Die Anzeige- und Nachweispflichten des Arbeitnehmers bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit

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Im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit treffen den Arbeitnehmer verschiedene Informationspflichten, die er gegenüber dem Arbeitgeber und ggf. auch gegenüber der Krankenkasse erfüllen muss.

1. Anzeige der Arbeitsunfähigkeit

Damit der Arbeitgeber informiert ist und den Arbeitsablauf ausreichend planen kann, ist der Arbeitnehmer nach § 5 EntgeltfortzahlungsG verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Dies kann er telefonisch oder auch per Fax oder E-Mail machen. Es ist lediglich erforderlich, dass sie unverzüglich erfolgt. Der Arbeitnehmer hat im Normalfall Sorge zu tragen, dass der Arbeitgeber bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit während der üblichen Betriebszeit informiert wird, i.d.R. zu Arbeitsbeginn (BAG 31.08.1989 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 27). Tritt die Arbeitsunfähigkeit während eines Auslandsaufenthaltes ein, ist § 5 Abs. 2 EntgeltfortzahlungsG zu beachten. Insbesondere ist hier auch die gesetzliche Krankenkasse über die Arbeitsunfähigkeit und die voraussichtliche Dauer zu informieren.

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, muss er dem Arbeitgeber spätestens am vierten Tage zudem eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen, aus der die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit hervorgeht (§ 5 Abs. 1 EntgeltfortzahlungsG). Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als ärztlich attestiert, muss er eine weitere ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) beibringen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung auch früher zu verlangen.

Kommt der Arbeitnehmer diesen Anzeige- und Nachweispflichten nicht nach, kann dies den Arbeitgeber nach vorheriger Abmahnung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen. Darüber hinaus steht dem Arbeitgeber bei einer nicht rechtzeitigen Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein Leistungsverweigerungsrecht zu, d.h. er ist berechtigt, bis zur Vorlage der ärztliche Bescheinigung, die Entgeltfortzahlung zu verweigern.

2. Arbeitgeberseitige Zweifel an der Richtigkeit der attestierten Arbeitsunfähigkeit

Der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt regelmäßig ein hoher Beweiswert zu. Sie trägt grundsätzlich den Anschein in sich, dass der attestierte Inhalt auch richtig ist. Hat der Arbeitgeber Zweifel, dass der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig krank ist und damit Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, muss er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch Anhaltspunkte für das Gegenteil widerlegen. Dies ist durchaus problematisch, da je nach Krankheit der Arbeitnehmer zwar arbeitsunfähig sein kann, jedoch dadurch nicht automatisch in der Verrichtung bestimmter Tätigkeiten eingeschränkt sein braucht.
Wird der "krankgeschriebene" Arbeitnehmer z.B. im Kino oder in einem Restaurant beobachtet, kann hieraus noch nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit vortäuscht. Es kommt daher schon auf die Art der Erkrankung an, die der Arbeitgeber jedoch in der Regel nicht kennt und nicht erfragen kann. Entscheidend sind daher jeweils die Umstände des Einzelfalles. Z.B. kann es bei Depressionen zu Gesundung sogar auf ärztlichen Rat hin angezeigt sein, Sport zu treiben oder sich anderweitig aktiv zu betätigen.
Anhaltspunkte, die die Zweifel im Einzelfall belegen können, sind z.B. wenn die Krankheitstage auffällig immer auf einen Montag oder Freitag fallen, der Arbeitnehmer einer weiteren Erwerbstätigkeit in der Phase der Arbeitsunfähigkeit nachgeht oder der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit gar angekündigt hat.

Lässt sich tatsächlich feststellen, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hat, kann dies den Arbeitnehmer unter Umständen sogar zur außerordentlichen Kündigung berechtigen. Der Arbeitnehmer läuft in dieser Situation zudem Gefahr, dass etwaiges im Rahmen der Entgeltfortzahlung während der „Arbeitsunfähigkeit“ gezahltes Gehalt zurück zu zahlen ist.

3. Der Übergang von Ansprüchen auf Arbeitgeber nach dem EntgeltfortzahlungsG

Das Entgeltfortzahlungsgesetz schützt den Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit für eine bestimmte Zeit vor dem Verdienstausfall. Wurde die Arbeitsunfähigkeit z.B. durch ein Schadensereignis herbeigeführt, für das ein anderer als der Arbeitnehmer die Verantwortung trägt, bestimmt § 6 EntgeltfortzahlungsG, dass der etwaige Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers (der grundsätzlich auf Ersatz des Verdienstausfalls gerichtet ist), auf den Arbeitgeber übergeht, da dieser durch die Entgeltfortzahlung letztlich den Schaden trägt.

Dementsprechend hat der Arbeitnehmer nach § 6 Abs. 2 EntgeltfortzahlungsG die Pflicht, dem Arbeitgeber unverzüglich die zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlichen Angaben zu übermitteln. Hierzu diesen Angaben gehören insbesondere die Benennung der schädigenden Person, Beschreibung des Schadensereignisses, Zeit und Ort des Ereignisses.

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