacie den Verdacht unredlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens.