Dieses Symbol ist geschützt! Das @-Zeichen als Marke?

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6 Fragen zum Markenrecht an Rechtsanwalt Stephan Bartels

Eine süddeutsche Firma sorgt derzeit für Aufsehen im Internet. Sie hat sich das @-Zeichen als Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen lassen. Die Widerspruchsfrist läuft zwar noch bis zum Februar 2013, doch diskutiert wird bereits angeregt. Ein Interview mit dem Markenrechtsexperten Stephan Bartels.

123recht.de: Was bedeutet die Eintragung einer Wortmarke konkret?

Stephan Bartels
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Rechtsanwalt Bartels: Mit der Eintragung einer Wortmarke in das Markenregister des Deutschen Marken- und Patentamtes erwirbt der Markeninhaber das Recht, das eingetragene Wort zur Kennzeichnung bestimmter Waren und Dienstleistungen zu benutzen. Andere Markenformen sind z.B. die Bildmarke, die Wort/Bildmarke oder das Hörzeichen (akustisches Signal oder Tonfolge).

Des Weiteren steht dem Inhaber einer Marke das alleinige Recht zu, im Rahmen des Schutzbereiches der Marke gegen die spätere Anmeldung kollidierender Marken vorzugehen. Er kann Dritten untersagen, im geschäftlichen Verkehr eine identische oder verwechselbar ähnliche Bezeichnung für die geschützten Waren und Dienstleistungen zu verwenden.

123recht.de: Geht das in diesem Fall überhaupt, kann eine Firma sich ein einziges Symbol schützen lassen, das doch auf jeder Computertastatur verfügbar ist?

Rechtsanwalt Bartels: Ja, das geht! Sogar einzelne Buchstaben sind als Marke grundsätzlich schutzfähig. Dies hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen eindeutig festgestellt. Für die Frage nach der Eintragungsfähigkeit kommt es lediglich darauf an, dass die gewählte Bezeichnung hinreichende Unterscheidungskraft besitzt, also dazu geeignet ist, sich von anderen Bezeichnungen zu unterscheiden. Das @-Symbol verfügt über diese Unterscheidungskraft - gerade weil es bei der Kennzeichnung von E-Mailadressen weltweit bekannt und daher auf jeder Computertastatur vorhanden ist.

123recht.de: Sind denn Buchstaben, Satz- und Wortzeichen nicht Allgemeingut?

Rechtsanwalt Bartels: Doch, das sind sie. Durch die Eintragung einer Marke wird der Allgemeinheit aber auch nicht untersagt, den geschützten Begriff oder das geschützte Zeichen zu verwenden. Der Markenschutz gilt ausschließlich im geschäftlichen Verkehr und auch nur für die eingetragenen Waren- und Dienstleistungen. Im Rahmen der Anmeldung prüft das Markenamt zudem, ob der Eintragung absolute Schutzhindernisse entgegenstehen. Ein solches absolutes Schutzhindernis ist z.B. das so genannte Freihaltebedürfnis. Darunter versteht man das berechtigte Interesse anderer Unternehmen, beschreibende Angaben frei nutzen zu können. Verletzt die Anmeldung einer Marke dieses Freihaltebedürfnis, würde das Markenamt die Eintragung ablehnen. Für den Fall des @-Symbols besteht ein derartiges Freihaltebedürfnis für die Nutzung bei der Angabe von E-Mailadressen. Für das @-Symbol wurde der Markenschutz demzufolge auch nicht für computerrelevante Waren und Dienstleistungen beantragt, sondern für diverse Lebensmittel und Rauchwaren. In diesem Bereich ist ein Freihaltebedürfnis nicht erkennbar, da das @-Symbol zur Kennzeichnung dieser Waren bislang nicht allgemein benutzt worden ist.

123recht.de: Also werden wir jetzt nicht alle abgemahnt, wenn wir weiter E-Mails schreiben, Twitter nutzen oder unsere Mailadressen veröffentlichen?

Rechtsanwalt Bartels: Ganz sicher nicht! Mit der Eintragung einer Marke erhält der Markeninhaber zwar ein alleiniges Nutzungsrecht, aber eben nicht ganz allgemein, sondern nur im geschäftlichen Verkehr und ausschließlich für die geschützten Waren und Dienstleistungen. Genau wie jeder von uns die Begriffe"Coca-Cola", "Apple" oder "Porsche" im Allgemeinen verwenden darf, werden wir auch zukünftig das @-Zeichen weiter verwenden dürfen, selbst wenn dieses Zeichen als Marke eingetragen werden sollte.

123recht.de: Eine Markenverletzung würde erst dann vorliegen, wenn...

Rechtsanwalt Bartels: ...jemand die für das @-Symbol geschützten Waren, also z.B. Zigaretten, unter der Bezeichnung "@" in Deutschland auf den Markt bringen würde.

123recht.de: Kann ich dann den Klammeraffen auf T-Shirts tragen?

Rechtsanwalt Bartels: Ja, genauso, wie ich "VW" und "Apple"auf dem T-Shirt tragen kann. Durch das Tragen eines T-Shirts kann ich als Privatperson überhaupt keine Markenverletzung begehen. Eine Markenverletzung setzt immer ein "Handeln im geschäftlichen Verkehr" voraus, z.B. den gewerblichen Verkauf eines T-Shirts unter der Bezeichnung "@", vergleichbar anderer Marken für Textilien. Da der beantragte Schutz für das @-Symbol auch Bekleidungsstücke umfasst, dürften T-Shirts mit diesem Symbol zukünftig nur noch von dem Markeninhaber oder mit dessen Erlaubnis verkauft werden, wenn die Marke wie beantragt eingetragen wird. Dies gilt natürlich nicht, wenn das @-Symbol als Bestandteil einer E-Mail-Adresse auf dem T-Shirt abgedruckt ist.

Der Markenschutz für allgemeingültige Begriffe ist im Übrigen auch nichts Neues. Das Wort "Apple" z.B. ist im englischen Sprachraum ebenfalls "Allgemeingut". Dies hat einer zweifachen Markeneintragung nicht entgegengestanden, da der Markenschutz nicht für das mit dem Begriff bezeichnete Obst, sondern für Computer und den Musikverlag der Beatles (Apple Records) beantragt worden ist. Durch die Wahl der identischen Marke soll Apple Records allerdings so verärgert gewesen sein, dass bis zum Jahr 2010 keine Beatles Songs auf iTunes angeboten werden durften!

123recht.de: Vielen Dank Herr Bartels!

Stephan Bartels
-Rechtsanwalt-
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