Die Folgen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs bei einer Eigenbedarfskündigung

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Der Schadensersatzanspruch des Mieters gegen den Vermieter kann aufgrund eines später geschlossenen Räumungsvergleichs ausgeschlossen sein.

Ausgangslage: Vermieter kündigte wegen Eigenbedarf

Der Vermieter spricht eine Kündigung wegen Eigenbedarf aus. Der Mieter sieht keine Chancen für einen Verbleib in der Wohnung und zieht aus. Stellt sich später heraus, dass der Eigenbedarf des Vermieters nur vorgetäuscht war, kann der Mieter den Vermieter grundsätzlich auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Mögliche Schäden können z.B. Umzugskosten, die höhere Miete in der neuen Wohnung und sonstige zusätzliche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Umzug in die neue Wohnung sein.

Der entschiedene Fall:

Im vorliegenden Fall war der Mieter zunächst nicht ausgezogen, der Vermieter hatte ihn auf Räumung verklagt und im Prozess hatten die Parteien sich dann auf einen so genannten Räumungsvergleich geeinigt. Der Mieter verpflichtet sich zur Räumung, der Vermieter zahlte hierfür an den Mieter eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von € 2.400.-. Darüber hinaus verzichtete der Vermieter auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen und verpflichtete sich binnen 3 Monaten nach Räumung und Herausgabe über die Kaution abzurechnen. Weiter einigten sich die Parteien hinsichtlich noch offener Betriebskostennachforderungen auf die maximal zulässige Höhe des Einbehalts. Darüber hinaus verzichtete der Vermieter auf mögliche Schadensersatzforderungen wegen des unterbliebenen Auszugs im Zeitraum 30.11.2008 bis 30.06.2009. Die Parteien einigten sich letztlich auch darauf, dass gegen die Umzugskostenbeihilfe weder eine Aufrechnung noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden darf.

Eigenbedarf war vorgetäuscht

Später stellte sich heraus, dass der Eigenbedarf möglicherweise (vom Amtsgericht ausdrücklich offen gelassen) vorgetäuscht war. Der Mieter nahm den Vermieter auf Schadensersatz in Anspruch. Das Amtsgericht sah einen Schadensersatzanspruch als nicht gegeben an.

Ist der Räumungsvergleich als "Schlussstrich" zu werten entfällt der Schadensersatzanspruch

Das Amtsgericht München: Ob eine vergleichsweise Einigung zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zwischen vorgetäuschtem Eigenbedarf und dem bei dem Mieter eingetretenen Schaden führt, hängt … von den Umständen des Einzelfalls ab (OLG Frankfurt, 20 REMiet 1/93, Rn 17). Hierbei kommt es insbesondere darauf an, welchen Sachverhalt die Vertragsparteien "als feststehend zugrunde gelegt" haben, ob sie durch gegenseitiges Nachgeben nur den Streit hinsichtlich der Schlüssigkeit und der Beweisbarkeit des Eigenbedarfs oder auch den Streit darüber beseitigen wollten, ob die vom Vermieter behauptete Bedarfslage besteht und ob sie nur vorgetäuscht war. Nur in dem letzteren Fall kann in dem Abschluss des Vergleichs die Erklärung des Verzichts auf Schadensersatzansprüche durch den Mieter gesehen werden (OLG Frankfurt a.a.O.). (AG München, Urteil vom 13. Januar 2013 – 474 C 19752/11 –, juris).

Nach Auffassung des Amtsgericht ist entscheidend, ob die Parteien durch den Abschluss des Räumungsvergleichs einen "Schlussstrich" unter die bisherigen Vertragsbeziehungen gezogen haben, mit der Folge, dass der Mieter mit Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen wird, oder ob der Bestand des Eigenbedarfs gewissermaßen als "Geschäftsgrundlage" für die Räumungsbereitschaft des Mieters anzusehen ist, mit der Folge, dass der Vermieter auf Schadensersatz haftet, wenn der Eigenbedarf in Wirklichkeit nicht besteht (Blank/Börstinghaus, 3. Aufl., § 573 Rn 76 m.w.N.).(AG München, Urteil vom 13. Januar 2013 – 474 C 19752/11 –, juris)

Diese Voraussetzungen sah das Amtsgericht vorliegend nicht als gegeben an. Entscheidend war vorliegend wohl auch, dass der Mieter nunmehr gerade die Kosten, z.B. Umzugskosten, geltend machte für die er im Vergleich ausdrücklich eine „Umzugskostenbeihilfe" erhalten hatte.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Das Vortäuschen von Eigenbedarf ist immer gefährlich. Man riskiert letztlich später auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Auch wenn der Mieter im vorliegenden Fall unterlegen war, sollte man die Gefahr selbst dann nicht unterschätzen, wenn später ein Räumungsvergleich bei entsprechenden Zahlungen vereinbart wird. Es wird auch kaum sinnvoll sein, den Ausschluss späterer Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschtem Eigenbedarf in die Einigung aufzunehmen, da man damit quasi schon die Tat einräumt. Umgekehrt hätte im vorliegenden Fall der Mieter möglicherweise den Vergleich auch anfechten können. Damit wäre die Frage der wirksamen Beendigung des Mietverhältnisses wieder offen gewesen. Zudem hätte es auch sein können, dass der Mieter ganz andere Schäden geltend macht, die gerade mit den damals verglichenen Positionen nicht identisch sind. Gerade wenn die neue Wohnung erheblich teurer gewesen wäre, weil auf dem Wohnungsmarkt keine billigeren oder vergleichbaren Wohnungen zu beschaffen gewesen wären, hätte die Beurteilung möglicherweise auch anders ausfallen können.

Fachanwaltstipp Mieter:

Wer einen Räumungsvergleich schließt sollte immer vor Augen haben, dass er sich damit möglicherweise spätere Schadensersatzansprüche abschneidet. Wer dies nicht will, muss dies im Vergleich ausdrücklich zum Ausdruck bringen etwa durch die Formulierung: „Grundlage des Vergleichs ist die Behauptung des Vermieters, es bestünde an der Wohnung Eigenbedarf. Etwaige Schadensersatzansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs werden durch diese Vereinbarung nicht berührt."

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