Der Zugang zum Gymnasium

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Der Zugang zu einem staatlichen Gymnasium ist mitunter nicht einfach. Die Aufnahme setzt bereits in vielen Bundesländern eine entsprechende Schullaufbahnempfehlung oder eine erfolgreiche Eignungsfeststellung voraus. Eine weitere Hürde stellt in der Praxis jedoch immer häufiger der Kapazitätsgesichtspunkt dar. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG Sachsen) hatte sich jüngst in seinem Beschwerdeverfahren vom 08.12.2009 (Az. 2 B 316/08) auseinanderzusetzen. Es hat dabei einige Grundsätze aufgestellt, die bei der Vergabe zu beachten sind, wenn die Kapazitäten nicht ausreichen.

1. Das OVG Sachsen hat zunächst klargestellt, dass es dem Schulleiter obliege, in einem Auswahlverfahren zu entscheiden, welche der Bewerber die freien Plätze erhalten sollen. Dabei muss der Gleichheitsgrundsatz beachtet werden. Insbesondere müssen die Auswahlkriterien sachgerecht sein. Für jede einzelne Differenzierung muss sich ein sachlicher Grund finden lassen.

Thomas Herz
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2. Die vom Schulleiter festgesetzten Kriterien müssen eine klare Reihenfolge und - sofern sie kombiniert angewandt werden sollen - eine klare Gewichtung aufweisen.

3. Sachgerechte Kriterien sind neben dem Zufallsprinzip zum Beispiel die Berücksichtigung von Härtefällen, die zeitliche Dauer des Schulweges und die vorrangige Berücksichtigung von Geschwisterkindern. Sachlich nicht zu rechtfertigen ist dagegen die Berücksichtigung von Zweitwünschen bei der Entscheidung über den Erstwunsch.

4. Nimmt die Schule entgegen gesetzlicher Zugangsregelungen Schüler auf, so verkürzt sie den Zugangsanspruch anderer Bewerber und muss diese zusätzlich aufnehmen und zwar bis an die Grenze der Funktionsfähigkeit der Schule. Zusätzliche Plätze, die als Ausgleich für rechtswidrig vergebene Plätze bereit gestellt werden müssen, sind an diejenigen Bewerber zu vergeben, die ihre rechtswidrige Abweisung nicht hingenommen haben.

5. Jede Verweigerung der gymnasialen Laufbahn stellt einen Eingriff in Grundrechte dar. Dieser ist ohne eine gesetzliche Regelung nicht möglich. Ob die Rechtsmeinung des OVG Sachsen, wonach für den Eingriff in das Erziehungsrecht der Eltern einerseits und in die Ausbildungsfreiheit des Kindes andererseits tatsächlich keine gesetzliche Regelung erforderlich sei, welche die Kriterien für die Aufnahme verbindlich regele, erscheint sehr fragwürdig. Es gibt andere Verwaltungsgerichte, welche diese Frage anders beurteilen.

6. Zum Gebot der Kapazitätserschöpfung ist an letzter Stelle noch etwas wichtiges festzuhalten. Ähnlich wie eine Hochschule ist die Schulbehörde verpflichtet, bestehende Kapazitäten auszulasten. Wenn die Schulbehörde einen Kapazitätsengpass behauptet, muss sie ihn darlegen und begründen. Fehlt es bereits daran, ist der Schüler allein deshalb aufzunehmen. Die Berufung auf einen räumlichen Engpass sollte immer Anlass zu einer weiterer Prüfung geben.

Fazit: Die Ablehnung der Aufnahme auf ein Gymnasium – auch auf ein Wunschgymnasium mit einem bestimmten Schwerpunkt – sollte immer kritisch hinterfragt werden. Nicht wenige Fälle können hier mit Hilfe einer versierten anwaltlichen Vertretung erfolgreich gelöst werden. Sollte die Schulbehörde nicht einlenken, muss das Verwaltungsgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes angerufen werden. Übrigens hatte das OVG Sachsen die Schulbehörde verpflichtet, den Sohn des Klägers in das Wunschgymnasium aufzunehmen. Dies deshalb, weil die Schulbehörde über den Erstwunsch unter Berücksichtigung des (im vorliegenden Fall erfüllbaren) Zweitwunsches entschieden hatte. Dies sei kein sachgerechtes Kriterium. Es benachteilige Schüler, deren Eltern, nur um das entsprechende Formular vollständig auszufüllen, einen Zweitwunsch angegeben haben, gegenüber den Schülern, deren Eltern keinen Zweitwunsch angegeben haben.

Rechtsanwalt Thomas Herz

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