Die neuen Regelungen im Fernabsatzrecht ab 11.06.2010 - Änderungen beim Widerrufsrecht für Verbraucher!

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01: Ab wann müssen sich Unternehmer nach der neuen Rechtslage informieren?

Der Bundestag hat im letzten Jahr Gesetzesänderungen verabschiedet, die unter anderem auch eine Neuordnung der Vorschriften über das fernabsatzrechtliche Widerrufs- bzw. Rückgaberecht zum Inhalt haben. Zwischenzeitlich hat der Countdown zu laufen begonnen: Die Neuregelungen treten nämlich mit Wirkung zum 11.06.2010 in Kraft.

Für Unternehmer stellen sich in diesem Zusammenhang etliche Fragen, die es rechtzeitig zu klären gilt; denn die Gesetzesänderungen treten am 11.06.2010 ohne Umstellungsfrist in Kraft und sind deshalb ab dann zu beachten.

Jörg Dittrich
Partner
seit 2010
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz, Fachanwalt für Informationstechnologierecht
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20459 Hamburg
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Um das Wesentliche vorwegzunehmen: Eine Anpassung der bisher bei den Fernabsatzgeschäften verwendeten Informations-/Belehrungstexte ist unerlässlich. Wer sein eBusiness weiterhin rechtmäßig betreiben will, ist deshalb gehalten, sich mit den Neuregelungen im Fernabsatzrecht näher zu befassen. Wir haben die "TOP 10" DER MEIST-GESTELLTEN FRAGEN zu diesem Thema in der folgenden FAQ-Liste zusammengestellt:

Die Gesetzesänderungen treten am 11.06.2010 ohne Umstellungsfrist in Kraft. Unternehmer haben deshalb einem Verbraucher die Informationen über das fernabsatzrechtliche Widerrufs-/Rückgaberecht exakt ab dem 11.06.2010 um 00.00 Uhr auf Basis der neuen Gesetzesvorschriften zur Verfügung zu stellen.

02: Wo findet man die neue Musterbelehrung zum Widerrufsrecht?

Die früheren Muster für die Widerrufs- und Rückgabebelehrung waren in den Anlagen 2 u. 3 zu § 14 der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoV) zu finden. Nach der Neuregelung finden sich die neuen Muster in den Anlagen 1 u. 2 zu Art. 246 § 2 Abs. 3 S. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB).

03: Wir haben von neuen Ausnahmen beim Widerrufsrecht gehört!?

Die Vorschrift des § 312 d Abs. 4 BGB regelt, dass das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen in bestimmten Fällen nicht besteht und nennt die einschlägigen Sonderfälle. Diese Ausnahmen wurden im Rahmen der jetzt zum 11.06.2010 in Kraft tretenden Gesetzesänderung nicht geändert; allerdings wurden die Vorschriften im August 2009 modifiziert.

Ein Kritikpunkt (auch) an den neuen Musterbelehrungen ist, dass diese die Ausnahmen nach § 312 d Abs. 4 BGB außer Acht lassen. Nachwievor werden Unternehmer aber verpflichtet sein, auch auf ein etwaiges Nichtbestehen eines Widerrufs- bzw. Rückgaberechts hinzuweisen (Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB n.F.).

04: Reicht es denn aus, wenn der Unternehmer den Verbraucher nur per eMail belehrt?

Nein - der Gesetzgeber hat das sog. zweigleisige System der (Vorab-) Information der Verbraucher schon vor Abgabe von deren Vertragserklärung einerseits und der Belehrung in Textform andererseits beibehalten.

Der Gesetzgeber hat jetzt allerdings ausdrücklich in § 360 Abs. 3 BGB n.F. und Art. 246 § 2 Abs. 3 S. 1 EGBGB n.F. festgehalten, dass sich ein Unternehmer zur Erfüllung seiner Belehrungspflichten der neuen Musterbelehrungen bedienen kann. Damit erlangen die Muster formellen Gesetzesrang; es soll so sichergestellt werden, dass sich Unternehmer künftig auf die neuen Musterbelehrungen verlassen können - dies jedoch unter der Voraussetzung, dass die Gestaltungshinweise tatsächlich durch den Unternehmer korrekt umgesetzt werden.

05: Gilt bei eBay jetzt also immer eine zweiwöchige Widerrufsfrist?

Das Gesetz kennt auch künftig unterschiedliche Fristen für die Dauer der Frist zur Ausübung des Widerrufs- bzw. Rückgaberechts - und eine Frist von "14 Tagen" und eine Frist von "einem Monat".

Nachwievor gilt, dass die Widerrufsfrist 14 Tage beträgt, wenn dem Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung in Textform (z.B. Brief, Fax, eMail) mitgeteilt worden ist. Wird die Widerrufsbelehrung hingegen erst nach Vertragsschluss mitgeteilt, beträgt die Widerrufsfrist grundsätzlich einen Monat.

Eine wesentliche Neuregelung zum 11.06.2010 ist nun aber, dass der Gesetzgeber eine "unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilte Widerrufsbelehrung" einer solchen "bei Vertragsschluss" gleichstellt. Einfach ausgedrückt: Wird dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung noch unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilt, bleibt es bei der Fristdauer von nur 14 Tagen. Somit scheint es also denkbar, dass künftig auf dem eBay-Marktplatz eine Widerrufsfrist von "14 Tagen" gilt - so aber nur unter den engen Voraussetzungen des Gesetzes und keineswegs generell.

06: Und wie verhält es sich bei Verträgen z.B. über amazon.de, hood.de, YATEGO oder den eigenen Online-Shop?

Die oben unter 05 geschilderten Voraussetzungen gelten auch für solche Fernabsatzverträge, die über andere Online-Marktplätze mit Verbrauchern geschlossen werden (z.B. über den amazon-Marketplace, die Website von hood.de, YATEGO oder einem eigenen Online-Shop). Erforderlich ist daher, dass Verbraucher eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt bekommen - und nur dann, wenn dies unverzüglich nach Vertragsschluss geschieht, beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage anstatt einen Monat.

07: Muss der Verbraucher Wertersatz leisten, wenn er widerruft?

Macht der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch und gibt die Sache in verschlechtertem Zustand zurück, stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Verbraucher für die Verschlechterung einen Wertersatz zu leisten hat.

Das Gesetz sieht vor, dass bei der Frage nach dem Wertersatz die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung im Normalfall außer Betracht bleibt. Abweichend davon soll bei Fernabsatzverträgen aber doch Wertersatz zu leisten sein, wenn der Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden.

Eine wesentliche Neuregelung zum 11.06.2010 ist nun aber, dass der Gesetzgeber einen "unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform" mitgeteilten Hinweis einem solchen "bei Vertragsschluss" gleichstellt, wenn der Unternehmer den Verbraucher rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung über die Wertersatzpflicht und eine Möglichkeit zu ihrer Vermeidung unterrichtet. Einfach ausgedrückt: Wird der Verbraucher rechtzeitig über die ihn ggfs. treffende Wertersatzpflicht informiert und bekommt er unverzüglich nach Vertragsschluss einen entsprechenden Hinweis in Textform mitgeteilt, kommt eine Wertersatzpflicht des Verbrauchers in Betracht.

Nicht aus dem Auge verloren werden darf hierbei natürlich die Diskussion um die Rechtsprechung des EuGH, derzufolge eine Regelung jedenfalls dann (gemeinschafts-) rechtswidrig ist, wenn vom Verbraucher für die Nutzung einer durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekauften Ware in dem Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht ausübt, generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann.

08: Und was bedeutet eigentlich "unverzüglich nach Vertragsschluss"?

Die Gerichte werden darüber zu entscheiden haben, wann eine Belehrung noch als "unverzüglich" und damit als "ohne schuldhaftes Zögern" anzusehen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll es ausreichen, dass der Unternehmer die erste ihm zumutbare Möglichkeit ergreift, um dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung in Textform mitzuteilen. Wohl regelmäßig nicht mehr ausreichend wird sein, wenn der Unternehmer nicht spätestens am Tag nach dem Vertragsschluss die Belehrung in Textform auf den Weg bringt (z.B. die betreffende eMail versendet). Aufgrund dieser (leider keineswegs eindeutigen) Gesetzesbestimmungen bleibt zunächst noch abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zu diesem Punkt entwickelt.

09: Welche Folgen hat es, wenn wir den neuen Informations- und Belehrungspflichten nicht rechtzeitig nachkommen?

Erfüllt ein Unternehmer die ihm obliegenden Informations- und Belehrungspflichten nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß, hat dies zunächst nachteilige Konsequenzen im (Vertrags-) Verhältnis zum eigenen Kunden. Daneben besteht die Gefahr wettbewerbsrechtlicher Sanktionen – insbesondere die Geltendmachung von Unterlassungs-ansprüchen durch Abmahnungen sowie ggfs. gefolgt von einstweiligen Verfügungsverfahren und/oder Klageverfahren.

10: Sind frühere Unterlassungserklärungen für uns weiter relevant?

Wurden in der Vergangenheit eine Unterlassungserklärung betreffend die fernabsatzrechtliche Widerrufsbelehrung abgegeben und/oder ist eine gerichtliche Entscheidung gegen den Unternehmer in diesem Zusammenhang ergangen, sollte auf jeden Fall überprüft werden, ob eine Loslösung von dieser Verpflichtung denkbar ist. Es kann sowohl eine Anpassung bestehender Unterlassungsverträge als auch eine Kündigung derselben in Betracht kommen. Regelmäßig sind mit der Änderung der Gesetzeslage frühere Erklärungen nicht per se hinfällig.

RA Jörg Dittrich, LL.M. oec.
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Informationstechnologierecht

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