Der Fälschung auf der Spur

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Mit einer Handschriftvergleichung soll bestimmt werden, ob ein Schriftzug tatsächlich von der Hand desjenigen stammt, als dessen Handschrift er im Rechtsverkehr ausgegeben wird. Die Handschriftenuntersuchung ist streng von den graphologischen Gutachten zu unterscheiden, bei denen die Handschrift Aufschluss auf bestimmte Charaktereigenschaften des Schreibers geben soll.

Eine hundertprozentige Aussage über die Authentizität des Schriftzuges wird man in einem Gutachten über eine Handschriftuntersuchung vergeblich suchen, weil ein und derselbe Schreiber eine große Variationsbreite bei seiner eigenen Schrift erzeugen kann – sei es ungewollt (z.B. aus Unkonzentriertheit, Eile oder wegen der Nutzung einer ungewohnten Schreibunterlage oder eines Schreibgeräts) oder auch gewollt. So kommt es bei Testamenten nicht selten vor, dass der Schreiber in seinem Bemühen um eine deutliche Schreibe eine für ihn unübliche Schönschrift verwendet.

Damit der Schriftgutachter die Variationsbreite des Schreibers abschätzen kann, ist es wichtig, dass ihm Vergleichsmaterial vorgelegt wird, welches unter möglichst vielfältigen Bedingungen entstanden ist. Dementsprechend wird er im Gutachten festhalten, ob die Schriftproben und Vergleichsschriftproben quantitativ und quantitativ ergiebig sind. Neben dem Umfang wird er auch berücksichtigen, ob die Schreibweise zügig ist. Die Vergleichsproben sollten außerdem in zeitlicher Nähe zum Entstehungszeitpunkt des zu prüfenden Schriftstückes entstanden sein, um einen Einblick in die grundlegenden Schreib- und Zeichnungseigenheiten des Schreibers zu ermöglichen. Speziell für die Überprüfung von Unterschriften gilt außerdem, dass zahlreiche buchstabenorientierte Schriftzüge vorgelegt werden, also Unterschriften, die möglichst keine Abkürzungen enthalten und sich nicht in einem Gekrakel erschöpfen. Und schließlich ganz wichtig: Es muss sich um Originale handeln.

Es ist sinnvoll, zunächst einen Rechtsanwalt zu konsultieren, um zu erfahren, wie ein Schriftgutachten juristisch genutzt werden kann. Es ist zu entscheiden, ob zunächst ein außergerichtlicher Schlichtungsversuch unternommen werden soll oder ob gleich ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden muss, z.B. um an die zu prüfenden Schriften sowie die Vergleichsproben erst heran zu kommen. Außerdem kann es sinnvoll sein, dass in einem gerichtlichen Verfahren vom Gericht Anknüpfungstatsachen erhoben werden und die Beteiligten genau befragt werden, wie die verdächtige Schreibleistung genau entstanden sein soll.

Bei der Schriftuntersuchung werden hintereinander mehrere Methoden angewandt, um eine Fälschung aufzudecken:

Im Rahmen der physikalisch-technischen Untersuchung wird zunächst geprüft, ob die Schreibleistungen auf einen primären Schreibvollzug zurückzuführen sind, also ob das Dokument Spuren einer nachträglichen Verfälschung oder einer Pausfälschung aufweist. Hierzu werden die Proben auf latente Durchdruckspuren untersucht. Mit extravisuellem Licht können außerdem Schrifteinfärbungsmittel von den Schriftträgern differenziert werden, chemische Rasuren sichtbar gemacht und überschriebene oder überdeckte Schriften sowie Latenzschriften lesbar gemacht werden. Schließlich werden die Schriften durch Übereinanderlegen auf Deckungsgleichheiten sowie in Hinblick auf die Größen- und Weiteproportionen untersucht. Schließlich folgt eine Überprüfung unter dem Stereomikroskop, wobei unterschiedliche Abbildungsmaßstäbe, Beleuchtungsintensitäten, -arten und –richtungen verwendet werden.

Wenn die umstrittene Schrift diese Hürde genommen hat, folgt im zweiten Teil des Gutachtens der eigentliche Schriftvergleich. Dabei werden zunächst die Übereinstimmungen/ Abweichungen in Hinblick auf verschiedene Merkmale ermittelt. Hierzu gehören z.B. die Strichbeschaffenheit, Druckgebung, der Bewegungsfluss, die Bewegungsführung und Formgebung, Bewegungsrichtung, Ausdehnung und die Flächengliederung der Schrift.

Allerdings sind schon bei nur einigermaßen überzeugenden Nachahmungsfälschungen regelmäßig Gemeinsamkeiten bei einer Reihe von graphischen Merkmalen zwischen dem authentischen und dem gefälschten Namenszug erkennbar. Erst durch eine detaillierte Analyse ist es dann möglich den vordergründig gewonnenen Gesamteindruck zu bestätigen oder zu widerlegen. Letztlich zielt der Vergleich darauf ab, anhand der Vergleichsproben die Eigenprägung der Originalhandschrift zu bestimmen, um dann die zu untersuchende Handschrift als unlebendige Formkopie zu entlarven. Nicht selten stellt sich dann heraus, dass der erste Eindruck getrogen hat.