Der "Ladendiebstahl"

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Der Tatbestand des Diebstahls

Der Beitrag gewährt einen ersten Überblick über das weit verbreitete Delikt des Ladendiebstahls, seine Voraussetzungen und die Situation bei der Kontrolle an der Kasse.

Der Ladendiebstahl ist zunächst grundsätzlich ein Fall des Diebstahls und somit in § 242 StGB geregelt.

Matthias Düllberg
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Nach dieser Vorschrift wird die Wegnahme einer fremden, beweglichen Sache in Zueignungsabsicht mit Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren, oder mit Geldstrafe bestraft. Soweit durch besonders geschickte Täuschung, eben diese Wegnahme nicht erfolgte, da die Ware irrtumgsbedingt herausgegeben wurde, ist der Tatbestand nicht erfüllt. In den Fällen liegen aber die Voraussetzungen des Betruges (§ 263 StGB) vor, welche angesichts des Strafmaßes dieselbe Konsequenz haben wird.

Im Regelfall wird es sich bei dem Ladendiebstahl aber tatsächlich um einen solchen, also um eine Wegnahme handeln.

Zunächst muss erläutert werden, was überhaupt unter den Begriff des Diebstahls fällt.

Die bereits erwähnte Wegnahme ist objektiv die entscheidende Voraussetzung. Diese liegt - vereinfacht dargestellt - dann vor, wenn die entwendete Sache tatsächlich in den Herrschaftsbereich des Wegnehmenden gelangt und dem eigentlichen Eigentümer der Gewahrsam daran entzogen wird.

Einleuchtend ist dies bei eingesteckten Waren, die bereits durch den Kassenbereich geschafft wurden. Immer wieder wird aber die Frage aufgeworfen, ob bereits zuvor schon ein Diebstahl vorliegen kann. Nicht selten warten Kaufhausdetektive nicht ab, bis der Kassenbereich passiert wurde und häufig soll dies dann der Ansatzpunkt sein, um sich gegen den erhobenen Vorwurf mit dem Argument zu verteidigen, man habe ja bezahlen wollen. Gerade bei Ladendiebstählen ist diese Argumentation aber regelmäßig gerade nicht so ohne weiteres möglich. Der Bundesgerichtshof hat sich nämlich darauf festgelegt, dass der für die Wegnahme einer Sache erforderliche Gewahrsamsbruch bereits dann vorliegt, wenn eine leicht zu verbergende Sache derart in die körperliche Sphäre verbracht wird, dass es dem eigentlich Berechtigten bereits jetzt nicht mehr möglich ist, auf sie zuzugreifen, ohne in eben diese Sphäre einzudringen (BGH 26, 24). Dies kann zum Beispiel angenommen werden, wenn kleine Gegenstände in die Tasche gesteckt, oder in größeren Taschen und Rucksäcken verborgen werden, oder wenn Kleidungsstücke unter der eigenen Kleidung verborgen werden.

Von diesem Ansatz ausgehend ist die Wegnahme bereits in dem Moment, also noch weit vor passieren der Kasse begangen und der Diebstahl wäre bereits vollendet.

Im Zeitpunkt der Wegnahme muss aber zudem eine sogenannte Zueignungsabsicht vorliegen, die über den bloßen Vorsatz hinausgeht. An dieser kann es in den oben beschriebenen Fällen mangeln, so dass trotz tatbestandlicher Wegnahme kein Diebstahl vorliegt.

Es muss an dieser Stelle jedoch auf zwei wichtige Aspekte hingewiesen werden. Zum einen ist der Nachweis subjektiver Elemente, wie dieser Zueignungsabsicht, innerhalb eines Prozesses erheblich von der Beweiswürdigung des Gerichts abhängig, welches gezielt nach Anhaltspunkten suchen wird, die das vorgeworfene Verhalten von „normalem" Verhalten beim Einkauf unterscheidet. Zum anderen darf nicht verkannt werden, dass Ladendetektive und Personal sich der Problematik durchaus bewusst sind und ihrerseits gezielt entsprechende Hinweise im Protokoll, oder Vermerken festhalten.

Wer angesichts der Wegnahme einen Verdacht vermeiden möchte, sollte tunlichst für den Einkauf Körbe und Wagen des Supermarktes, oder Kaufhauses zurückgreifen, zumindest aber offene und stets einsehbare Behältnisse nutzen.

Der Strafantrag

Gemäß § 248a StGB wird der Diebstahl geringwertiger Sachen nur auf Antrag verfolgt, oder bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses. Diese Grenze zur Geringwertigkeit ist fließend und unter anderem von der generellen Preisentwicklung abhängig. Derzeit liegt sie bei Werten um ca. 30,00 €, bis 50,00 €.

Das Antragserfordernis hat praktisch einen vergleichsweise geringen Stellenwert, da derartige Strafanträge überwiegend bei jedem Ladendiebstahl gestellt werden.

Der besonders schwere Fall des Diebstahls

Zu einem besonders schweren Fall wird der Diebstahl gemäß § 243 StGB unter anderem dann, wenn eine Sache entwendet wurde, die durch besondere Maßnahmen vor Wegnahme gesichert war. Dies kann eine Rolle spielen, wenn z.B. eingeschlossene, oder durch eine Kette gesicherte Elektrogeräte entwendet werden. In diesen Fällen ist der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von mindestens 3 Monaten bis zu 10 Jahren erhöht.

Die weiteren Alternativen des § 243 StGB bleiben im Rahmen dieses Artikels unberücksichtigt, da sie für einen Ladendiebstahl weitestgehend irrelevant sein dürften.

Der räuberische Diebstahl

Hin und wieder kommt es zu Situationen, in denen der „einfache" Ladendiebstahl darüber hinaus zu einem räuberischen Diebstahl nach § 252 StGB wird. Dieser wird nach dem für Raub bestehenden Strafmaß mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft und ist insoweit ein Verbrechenstatbestand.

Erforderlich hierfür ist, dass der ertappte Dieb sich durch Gewalt im Besitz der Beute zu halten sucht. Dies wird vor allem in den Fällen vorkommen, in  welchen Kaufhausdetektive tätlich angegriffen werden, weil z.B. die Kontrolle nach Passieren der Kasse vorgenommen wird und der Täter glaubt, so kurz vor dem Ausgang, könne er durch einen „Rempler" relativ sicher entkommen.

Angesichts der hohen Strafandrohung ist hiervon dringend Abstand zu nehmen. Auch wenn hier hinsichtlich der Beutesicherungsabsicht mitunter gute Verteidigungschancen bestehen, kommt es mitunter zu Verurteilungen.

Die Kontrolle

Wenn nun weitestgehend umrissen ist, welche Handlunge im Rahmen des Diebstahls in welcher Form relevant werden, muss die Situation des Ergreifens beleuchtet werden.

Supermärkte und Kaufhäuser gehen mehr und mehr dazu über, sich von Ihren Kunden mitgebrachte Taschen offen präsentieren zu lassen. Wenn man nach einer Begründung fragt, wird man zumeist auf die AGB des Kaufhauses, oder entsprechende Hinweisschilder verwiesen. Detektive argumentieren ebenfalls gern in diese Richtung und schaffen somit zuweilen eine allgemeine Kontrollsituation.

Derartige verdachtsunabhängige Kontrollen sind rechtlich nicht zulässig. Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie die Tasche öffnen wollen, um ggf. zu beweisen, dass Sie nichts entwendet haben. Sollte jedoch ein hinreichend starker Verdacht (die Anforderung hieran sind sehr hoch) bestehen, darf der Verdächtige im Rahmen des jedermann zustehenden Festnahmerechts nach § 127 Absatz 1 StPO allerdings festgehalten werden, bis die Polizei, die eine verdachtsabhängige Personenkontrolle durchführt, eintrifft.

Kontrolle auf der Straße

Aufgrund des gerade angesprochenen Festnahmerechts darf unter dessen Voraussetzungen jedermann einen Verdächtigen verfolgen und dementsprechend auch auf der Straße stellen. Eine Argumentation mit dem bereits passierten Kassenbereich ist insoweit meist wenig erfolgversprechend und sollte vermieden werden.

Fangprämie

Zumeist wird bei einem vorliegenden Diebstahl eine Fangprämie gefordert.

Bei dieser handelt es sich zunächst einmal um einen zivilrechtlichen Anspruch, welcher pauschal bemessen und regelmäßig bis zu einer Höhe von 50 € als angemessen erachtet wird. Jedenfalls ist er aber durch den Wert der Ware begrenzt. Da es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch handelt, kann die Zahlung vor Ort folgenlos verweigert werden. Hieran wird auch durch anderslautende Hinweisschilder nichts geändert. Dies sollte vor einer voreiligen Zahlung berücksichtigt werden. Es bietet sich an, zunächst einmal den Anspruch zu überprüfen.

Hausverbot

Regelmäßig wird über diese Fangprämie hinaus ein Hausverbot gegen den ertappten Dieb ausgesprochen. Ob an der Rechtmäßigkeit dieses Verbotes Zweifel bestehen, kann im Nachgang geprüft werden. Bis diese ausgeräumt sind, empfiehlt es sich aber, während der Dauer des Hausverbotes das Geschäft zu meiden, um dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) aus dem Wege zu gehen.

Das Verfahren

Wenn Sie mit dem Vorwurf des Ladendiebstahls konfrontiert werden, steht wie so oft die Frage im Raum, ob ein Verteidiger nötig ist. Diese Frage mit ja oder nein zu beantworten ist ebenso fahrlässig, wie konkrete Aussagen über einen zu erwartenden Verfahrensausgang zu treffen.

Wenn Sie die Tat zugeben möchten, da die Sachlage klar ist und Sie vielleicht Ersttäter sind, wird man Ihnen vielerorts raten, das Geld für einen Anwalt zu sparen. Die Chancen für eine Einstellung, ggf. gegen Auflagen, stehen auch tatsächlich in diesem Falle nicht schlecht. Zudem dürfte selbst im Falle einer Verurteilung, oder eines Strafbefehls eine Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen kaum zu erwarten sein, womit Sie als Ersttäter nicht als vorbestraft gelten würden.

Vor diesem Hintergrund kann es durchaus ratsam sein, einfach ein Entschuldigungsschreiben an das Kaufhaus zu senden und sich dringlich um Schadenswiedergutmachung zu bemühen. Da es aber auf sämtliche, auch in der Person des Beschuldigten vorliegenden Aspekte ankommt, kann eine Garantie hinsichtlich eines solchen Vorgehens keinesfalls gegeben werden. Einen pauschalen Anspruch auf ein mildes Urteil, oder eine Verfahrenseinstellung haben Sie nicht.

Sollte Sie an einem der Punkte Zweifel haben, oder die Tat insgesamt bestreiten, ist ein Besuch beim Anwalt insbesondere angesichts der Beweiswürdigung hinsichtlich der subjektiven Aspekte anzuraten. Ein „wird schon gut gehen", oder „halb so wild" allein, wird Ihnen hier in keinster Weise weiterhelfen, zumal konkrete Aspekte so nur unzureichend berücksichtigt werden können.

In jedem Fall sollten Sie, zumindest bis Sie wissen, was Sie überhaupt von dem weiteren Vorgehen erwarten, zu den Vorwürfen schweigen. Vorschnelle Erklärungsversuche gegenüber dem Personal, oder der Polizei führen häufig zu Konsequenzen, die später nicht mehr zu korrigieren sind.

Sofern Sie völlig unverschuldet, z.B. aufgrund von Verwechslungen, oder vorschnellem Handeln eines Diebstahls bezichtigt werden, führt dies meist zu einer recht unangenehmen und peinlichen Situation. In derartigen Fällen bietet sich ebenfalls der Gang zum Anwalt an, um überprüfen zu lassen, inwieweit Ansprüche auf Richtigstellung, oder sogar Schmerzensgeld bestehen.

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