Der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung

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Gerade in Zeiten der Finanzkrise stehen mehr Unternehmen als üblich vor der Überschuldung. In einer solchen Situation stellt sich für die Verantwortlichen die Frage, ob man einen Insolvenzantrag stellen soll oder muss. Tut man dies nicht, droht schlimmstenfalls sogar ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO. Prominentes Beispiel ist zur Zeit der FC Schalke 04. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, wurde gegen den Präsident und Finanzvorstand des Clubs ein Ermittlungsverfahren eingeleitet (vgl. Meldung bei Spiegel Online: http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,660297,00.html)

Grund genug, sich einmal mit den Voraussetzungen der Strafbarkeit auseinander zu setzen:

Christian Fuchs
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Die Insolvenzverschleppung ist heute in § 15a InsO geregelt. Diese zentrale Regelung löst damit die verstreuten Regelungen aus den einzelnen Gesellschaftsrechtsgebieten (§ 130a HGB a.F., § 130b HGB a.F., § 82 GmbHG a.F.) ab. Die Neuregelung ist rechtsformübergreifend gilt also für die OHG genauso wie für die KG und die GmbH.

Täter:

Taugliche Täter sind nach wie vor die Geschäftsführer und die sogenannten „faktischen Organpersonen", das heißt diejenigen, die zwar nicht zum Geschäftsführer bestellt sind, aber rein faktische eine beherrschende Stellung in der Gesellschaft einnehmen. Bei mehreren Geschäftsführern ist jeder einzelne zur Stellung des Insolvenzantrages verpflichtet. Soweit die Gesellschaft führungslos ist (also keinen Geschäftsführer hat), kommen auch die Gesellschafter als Täter in Betracht.

Neu ist, dass nunmehr auch ausländische Gesellschaften erfasst sind. Damit kann z.B. auch der „director" einer englischen Limited Täter einer Insolvenzverschleppung sein. Bei der Führungslosigkeit einer Auslandsgesellschaft sind die Gesellschafter aber nicht verantwortlich, da § 15a Abs. 3 nur auf die GmbH, die Genossenschaft und die AG abstellt.

Tathandlung:

Tatbestandsmäßig handelt, wer einen Insolvenzantrag gar nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt. Nicht richtig gestellt ist ein Insolvenzantrag, der beispielsweise ohne Unterlagen oder unter Verstoß gegen § 13 Abs. 1 InsO nicht schriftlich gestellt wird. Auch wenn das nach § 13 Abs. 3 InsO verlangte Formular nicht benutzt wird, kann man dies annehmen. Nicht rechtzeitig bedeutet, dass die Frist des § 15 Abs. 1 InsO überschritten wurde. Danach muss der Insolvenzantrag „ohne schuldhaftes Zögern" spätestens aber 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt sein.

Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung

Dies führt zu den zentralen Begriffen bei der Insolvenzverschleppung. Die Frage ob Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist, entscheidet darüber ob eine Insolvenzverschleppung vorliegt oder nicht.

Zahlungsunfähig ist nach § 17 Abs. 2 InsO, wer nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Die Zahlungsunfähigkeit wird festgestellt durch eine Gegenüberstellung der aktuellen fälligen Verbindlichkeiten und den liquiden Mitteln des Schuldners. Es ist auf eine Zeit raum illiquidität abzustellen, wobei der maßgebliche Zeitraum 2 bis 4 Wochen beträgt.

Der Überschuldungsbegriff ist etwas schwieriger zu fassen, auch weil er in letzter Zeit geändert wurde.

In der ursprünglichen Fassung des § 19 InsO lag eine Überschuldung bereits vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckte. Selbst wenn die Prognose für die Fortführung des Unternehmens positiv war, konnte eine Überschuldung nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz wurde diese Definition jedoch entschärft. Für Taten die nach dem 18.10.2008 begangen wurden, liegt Überschuldung nur dann vor, wenn eine Unterdeckung vorliegt und keine positive Fortführungsprognose. Die Fortführungsprognose fällt positiv aus, wenn nach überwiegender Wahrscheinlichkeit die Finanzkraft des Unternehmens mittelfristig zur Fortführung ausreicht. Diese Regelung galt zunächst bis zum 31.12.2010 wurde aber kürzlich bis zum 31.12.2013 verlängert. Ob danach wieder zum restriktiven Überschuldungsbegriff zurückgekehrt wird, darf zumindest bezweifelt werden.

Strafe:

Wer nach den vorgenannten Ausführungen eine Insolvenzverschleppung begangen hat, kann nach § 15a Abs. 4 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Bei Fahrlässigkeit liegt der Strafrahmen nach § 15a Abs. 5 bei bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Fazit:

In Zeiten der wirtschaftlichen Schieflage von Gesellschaften ist immer auch an die Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung zu denken. Trotz der Entschärfung beim Überschuldungsbegriff ist zu beachten, dass die Insolvenzantragsfrist mit drei Wochen sehr kurz bemessen ist. Die Geschäftsführer aber auch die anderen Verantwortlichen sind daher gut beraten, sich über die wirtschaftliche Lage „Ihres" Unternehmens regelmäßig zu informieren und bei Bedenken zumindest rechtlichen Rat einzuholen. Wenn die Voraussetzungen eines Antrages vorliegen, hilft es dem Verantwortlichen nicht, wenn er bis zum Schluss an sein Unternehmen geglaubt hat.

 

Dr. Christian Fuchs

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