Die persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH

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Die Haftung vor, während und "nach" der Krise der GmbH

Das GmbH-Recht enthält eine Reihe von besonderen Haftungsrisiken für den Geschäftsführer im Zeitraum unmittelbar vor, aber auch während der Krise der GmbH. Der Geschäftsführer ist gehalten, entsprechende Maßnahmen zur Krisenvermeidung zu treffen.

1. Insolvenzverschleppungshaftung

Der Geschäftsführer ist verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und /oder Überschuldung der Gesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Die dreiwöchige Frist kann nicht verlängert werden, sie darf nicht einmal ohne triftigen Grund ausgeschöpft werden. Zu beachten ist, dass die Insolvenzantragspflicht nicht mit Antragstellung eines Dritten erlischt! Ein eigener Insolvenzantrag ist also auch zu stellen, wenn z.B. ein Sozialversicherungsträger bereits einen Antrag gestellt hat.

Versäumt der Geschäftsführer diese Pflicht, macht er sich schadensersatzpflichtig gegenüber den Gläubigern der GmbH.

Der Geschäftsführer ist daneben für Zahlungen, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung der Überschuldung veranlasst hat, gegenüber der Gesellschaft zum Ausgleich dieser Zahlung verpflichtet, sofern diese Zahlungen nach diesem Zeitpunkt nicht mit der Sorgfalt eines ordnungsgemäß handelnden Geschäftsmannes vereinbar sind. Zulässig sind also grundsätzlich die notwendigen Zahlungen der Geschäftsraummiete, der Löhne, der Sozialabgaben und der laufenden Telefonkosten. Nicht vereinbar sind dagegen z.B. der vollständige Ausgleich einer einzelnen Gläubigerforderung.

Diese Ersatzansprüche verjähren nach 5 Jahren.

2. Haftung im Zusammenhang mit der Insolvenzreife

Verletzt der Geschäftsführer seine ihm obliegende Verpflichtung gegenüber dem Sozialversicherungsträgern auf Abführung der Arbeitnehmeranteile, ist u.U. der Tatbestand des "Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen" erfüllt, § 266a StGB (siehe Punkt 7 "Strafbarkeiten ..."). Der Geschäftsführer haftet dann persönlich für die nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherung.

Nach neuerer Rechtsprechung kann jedoch die Strafbarkeit entfallen, wenn der Geschäftsführer während der Insolvenzantragsfrist die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge unterlässt. Dies gilt allerdings nur für die noch aussichtsreichen Sanierungen. Nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist sind die Arbeitnehmeranteile vorrangig zu tilgen.

Der Geschäftsführer haftet persönlich gegenüber Gläubigern, mit denen er nach Eintritt der Insolvenzreife Verträge abschließt, sie aber nicht über die Insolvenzreife des Unternehmens aufklärt.

Die Haftung des Geschäftsführers besteht gegenüber der GmbH bei Vernachlässigung der Anzeige der Insolvenzreife und bei Vernachlässigung der Nichtanzeige bei Verlust des halben Stammkapitals.

3.Haftungsinanspruchnahme durch das Finanzamt

Der Geschäftsführer haftet bei Verletzung der ihm obliegenden Pflichten als Vertreter der GmbH soweit dadurch Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Diese Haftung erfasst den Zeitraum noch vor Eintritt der Insolvenzreife des Unternehmens.

Pflichtverletzungen können sein: Die Steuerentrichtungspflicht, Mitwirkungspflichten, Auskunftspflichten, Vorlagepflicht, Anzeigepflichten, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, Steuererklärungspflichten, Berichtigungspflichten oder auch Einbehaltungs-Abführungspflichten z.B. nach dem EStG.

Es gilt zunächst grundsätzlich: Können nicht alle Verbindlichkeiten mit den zur Verfügung stehenden Mitteln getilgt werden, ist im Haftungszeitraum (also bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit) anteilig zu tilgen (Grundsatz der anteiligen Haftung). Dies gilt nicht für die Lohnsteuer, diese muss immer vollständig getilgt werden! In diesen Fällen ist dem Geschäftsführer zu raten, dass er eine Aufstellung der verfügbaren Mittel vornimmt und sodann alle Verbindlichkeiten, natürlich außer der Lohnsteuer, anteilig tilgt. Diese Berechnung sollte in jedem Falle dokumentiert werden.

Trotz Ressortbildung ist grundsätzlich jeder Geschäftsführer verantwortlich für die Geschäftsführung insgesamt. Sofern eine schriftliche eindeutige Geschäftsverteilung vorliegt, die durch Gesellschafterbeschluss oder Gesellschaftsvertrag getroffen wurde, kann eine Entlastung eintreten.

Allerdings obliegen dem jeweiligen Mitgeschäftsführer noch Überwachungs- und Kontrollpflichten gegenüber seinen anderen Mitgeschäftsführern.

Bei der Inanspruchnahme des Geschäftsführers trifft die Behörde ein Auswahlermessen, das oft nicht hinreichend ausgeübt wird.

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen. Eine Steuerhinterziehung kann entstehen, wenn der Finanzbehörde über steuerliche erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden und dadurch Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden. Diese Haftung kann neben dem Geschäftsführer auch den Gesellschafter einer GmbH treffen.

4. Haftung in der Gründungszeit

Die Haftung unterscheidet sich im Gründungsstadium und Nachgründungsstadium.

Zu unterscheiden ist das Stadium der Vorgründungsgesellschaft (bis zur Unterzeichnung des notariellen Gesellschaftsvertrages) und das der Vorgesellschaft (ab Unterzeichnung des notariellen Gesellschaftsvertrages bis zur Eintragung im Handelsregister). Im Rahmen der Vorgründungsgesellschaft haftet grundsätzlich nur der Unternehmensinhaber, der Geschäftsführer ist hier bloßer Vertreter. Anders jedoch ab Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Gesellschaftsvertrages. Jetzt greift die sog. Handelndenhaftung. Bis zur Eintragung der GmbH ins Handelsregister haften alle die, die für die GmbH handeln, also insbesondere auch der Geschäftsführer den Gläubigern persönlich und solidarisch. Die Haftung erlischt mit Eintragung der GmbH.

Der Inanspruchgenommene hat jedoch einen Erstattungsanspruch gegen die GmbH oder, ausnahmsweise, gegen die Gesellschafter persönlich.

5. Haftung wegen Missmanagement

Der Geschäftsführer hat in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Verletzt er diese Pflichten, kommt eine persönliche Haftung in Betracht.

Unter dem Titel Misswirtschaft werden dabei eine Reihe von Pflichtverletzungen diskutiert. Zu beachten ist, dass jeder Geschäftsführer einen Ermessensspielraum hat, der auch vom konkreten Unternehmen abhängig ist. Als Pflichtverletzungen können gelten: Die zweckwidrige Verwendung von Kassenfehlbeständen, Warenlieferung auf Kredit ohne Sicherheit, mangelnde Verwertung von Geschäftschancen, außergewöhnlich riskante Beteiligung an anderen Unternehmen.

Grundsätzlich haftet der Geschäftsführer nicht, wenn er auf Weisung eines weisungsberechtigten Organs handelt. Fehlerhafte Weisungen des weisungsberechtigten Organs muss er aber nicht befolgen. Bei anfechtbaren Beschlüssen muss er nach pflichtgemäßem Ermessen sein eigenes Verhalten entscheiden.

6. Unerlaubte Handlungen

Der Geschäftsführer macht sich gegenüber der GmbH persönlich schadensersatzpflichtig, wenn er seine ihm intern gesetzte Vertretungsmacht überschreitet und der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht.

Auch eine persönliche Bereicherung, die dem Geschäftsführer nicht als Vergütung zusteht, macht ihn schadensersatzpflichtig. So z.B. bei der Annahme von Schmiergeldern oder Privatreisen auf Geschäftskosten, Beschäftigung von Mitarbeitern zu privaten Zwecken.

Hierher gehören auch die Haftungstatbestände, die entstehen, wenn der Geschäftsführer zur Unzeit kündigt und dadurch die GmbH handlungsunfähig wird und ein Schaden entsteht.

7. Verdeckte Gewinnausschüttung

Die verdeckte Gewinnausschüttung meint Fallkonstellationen, in denen dem Gesellschafter / Geschäftsführer, den Fremdgeschäftsführer kann dieses Problem nicht betreffen, Gewinne zufließen, die nach außen hin nicht als solche Gewinnausschüttungen bezeichnet sind.

Stellt sich z.B. nach einer Prüfung des Finanzamtes heraus, dass die Bezüge des Geschäftsführers nicht angemessen sind, wird in Höhe der Unangemessenheit eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen, die an die GmbH zurückzuzahlen ist.

8. Haftungsbeschränkung

Die Haftung kann nachträglich durch einen Entlastungsbeschluss der Gesellschafter oder einen Generalbereinigungsvertrag begrenzt oder ausgeschlossen werden. Dieser Beschluss bezieht sich allerdings nur auf die bekannten Umstände. Gegen die Verweigerung der Entlastung kann der Geschäftsführer im Wegen einer Feststellungsklage klären lassen, ob ein Schadensersatzanspruch besteht oder nicht.

Die Verjährung der Haftung nach 5 Jahren kann nach neuester Rechtsprechung im Anstellungsdienstvertrag abgekürzt werden. Das gilt nicht für schadensbegründende Handlungen, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Kapitalerhaltung beinhalten, also Zahlungen aus dem Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals, vorgenommen worden sind.

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