Die Flutkatastrophe und ihre Folgen für Mietwohnungen

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Was bedeutet das Hochwasser für betroffene Mieter und Vermieter?

Die unvorstellbare Flutkatastrophe lässt die Menschen näher zusammenrücken. Jung und Alt, Klein und Groß, Arm und Reich packen derzeit zusammen an, um die Folgen des Hochwassers deutschlandweit möglichst gering zu halten.

Gerade aufgrund dieses Zusammengehörigkeitsgefühls bleibt zu hoffen, dass sich rechtliche Streitigkeiten über die Folgen der Flut im gemeinsamen Gespräch im Interesse aller Beteiligen, Mieter wie Vermieter, einvernehmlich lösen lassen. Dort, wo solche Gespräche allerdings nicht möglich sind oder aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis führen, scheint es für Vermieter und Mieter besonders wichtig zu sein, die gegenseitigen Rechten und Pflichten zu kennen. Hierbei zeigt sich, die Folgen des aktuellen Hochwassers sind in erster Linie von dem Vermieter zu schultern. Die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches billigen nämlich insbesondere dem Mieter einige Rechte zu, die unabhängig vom Verschulden einer der Vertragsparteien bestehen. Daher hat der Vermieter letztlich auch die Folgen von Naturereignissen zu tragen.

Maximilian A. Müller
Partner
seit 2007
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Rathausplatz 1
76829 Landau
Tel: 06341 - 91 777 7
Web: http://www.seither.info
E-Mail:
Aufenthaltsrecht, Internetrecht, Miet- und Pachtrecht, Wohnungseigentumsrecht

Die wichtigsten Fragen:

1. Wer muss die Wohnung wieder herrichten?

- Die klare Antwort: Der Vermieter!

Gemäß § 535 BGB ist der Vermieter dazu verpflichtet, die angemieteten Räume instandzusetzen. Hierzu gehört grundsätzlich, dass der Vermieter die Räumlichkeiten wieder in den Zustand versetzt, in denen sie sich vor dem Hochwasser befunden haben. Der Vermieter wird daher die unmittelbaren Folgen des Hochwassers auf eigene Kosten zu beseitigen haben. Insbesondere muss er dafür sorgen, dass die Wohnung wieder trockengelegt wird. Sofern notwendig, wird der Vermieter daher auch die Kosten für eine notwendige Renovierung zu übernehmen haben.

Umfasst von der Instandhaltungsverpflichtung sind hierbei sämtliche Einrichtungsgegenstände, die dem Mieter im Rahmen des Mietvertrages überlasen wurden. Sollten daher Einrichtungsgegenstände dem Mieter überlassen worden sein (z.B. eine Einbauküche oder evtl. auch sonstiges Mobiliar), so ist der Vermieter u.U. dazu verpflichtet, neues Inventar zur Verfügung zu stellen.

Der Mieter selbst muss hierbei nicht mithelfen, er hat die Reparaturarbeiten lediglich passiv zu dulden.

Eigentum des Mieters ist hingegen von der Instandsetzungsverpflichtung des Vermieters nicht betroffen. Hier muss der Mieter grundsätzlich selbst die Kosten der Reparatur oder Ersatzbeschaffung tragen. Der Mieter kann jedoch u.U. auf seine eigenen bestehenden Versicherungen zurückgreifen.

2. Darf der Mieter die Miete mindern?

- Ja!

Auch hier zeigt sich, dass die gesetzliche Regelungen für den Mieter vorteilhaft ist. Das Minderungsrecht gemäß § 536 BGB ist verschuldensunabhängig und entsteht daher auch dann, wenn der Vermieter - wie bei Hochwasser fast immer der Fall - für den konkreten Schaden nichts kann. Dennoch wird die Miete gemindert, sofern der Mieter den Vermieter über den konkreten Schaden informiert hat bzw. der Vermieter hiervon Kenntnis hatte.

Die Höhe der Minderung hängt hierbei von den Umständen des Einzelfalls ab und orientiert sich an dem Ausmaß der Beeinträchtigung. Ist die Wohnung aufgrund des eingedrungenen Wassers nicht mehr nutzbar, so kann die Mietminderung hierbei 100 % der monatlichen Miete betragen. Der Mieter hat also überhaupt keine Miete mehr zu zahlen.

Das Minderungsrecht besteht im Übrigen solange fort, wie die Wohnung nicht wieder vollständig instandgesetzt wurde. Auch während den Instandsetzungsarbeiten ist daher in der Regel eine Mietminderung berechtigt. Diese kann, gerade wenn dauerhaft Trocknungsgeräte aufgestellt werden müssen, noch immer erheblich sein.

Es ist davon auszugehn, dass den Vermietern im Wesentlichen der Zustand der Räumlichkeiten alleine aus der Medienberichterstattung bekannt ist. Daher dürfte in vielen Fällen auch ohne eine konkrete Rüge des Mieters gegebenenfalls eine rückwirkende Minderung in Betracht kommen.

3. Erhält der Mieter auch Schadensersatz?

- Im Grundsatz: Nein!

In der Regel wird der Mieter daneben keinen Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter haben. Denn ein solcher Anspruch setzt grundsätzlich ein Verschulden des Vermieters voraus. Allerdings dürfte ein Verschulden des Vermieters nur in ganz besonderen Ausnahmefälle vorliegen. So z.B. wenn der Vermieter gegen bauliche Vorschriften verstoßen und hierdurch zu einer Vergrößerung des Schadens beigetragen hat.

Allerdings ist zu beachten, der Mieter ist gemäß § 554 BGB dazu berechtigt, diejenigen Aufwendungen geltend zu machen, die den Mieter während den Instandsetzungsarbeiten belasten. Muss der Mieter z.B. während den Trocknungsarbeiten ein Hotelzimmer anmieten, da die Wohnung nicht mehr nutzbar ist, so kann der Vermieter im Einzelfall dazu verpflichtet sein, die Kosten einer Ersatzunterbringung zu übernehmen.

4. Kann der Mieter den Mietvertrag fristlos kündigen?

Diese Frage lässt sich weniger klar beantworten.

Das Gesetz sieht verschiedene Fallgruppen vor, wann dem Mieter eine fristlose Kündigung möglich ist. Unter anderem rechtfertigt eine erhebliche Gesundheitsgefährdung die sofortige Kündigung. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Wohnung durch Schlamm und Fäkalien belastet ist.

Auch ist eine Kündigung möglich, wenn die Wohnung auf absehbare Zeit nicht mehr genutzt werden kann.

Letztlich kommt es auch hier darauf an, wie stark die Wohnung beeinträchtig ist und innerhalb welchem Zeitraum eine Beseitigung der Schäden möglich ist. Mieter sollten auf alle Fälle dem Vermieter ein Frist zur Instandsetzung einräumen, bevor eine fristlose Kündigung tatsächlich ausgesprochen wird.

5. Und der Vermieter? Welche Rechte hat er?

Die vorstehenden Ausführungen zeigen bereits, dass es der Vermieter schwer hat. Er wird die finanziellen Folgen des Hochwassers nahezu alleine zu schultern haben. Für den Vermieter wird es daher entscheidend sein, die angebotenen Nothilfen in Anspruch zu nehmen und auf gegebenenfalls vorhandene Versicherungen zurückzugreifen.

Aufgund der beschriebenen mietrechtlichen Konsequenzen kann es für den Vermieter sinnvoll sein, seinerseits das Mietverhältnis zu kündigen. Dies ist nicht ausgschlossen. Insbesondere dann, wenn die Kosten der Instandsetzung die Mieteinnahmen um ein wesentliches Überschreiten und daher die "Opfergrenze" überschritten ist. So kann sich für den Vermieter die Möglichkeit ergeben, das Mietverhältnis zu kündigen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Immobilie vollständig zerstört oder aufgrund des Schadens kernsaniert werden soll.

Interessant kann es für den Vermieter ferner sein, die Instandsetzung mit einer weitergehenden Modernisierung zu verbinden. In Betracht kommen z.B. Maßnahmen für einen zukünftigen Hochwasserschutz oder aber auch sonstige Maßnahmen, die zur Energieeinsparung oder sonstigen Verbesserungen führen.

Der Vermieter ist hierbei dazu berechtigt, 11 % der Kosten auf die Jahresmiete umzulegen. Daher kann er einen Teil der aufgewendeten Kosten über eine Mieterhöhung dem Mieter auferlegen. Aufgrund der neuen gesetzlichen Regelung seit der Mietrechtsreform könnten entsprechende Maßnahmen möglicherweise sogar zu einem Ausschluss der Minderung während der baulichen Arbeiten führen. Vermieter sind hierbei allerdings gut beraten, wenn sie nach Möglichkeit eine Trennung zwischen der eigentlichen Reparatur/Instandsetzung und der darüber hinausgehenden Modernisierung herbeiführen. Dazu erstellen z.B. die ausführenden Handwerker zunächst zwei getrennte Kostenvoranschläge. So bleibt für den Vermieter nachweisbar, welche zusätzlichen Kosten als Modernisierung umgelegt werden können.

6. Die Folgen für Wohnungseigentümer

Bei vielen der betroffenen Wohnungen handelt es sich um Eigentumswohnungen. Auch hier stellt sich die Frage, wer für die Kosten der Instandsetzung aufzukommen hat. Hierbei ist zunächst wichtig, ein verschuldensunabhängiger Anspruch besteht auch hier nicht. Die Gemeinschaft hat daher nur dort für die Kosten einzustehen, wo entweder ein fehlerhaftes Verhalten der Gemeinschaft als Schadensursache zu erkennen ist oder aber wo tatsächlich Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Die Unterscheidung zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum wird hier sicherlich eine entscheidende Rolle spielen.

Die notwendigen Instandsetzungsarbeiten sind grundsätzlich mit einfacher Mehrheit zu beschließen. Weitergehende Moderniserungsmaßnahmen können ebenfalls mit einfacher Mehrheit zusätzlichen beschlossen werden, sofern die Kosten nicht aus dem Rahmen fallen.

Der Autor ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und berät Sie gerne deutschlandweit über Ihre Rechte im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe.

RA Maximilian A. Müller
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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Der vorstehende Artikel erhebt nicht den Anspruch, eine abschließende rechtliche Beratung darzustellen. Fragen, Lob, Kritik und sonstige Anregungen zu dem Artikel sind gerne gesehen.
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