Der Widerrufs-Joker: Zum nachträglichen Widerruf von Kreditverträgen

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Sollten Sie nach dem 01.11.2002 ein Darlehen etwa zur Finanzierung eines Hauskaufs aufgenommen haben, können Sie möglicherweise vom so genannten Widerrufsjoker Gebrauch machen

Mit dem Widerrufs-Joker ist es Ihnen möglich, auch heute noch einen bereits vor vielen Jahren abgeschlossenen Darlehensvertrag ohne Vorfälligkeitsentgelt zu widerrufen, ein neues Darlehen zur Finanzierung der verbliebenen Restschuld aufzunehmen und somit vom derzeitigen Rekordtief der Bauzinsen zu profitieren. Die hierdurch zu erzielenden Zinsersparnisse belaufen sich abhängig von den Umständen des Einzelfalls schnell auf einige zehntausend Euro.

Zum rechtlichen Hintergrund des Widerruf-Jokers

Seit dem 01.11.2002 sind die kreditgebenden Banken verpflichtet, Verbraucher bei Abschluss eines Kreditvertrags über das den Verbrauchern gesetzlich zustehende Widerrufsrecht zu belehren. Danach ist es Verbrauchern möglich, einen abgeschlossenen Kreditvertrag binnen einer Frist von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Ein bereits abgeschlossener Darlehensvertrag wird nach erfolgtem Widerruf rückabgewickelt, d.h. die beiderseits empfangenen Leistungen müssen jeweils zurückgegeben werden.

Jörg Halbe
Partner
seit 2006
Rechtsanwalt
Hohenstaufenring 44-46
50674 Köln
Tel: (0221) 3500 67 80
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E-Mail:
Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Existenzgründungsberatung, Vertragsrecht

Belehrt der Kreditgeber den Kreditnehmer insoweit bei Vertragsschluss falsch, unzureichend oder sonst wie fehlerhaft, ohne dabei eins-zu-eins auf die vom Gesetzgeber bereitgestellte Muster-Widerrufsbelehrung zurückgegriffen zu haben, beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen, mit der Folge, dass der Kreditnehmer den Darlehensvertrag auch Jahre nach Vertragsschluss, gleichsam „bis in alle Ewigkeit", widerrufen kann. Fehlerhaft ist die Widerrufsbelehrung zum Beispiel dann, wenn

- die Widerrufsbelehrung entgegen der gesetzlichen Anforderungen keinen Hinweis auf die ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten enthält,

- die Belehrung über die Widerrufsfolgen zumindest unvollständig ist, sich etwa über die Widerrufsfolgen für den Darlehensgeber ausschweigt,

- die Belehrung von der Muster-Widerrufsbelehrung abweichende, ergänzende Formulierungen enthält, die für den Kreditnehmer verwirrend und unverständlich sind,

- unzutreffend oder unverständlich über den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist belehrt wird,

- das Kreditinstitut gesetzliche Gestaltungshinweise in der Belehrung aufgeführt hat, die für den konkreten Vertrag nicht einschlägig waren,

- auf veraltete Muster zurückgegriffen oder auf überholte Rechtsvorschriften verwiesen wurde.

Weicht die verwendete Widerrufsbelehrung noch dazu inhaltlich oder gestalterisch von der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Muster-Widerrufsbelehrung des Gesetzgebers ab, bewirkt ein jeder dieser Fehler, dass die 14-tägige Frist, binnen der der Darlehensvertrag widerrufen werden kann, nicht in Gang gesetzt wurde. Sie können den Darlehensvertrag in diesem Fall auch noch nach Jahren gemäß §§ 495, 355 BGB widerrufen, ohne dass von Ihnen eine Vorfälligkeitsentschädigung an den Kreditgeber zu zahlen wäre.

Ausübung des Widerrufs

Holen Sie sich zunächst vor der Ausübung des Widerrufrechts bei einem Baufinanzierer Ihrer Wahl ein annahmereifes Angebot für die Umschuldung Ihrer Darlehen ein (die Umschuldung erstreckt sich in der Regel auf die aus dem alten Darlehensvertrag noch offene Restschuld). Erst wenn Ihnen ein solches Angebot vorliegt, widerrufen Sie den alten Darlehensvertrag.

Der Widerruf sollte schriftlich, am besten per Einschreiben, erklärt werden. Hierbei sind wir Ihnen gerne behilflich.

Widerrufsfolgen

Nach dem erfolgten Widerruf müssen Sie Ihrem alten Darlehensgeber innerhalb von 30 Tagen die damals aufgenommene Darlehenssumme zuzüglich der bis dahin angelaufenen marktüblichen Zinsen überweisen. Dieser Betrag wird mit den von Ihnen bereits geleisteten Ratenzahlungen, die Ihnen Ihr alter Kreditgeber - ebenfalls marktüblich verzinst – zurückzuzahlen hat, verrechnet. So der vertraglich vereinbarte Zinssatz für vergleichbare Darlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses marktüblich war, wäre von Ihnen also im Ergebnis nach Verrechnung ein Betrag in Höhe der verbliebenen Restschuld ohne Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen. Diese Restschuld finanzieren Sie dann entsprechend des von Ihnen zuvor eingeholten Angebots zu mitunter weitaus günstigeren Zinskonditionen. Der dadurch zu erzielende Zinsvorteil liegt auf der Hand.

Fazit

Die Überprüfung der von Ihrer kreditgebenden Bank verwendeten Widerrufsbelehrung kann sich lohnen. Erweist sich diese als fehlerhaft und weicht diese noch dazu von der zum Zeitpunkt des Vertragsschluss geltenden Muster-Widerrufsbelehrung ab, können Sie Ihren alten Darlehensvertrag widerrufen und Ihre vor Jahren erworbene Immobilie nachträglich zu den historisch günstigen Konditionen von heute finanzieren.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die in Ihrem Kreditvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, ist dabei im Übrigen sehr groß. Nach Angaben der Verbraucherzentrale Hamburg sind rund 80 % aller ab 2002 geschlossenen Kreditverträge von fehlerhaften Widerrufsbelehrungen, die den Kreditnehmer zum späten Widerruf berechtigen, betroffen. Daher empfiehlt es sich grundsätzlich, jeden nach dem 01.11.2002 abgeschlossenen Baufinanzierungsvertrag von einem mit der Problematik vertrauten Anwalt im Hinblick auf eine etwaig noch bestehende Widerrufsmöglichkeit überprüfen zu lassen.

Hierfür stehen wir unseren Mandanten deutschlandweit zur Verfügung. Die Überprüfung Ihrer Widerrufsbelehrung erfolgt innerhalb einer Woche zu einem vorher vereinbarten günstigen Pauschalhonorar. Gerne sind wir Ihnen zudem bei der Erstellung Ihrer Widerrufserklärung behilflich oder erklären den Widerruf gleich ganz für Sie. Eine entsprechende Anfrage ist selbstverständlich für Sie unverbindlich und kostenfrei.

WAGNER HALBE Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Jörg Halbe, LL.M. oec.
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Leserkommentare
von row1960 am 12.12.2014 05:23:13# 1
JA, wir haben Widerrufen und Recht bekommen. Nur ist keine Bank bereit, uns die Darlehenssumme zur Verfügung zu stellen. Wer gegen eine andere BAnk geklagt hat wg. der Widerrufsklausel, bekommt hier kein Geld mehr von anderen Banken. So ist die Realität!
    
von shine83 am 12.12.2014 06:34:43# 2
Der Hinweis von row1960 ist sicherlich einer der entscheidenden Punkte bei dieser Sache.
Und wie wurde die Sache bei Ihnen gelöst?
Würden Sie es dennoch wieder tun sodass man sagen könnte der ganze Aufwand lohnt sich trotzdem? Ist das einzig durch das Zusammenhalten der Banken untereinander begründet?
    
von row1960 am 12.12.2014 06:40:34# 3
Ja, die Banken haben sich abgespochen, zumindest hier in Rheine. Erst die Zusage von der Sparkasse, eine Woche später die Ablehnung mit der Begründung, keine Bank hier gibt ihnen Geld, wenn sie so vorgehen. DAs war dann auch so.Wir mussten den Kredit bei der Commerzbank behalten zu den horrenden ZInsen .
    
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