Die Einkommensermittlung bei Selbständigen im Unterhaltsrecht

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Wie jeder andere Unterhaltsschuldner müssen auch Selbständige nach erfolgter Trennung vom Ehegatten bei entsprechend eigener Leistungsfähigkeit und gleichzeitiger Bedürftigkeit des anderen Ehegatten an diesen Unterhalt bezahlen.

Die Ermittlung der Leistungsfähigkeit bzw. des Bedarfs ist jedoch bei Selbständigen deutlich schwieriger als bei Arbeitnehmern. Bei letzteren wird in der Regel der Durchschnittsnettolohn der letzten 12 Monate oder des letzten abgelaufenen Kalenderjahres herangezogen und zur Grundlage der Unterhaltsberechnung gemacht.

Bei Selbständigen ist dies jedoch nicht möglich, da diese ja keinen festen Lohn beziehen. Hier ist vielmehr der Gewinn maßgeblich, welcher innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erwirtschaftet wird. Unterhaltsrechtlich stellt sich dabei die Frage, wie lang dieser Zeitraum bemessen und nach welchen Grundsätzen der Gewinn zu ermitteln ist.

Die Praxis der Rechtsprechung zeigt, dass es hier immer auf den Einzelfall ankommt. Es wurden von den höheren Gerichten jedoch im Laufe der Zeit einige Grundsätze aufgestellt, welcher jeder selbständige Unterhaltsschuldner kennen sollte, um seine unternehmerischen Entscheidungen hieran ausrichten zu können. Im folgenden werden die wichtigsten dargestellt:

  • Grundsätzlich wird der Durchschnittsgewinn der letzten drei abgelaufenen Kalenderjahre zur Grundlage der Unterhaltsberechnung gemacht. Im Einzelfall kann hiervon jedoch abgewichen werden und sowohl ein kürzerer Zeitraum, als auch ein längerer Zeitraum, in der Regel bis zu 5 Jahre, zugrunde gelegt werden. Auch können jüngere Jahre stärker gewichtet werden, als ältere.
  • Die Höhe des Gewinnes richtet sich zunächst nach der steuerrechtlichen Gewinnermittlung. Es können also als Grundlage die jeweiligen Steuerbescheide herangezogen werden. Der so ermittelte Gewinn kann jedoch im Einzelfall unterhaltsrechtlich zu korrigieren sein (s.u.).
  • Einkommensrelevante Ereignisse, welche im Zeitraum der Unterhaltszahlung nicht mehr zu erwarten sind, müssen bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens außer Betracht bleiben. Es ist eine Prognose anzustellen, wie sich das Einkommen in Zukunft während der Unterhaltszahlungen entwickeln wird. Hierfür wird zunächst das in der Vergangenheit erzielte Einkommen (in der Regel für die letzten drei Jahre) herangezogen. Dem Selbständigen obliegt es zu beweisen, dass der so ermittelte Einkommensdurchschnitt nicht der zukünftigen Einkommensentwicklung entspricht.
  • Die steuerrechtliche Gewinnermittlung ist auf Angemessenheit zu prüfen und ggf. zu korrigieren. Hier hält das Unterhaltsrecht für den Selbständigen die größten Überraschungen parat. Das Grundproblem liegt darin, dass dem Selbständigen steuerrechtlich ein relativ großer Gestaltungsspielraum verbleibt, welcher es ihm ermöglicht, in einzelnen Jahren den Gewinn deutlich zu senken, insbesondere durch Abschreibungen und Rücklagen. Der Selbständige wird hier unter den Generalverdacht gestellt, er würde sich im unterhaltsrelevanten Prüfungszeitraum bewusst „arm rechnen“. Hierbei schießt die Rechtsprechung oftmals über das Ziel hinaus und „rechnet“ den Selbständigen im Ergebnis „reicher“ als er ist. So gab es schon Urteile, in welchen pauschal die vom Selbständigen getätigten Entnahmen aus dem Betriebsvermögen als Gewinn zugrunde gelegt wurden, obwohl der steuerliche Gewinn deutlich darunter lag.

Fazit:

Unterhaltspflichtige Selbständige sollten sich nicht darauf verlassen, dass ihr steuerlicher Gewinn im Falle eines Unterhaltsprozesses tatsächlich der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt wird. Es ist stets damit zu rechnen, dass der Gewinn unterhaltsrechtlich höher, aber auch niedriger ausfallen kann. Dieses Risiko, aber auch diese Chance sollte bei jeder unternehmerischen Entscheidung beachtet werden.

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