Die Halterhaftung im Fuhrparkmanagement

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Unternehmen mit einem eigenen Fuhrpark und deren Fuhrparkmanager stehen mit einer Vielzahl von Pflichten in der Halterverantwortlichkeit. Die wichtigste aller Kontrollpflichten des Halters ist die Führerscheinkontrolle der Fahrer von Kraftfahrzeugen aus dem Fuhrpark. Ihre Verletzung tritt zumeist anlässlich der Regulierung von Unfallschäden von Fuhrparkwagen zu Tage, wenn es um die Klärung der Haftungsverteilung geht. Dabei gilt auch hier die Regel: Unwissenheit schützt vor Schaden oder Strafe nicht.

Halterverantwortliche Fuhrparkmanager müssen sich daher ein bestimmtes Grundwissen zum Fahrerlaubnisrecht aneignen, wollen sie nicht Gefahr laufen, später wegen einer unterlassenen oder fehlerhaften Fahrerlaubniskontrolle selbst haftungsrechtlich in Anspruch genommen zu werden.

Sascha  Kugler
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Die Pflicht zur Führerscheinkontrolle trifft den Halter eines Fahrzeuges. Doch wer steht unter welchen Voraussetzungen in der Halterverantwortlichkeit? Aus welchem Grunde muss der Halter Führerscheinkontrollen durchführen? Der Halterhaftung liegt – abweichend vom Grundsatz der Verschuldenshaftung – das Prinzip der Gefährdungshaftung zu Grunde. Das Gesetz geht hierbei von der Vorstellung aus, dass ein Kraftfahrzeug, wenn es in Betrieb genommen wird, eine Gefahrenquelle darstellt, die einen besonderen Schadensschutz erfordert.

Und es belastet den Halter des Kraftfahrzeugs mit der Schadenshaftung allein darum, weil es bei der Verfügungsgewalt, die er über das Fahrzeug besitzt, in seiner Hand gegeben ist, ob sich die mit der Verwendung des betriebsgefährlichen Fahrzeugs verbundenen Schädigungsmöglichkeiten verwirklichen können.

Zivilrechtliche Grundsätze der Halterhaftung

Nach § 7 Abs.1 StVG ist deshalb der Halter verpflichtet, dem Verletzten einen bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugen entstandenen Personen- oder Sachschaden zu ersetzen. Diese Norm regelt also Ansprüche gegen den Halter im Schadensfalle, definiert aber den Halterbegriff nicht ausdrücklich.

Häufig werden Halter und Fahrer identisch sein – das ist aber keineswegs zwingend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist Halter eines Fahrzeuges, wer das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die entsprechende Verfügungsgewalt hierüber besitzt (BGH, VersR 1992,437). Ohne Bedeutung für die Haltereigenschaft ist die Frage der straßenverkehrsrechtlichen Zulassung oder des Eigentums.

Diese Aspekte haben ausschließlich indizielle Wirkung. Vorrangiges Merkmal der Haltereigenschaft ist die Verfügungsgewalt, die bei nicht nur vorübergehender Verwendung des Fahrzeuges im eigenen Interesse gegeben ist und die überdies davon abhängt, wer über den Kraftfahrzeugeinsatz bestimmen kann. Wer also Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten selbst bestimmen kann, ist sogar dann Halter, wenn eine dritte Personen die fixen Kosten für den Fahrzeugunterhalt trägt.

Ansonsten ist die Kostentragung ein verlässlicher Indikator für das Vorliegen der Haltereigenschaft: Steuern, Versicherung, Treibstoffkosten, Reparaturen, Abschreibung für Abnutzung, Verzinsung des Anschaffungspreises. Diese Kosten sind in der Person zu sehen, bei der sie sich letztendlich wirtschaftlich auswirken (OLG Düsseldorf, NZV 1991,39). Bei steuerlich abzusetzenden Kosten ist dies grundsätzlich derjenige, der sie gegenüber dem Finanzamt geltend macht.

In der Regel steht also das Unternehmen selbst in der Halterverantwortung, das den Fuhrpark betreibt – es steht damit letztlich die Geschäftsführung des Unternehmens in der Halterverantwortlichkeit. Die Geschäftsführung kann jedoch ihre Halterverantwortung auf andere Personen wie einen Fuhrparkmanager übertragen und mit dieser Delegation der Halterverantwortlichkeit ihre eigene Haftung einschränken bzw. ganz ausschließen. Eine wirksame Pflichtendelegation hängt davon ab, ob die Geschäftsführung als Verantwortlichen eine zuverlässige, erprobte und sachkundige Person mit der Erfüllung der Halterpflichten ausdrücklich und zur Erfüllung in eigener Verantwortung beauftragt hat.

Aus Beweisgründen sollte eine solche Delegation von Halterpflichten stets ausdrücklich und schriftlich erfolgen. Einen solchermaßen in die Verantwortung genommenen Fuhrparkmanager treffen die Pflichten eines Fahrzeughalters unmittelbar und begründen zugleich nicht unerhebliche zivil- und strafrechtliche Haftungsrisiken. Droht bei Verletzung von Halterpflichten im zivilrechtlichen Bereich bei Schadenfällen „bloß" die Schadenersatzhaftung bis hin zu einem möglicherweise ruinösen Regress des Fuhrparkbetreibers gegen den Fuhrparkleiter, so können die strafrechtlichen Folgen der Missachtung von Halterpflichten nicht nur ins Geld gehen, sondern mit drohenden Freiheitsstrafen auch merklich in die persönliche Freiheit des Halterverantwortlichen einschneiden.

Strafrechtliche Aspekte der Halterhaftung

Das Führen von Kraftfahrzeugen steht unter einem generellen Erlaubnisvorbehalt. Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf nach § 2 StVG i.V.m. §§ 4 ff. FahrerlaubnisVO (FEV) einer Fahrerlaubnis und muss die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Dem entsprechend wird nach §21Abs.1 Nr. 2 StVG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer als Halter eines Kraftfahrzeuges anordnet oder zulässt, dass jemand ein Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeugs nach § 44 des Strafgesetzbuches oder nach § 25 StVG verboten ist.

Im Klartext bedeutet dies: lässt der Fuhrparkleiter einen Fahrer an das Steuer eines Fuhrparkwagens, obwohl dieser die dafür erforderliche Fahrerlaubnis von vornherein nicht besitzt, wegen einer Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr besitzt, oder wegen Verhängung eines Fahrverbots (§ 44 StGB,§ 25 StVG) nur zeitweise / vorübergehend von der Fahrerlaubnis keinen Gebrauchmachen darf, kann er als fuhrparkverantwortlicher Halter dafür strafrechtlich mit Geld- oder Freiheitsstrafe belangt werden.

Pflicht zur Führerscheinkontrolle – Umfang der Kontrolle

Der Halter eines Unternehmensfahrzeuges ist daher verpflichtet, sich vor der Überlassung des Fuhrparkwagens vom Vorliegen der gültigen Fahrerlaubnis des Fahrers zu überzeugen. Dieser Kontrollpflicht kann der Fuhrparkmanager nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes durch eine regelmäßige Kontrolle der Original-Führerscheine genügen. Der Fuhrparkleiter kann – und darf schon im eigenen Interesse – gerade nicht darauf vertrauen, dass ihn ein Fahrer vor Überlassung eines Fuhrparkwagens über einen gerade erfolgten Entzug der Fahrerlaubnis oder ein ihm erteiltes Fahrverbot unterrichtet, zumal dem Fahrer dann wegen dieses Umstandes selbst möglicherweise sogar der Verlust des Arbeitsplatzes droht.

Der Fuhrparkleiter muss sich zwar im Regelfall nicht vor Antritt jeder einzelnen Fahrt den Führerschein vorlegen lassen. Vielmehr ist es nach der Rechtsprechung völlig ausreichend, wenn der Halterverantwortliche des Unternehmens regelmäßige Stichproben durchführt. Dabei ist eine zweimalige Prüfungen pro Jahr angemessen und ausreichend – es sei denn, besondere Umstände – wie z.B. bekannte Alkoholprobleme eines Auslieferungsfahrers oder auch bekannte Sehstörungen – begründen im Einzelfall die Erforderlichkeit einer intensiveren Überprüfung des Führerscheins.

Ein paar praktische Tipps zum Schluss

Unter dem Gesichtspunkt der Beweisbarkeit einer durchgeführten Führerscheinüberprüfung ist zu empfehlen, dass der Fuhrparkleiter die Überprüfung des Führerscheins schriftlich und mit dem genauen Datum dokumentiert. Ansonsten könnte es sein, dass der Fuhrparkleiter trotz einer durchgeführten Führerscheinkontrolle noch in die Haftung gerät. Dabei schadet es nie, eine Fotokopie des vorgelegten Führerscheins zu den Unterlagen zu nehmen.

Anzumerken ist, dass der Fuhrparkleiter – sofern ihm dies durch sein Unternehmen gestattet ist – die entsprechende Führerscheinkontrolle seinerseits an eine Prüfungsorganisation delegieren kann. Dieses Recht sollte man sich durch sein Unternehmen möglichst schriftlich – eventuell sogar schon im Rahmen der Aufgabenbeschreibung für das Fuhrparkmanagement – bestätigen lassen. In Zweifelsfällen bietet sich aber immer auch die Rücksprache mit einem Rechtsanwalt an.

Sascha Kugler
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