Diebstahl geringwertiger Sachen – keine Bagatelle im Arbeitsrecht!

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Diebstahl geringwertiger Sachen – keine Bagatelle im Arbeitsrecht!

In deutschen Unternehmen weht in der Krise ein kalter Wind. Auf Diebstähle auch geringwertiger Sachen (Maultaschen, Pfandbons im Wert von 1,30 € usw.) reagieren immer mehr Arbeitgeber mit einer fristlosen Kündigung.

Das Bundesarbeitsgericht hatte über die Frage der Entwendung geringwertiger Sachen als Kündigungsgrund bereits mehrfach zu entscheiden. Der sog. Bienenstichfall aus dem Jahre 1984 ist in diesem Zusammenhang als Grundsatzurteil zu nennen. Eine in der Cafeteria eines Kaufhauses beschäftigte Buffetkraft wurde wegen des Verzehrs eines Stücks Bienenstichs ohne Bezahlung hinter der Bedienungstheke fristlos gekündigt. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass grundsätzlich jeder Diebstahl -auch geringwertiger Sachen- einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Ein Arbeitnehmer, der während der Arbeitszeit strafrechtlich relevante Handlungen begeht, die sich gegen das Vermögen seines Arbeitgebers richten, verletzt schwerwiegend seine arbeitsvertraglichen (Loyalitäts-) Pflichten und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen in erheblicher Weise.

Aus der genannten Vorschrift ergibt sich, dass neben dem objektiven Vorliegen eines wichtigen Grundes auch eine einzelfallabhängige Interessenabwägung zwischen den Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgen muss. Erst die einzelfallabhängige Betrachtung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen unzumutbar ist, kann zur Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung führen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist stets die Dauer der Betriebszugehörigkeit aber auch das Lebensalter des Arbeitnehmers zu beachten. Oftmals wiegt der Vertrauensbruch jedoch schwerer.

Für derartige verhaltensbedingten Kündigungen gilt das sog. Prognoseprinzip. Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für Vertragspflichtverletzungen der Vergangenheit, sondern sie dient der Vermeidung zukünftiger Pflichtverletzungen. Dementsprechend setzt im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip eine verhaltensbedingte Kündigung grundsätzlich eine Abmahnung als milderes Mittel voraus. Eine vorherige Abmahnung ist jedoch ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn es sich um eine schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und deren Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist.