Die Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch von Bearbeitungsgebühren

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Kreditvertrag und Bearbeitungsgebühr: Trotz Verjährung kann aufgerechnet werden

Aus mehreren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes geht hervor, dass die Erhebung eines Bearbeitungsentgeltes seitens der Bank bei der Kreditvergabe unzulässig ist. Den betroffenen Bankkunden stand dann ein Rückforderungsanspruch der Bearbeitungsgebühr gegen die Bank zu. Die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche endete jedoch am 31.12.2014, danach konnte die Bearbeitungsgebühr vom Kunden nicht mehr zurückgefordert werden.

Was die betroffenen Bankkunden jedoch häufig übersehen, ist, dass sie bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 215 BGB die Aufrechnung eines verjährten Rückzahlungsanspruches erklären können. Dazu muss sich der Bankkunde mit derselben Bank in einer laufenden Finanzierungsdarlehen- oder Kontokorrentbeziehung befinden.

Ulrich Schulte am Hülse
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Wie lautete die Entscheidung des Bundesgerichtshofes?

Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat in zwei Verfahren am 13.05.2014 entschieden, dass vorformulierte Bestimmungen über ein Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind. Diese Entscheidung betraf bereits abgewickelte Vertragsverhältnisse. Im Hinblick auf die Einrede der Verjährung wurde entschieden, dass die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist für früher entstandene Rückforderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen begann, weil Darlehensnehmern die Erhebung einer entsprechenden Rückforderungsklage nicht vor dem Jahre 2011 zumutbar war. Ausnahmsweise nämlich, so der Bundesgerichtshof, könne die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Daraus folgte, dass die Verjährung spätestens nach dem 31.12.2014 eintrat.

Wie sieht es mit der Verjährung der Rückforderungsansprüche aus?

Alle Rückforderungsansprüche aufgrund der im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2011 gezahlten Kreditbearbeitungsgebühren verjährten deshalb mit Ablauf des 31. Dezember 2014. Zeitlich danach geltend gemachte Ansprüche auf Erstattung sind aussichtslos, soweit die Bank die Einrede der Verjährung erhebt. Somit ist es mittlerweile nicht mehr möglich, die zu von der Bank zu Unrecht erhobenen Bearbeitungsgebühren zurückzufordern.

Kreditnehmer, die es versäumt haben, die zu Unrecht einbehaltene Bearbeitungsgebühr rechtzeitig verjährungshemmend einzufordern, müssen nicht zwingend auf einen Rückforderungsanspruch verzichten. Dies gilt jedenfalls dann, meint der Autor, sofern der Kredit, für den die Bank die Bearbeitungsgebühr erhoben hat, nach wie vor getilgt wird oder sofern sich der Kreditnehmer in einer laufenden Kontokorrentbeziehung mit dem Kreditnehmer befindet.

Was bezeichnet eine Kontokorrentbeziehung?

Die häufigste Art einer Kontokorrentbeziehung bei Privatpersonen ist der Dispositionskredit. Bei Unternehmen wird der Kontokorrentkredit als so genannter Betriebsmittelkredit eingesetzt, um Liquiditätsengpässe zwischen Gehaltszahlungstermin und Umsatzeingängen auszugleichen. Ob auch Darlehensnehmer von Betriebsmittelkrediten, somit Unternehmer, die Bearbeitungsgebühr zurückfordern können, ist bisher höchstrichterlich nicht entscheiden und deshalb die Rechtslage noch unklar.

Wann besteht beim Bankkunden die Möglichkeit der Aufrechnung?

Sofern der die Bearbeitungsgebühr betreffende Kredit noch bedient wird oder sich ein Verbraucher in einem bestehenden Kontokorrentverhältnis mit demselben Kreditgeber befindet, besteht unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit gegenüber Ansprüchen der Bank in Höhe des verjährten Anspruches auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr inklusive Verzinsung aufzurechnen. Nach § 215 BGB schließt die Verjährung die Aufrechnung und die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nicht aus, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet oder die Leistung verweigert werden konnte. Voraussetzungen einer wirksamen Aufrechnung sind die Gegenseitigkeit (jeweilige Identitätsgleichheit von Schuldner und Gläubiger) und die Gleichartigkeit (liegt beispielsweise vor, wenn sich zwei Geldforderungen in gleicher Währung gegenüberstehen) der gegenseitigen Ansprüche.

Welche Voraussetzungen hat ein Aufrechnungsanspruch?

Bei dem verjährten Anspruch auf Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr greifen die Voraussetzungen des § 215 BGB, wenn die Gegenforderung (= die eigene Forderung, mit der aufgerechnet werden soll) vollwirksam und fällig ist. Mit „vollwirksam und fällig" ist gemeint, dass es sich um eine Forderung handeln muss, deren Erfüllung erzwungen werden kann und der keine Einrede entgegensteht.

Die Hauptforderung (= die Forderung des Kreditgebers) muss dagegen nur erfüllbar sein. Erfüllbarkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an der Schuldner leisten darf; der Gläubiger also durch Nichtannahme der Leistung in Gläubigerverzug kommt. Soweit sich die Hauptforderung und die Gegenforderung der Höhe nach decken, erlöschen sie durch die erklärte Aufrechnung rückwirkend zu dem Zeitpunkt, als sie sich das erste Mal zur Aufrechnung geeignet gegenüber gestanden haben.

Wie ist die Lage bei der Aufrechnung mit dem verjährten Rückforderungsanspruch?

Der Kreditnehmer hat eine vollwirksame und fällige Gegenforderung in Form des Bearbeitungsentgeltes gegen den Kreditgeber. Die Erfüllung dieser Gegenforderung konnte erzwungen werden. Dies gilt zumindest bis zu dem Zeitpunkt, in dem diese Gegenforderung noch erfolgreich hätte eingeklagt und somit durchgesetzt werden können. Gegen Ansprüche der Bank aus Zeiträumen, zu denen die Bank selbst die Einrede der Verjährung wirksam erheben konnte, kann die Aufrechnung zwar nicht wirksam erklärt werden. Erfüllbarkeit liegt jedoch beim Kontokorrent regelmäßig vor, da der Kreditnehmer jederzeit den bereits in Anspruch genommenen Verfügungsrahmen aus dem Kontokorrentkredit wieder „glattstellen" oder reduzieren kann, indem er den aufgelaufenen Sollsaldo ganz ausgleicht oder wenigstens verringert, durch entsprechende eigene Verfügung reduziert (beispielsweise durch Bareinzahlung oder Anweisung vom Zweitkonto auf das Kontokorrentkonto) oder dadurch, indem ein Dritter für den Kreditnehmer schuldbefreiend eine entsprechende Anweisung vornimmt. Handelt es sich um den noch nicht getilgten Finanzierungskredit, für den die Bearbeitungsgebühr erhoben wurde, liegt ebenfalls eine Erfüllbarkeit vor, da noch Tilgungs- und Zinszahlungen ausstehend sind. Beachtet werden sollte aber, dass bislang noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt, bei der diese konkrete Konstellation zur Entscheidung anstand.

Dr. Ulrich Schulte am Hülse,
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