Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht Teil IV

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Krankheit, Mutterschutz, Kündigung
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht Teil IV

- von Mutterschutz über Nachwirkung und Outsourcing bis personenbedingte Kündigung

Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht soll dem geneigten Leser die im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen immer wieder fallenden Begrifflichkeiten näher bringen. In einem ersten Schritt wird aufgezeigt, für was ganz allgemein der jeweilige Begriff steht. Im nächsten Schritt wird dessen kündigungsrechtliche Relevanz dargestellt. Dem Arbeitgeber, der sich zum Ausspruch einer Kündigung veranlasst sieht, dient das Lexikon somit in seiner auf das Wesentliche gestrafften Form als Checkliste zur Vorbereitung einer gerichtsfesten Kündigung. Dem von einer Kündigung betroffenen Arbeitnehmer dient das Stichwortverzeichnis zur ersten Orientierung in einem sich anbahnenden Kündigungsrechtsstreit - das Wissen um die eigenen Rechte schafft Sicherheit und stärkt die Verhandlungsposition in der Auseinandersetzung mit dem kündigenden Arbeitgeber. Teil IV erstreckt sich von Mutterschutz über Nachwirkung und Outsourcing bis personenbedingte Kündigung. Die Reihe wird fortgesetzt.

M wie Mutterschutz

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) gewährt Arbeitnehmerinnen während der Schwangerschaft und für einige Zeit nach der Entbindung umfassenden Kündigungsschutz. Nach § 9 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder aber innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Dieser Kündigungsschutz gilt für alle Frauen, die sich in einem Arbeitsverhältnis befinden, dies unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis zur Probe, zur Aushilfe, befristet oder unbefristet, haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird. Auch in Heimarbeit oder zur Ausbildung Beschäftigte können sich auf Kündigungsschutz nach Mutterschutzgesetz berufen. Das während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung für den Arbeitgeber bestehende Kündigungsverbot erfasst neben der außerordentlichen und ordentlichen Kündigung auch die Änderungskündigung. Die Empfängerin einer danach unzulässigen Kündigung sollte - insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber trotz Kenntnis von der Schwangerschaft an der von ihm ausgesprochenen Kündigung festhält – hiergegen umgehend vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben.

Jörg Halbe
Partner
seit 2006
Rechtsanwalt
Hohenstaufenring 44-46
50674 Köln
Tel: (0221) 3500 67 80
Web: http://www.wagnerhalbe.de
E-Mail:
Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht, Internetrecht, Existenzgründungsberatung, Vertragsrecht

Nur auf Antrag des Arbeitgebers kann die nach Landesrecht für den Arbeitsschutz zuständige Behörde in besonderen Fällen ausnahmsweise die Kündigung zulassen. So etwa bei schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragsverstößen oder Vermögensdelikten zu Lasten des Arbeitgebers oder aber auch bei Betriebsstilllegungen oder andernfalls drohender Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Arbeitgebers. Die von der nur ausnahmsweise für zulässig erklärten Kündigung betroffene Arbeitnehmerin kann hiergegen innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe der Zulassungserklärung wiederum Kündigungsschutzklage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht erheben.

N wie Nachwirkung des Sonderkündigungsschutzes

Nach § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) genießen Betriebsratsmitglieder während ihrer Amtszeit erhöhten Kündigungsschutz. Sie sind grundsätzlich nur aus wichtigem Grund kündbar. Zudem ist die vorherige Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung eines seiner Mitglieder erforderlich. Der Arbeitgeber kann die außerordentliche Kündigung also erst dann aussprechen, wenn der Betriebsrat hierzu zuvor seine Zustimmung erteilt hat.

Mit dem Verlust des Betriebsratsamtes endet der Sonderkündigungsschutz des Betriebsratsmitglieds. An seine Stelle tritt jedoch die Nachwirkung des Sonderkündigungsschutzes für ehemalige Betriebsratsmitglieder nach § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG. Danach ist die Kündigung eines ehemaligen Betriebsratsmitglieds innerhalb eines Jahres nach Beendigung seiner Amtszeit unzulässig. Der gleiche nachwirkende Kündigungsschutz kommt auch dem so genannten Ersatzmitglied zu Teil. Ersatzmitglieder sind die bei der letzten Betriebsratswahl nicht gewählten Wahlbewerber. Ersatzmitglieder rücken nach, sobald ein Mitglied aus dem Betriebsrat ausscheidet oder aus einem sonstigen Grund auch nur vorübergehend an der Ausübung seines Betriebsratsmandats gehindert ist. Der nachwirkende Kündigungsschutz des Ersatzmitglieds setzt jeweils mit dem Ende seiner Vertretungstätigkeit ein. Wird zum Beispiel ein Betriebsratsmitglied bei einer Betriebsratssitzung von einem Ersatzmitglied krankheitsbedingt vertreten, so genießt das Ersatzmitglied für einen Zeitraum von einem Jahr den oben beschriebenen, nachwirkenden Sonderkündigungsschutz. Gegen eine gleichwohl ausgesprochene Kündigung kann das betroffene Ersatzmitglied Kündigungsschutzklage vor dem örtlich zuständigen Arbeitsgericht erheben.

O wie Outsourcing

Um eigenes Personal einzusparen, kann ein Arbeitgeber die im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit durchaus legitime Entscheidung treffen, einzelne im Betrieb anfallende Tätigkeiten zukünftig von externen Unternehmen und deren Angestellten erledigen zu lassen. Dasselbe gilt, wenn ein Arbeitgeber die bisher von seinen Arbeitnehmern verrichteten Aufgaben freien Mitarbeitern überträgt. Der Bedarf an nichtselbstständiger Arbeit im Betrieb des Arbeitgebers fällt hierdurch weg. Es entsteht eine innerbetriebliche Diskrepanz zwischen Angebot an und Nachfrage nach nichtselbstständiger Arbeitsleistung, die grundsätzlich geeignet ist, betriebsbedingte Kündigungen zu rechtfertigen. Dieser Vorgang wird im Manager-Sprech als Fremdvergabe oder Outsourcing bezeichnet.

Erhebt der von einer auf Outsourcing gestützten betriebsbedingten Kündigung betroffene Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage, so hat der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess unter anderem nachzuweisen, dass er für die Erledigung bestimmter Aufgaben einen Vertrag mit einem anderen Unternehmen bzw. mit freien Mitarbeitern geschlossen hat. Hierzu reicht die Vorlage des betreffenden Vertrags. Zudem ist vom Arbeitgeber darzulegen, welche Arbeitsplätze ganz konkret von der Fremdvergabe betroffen sind.

Eine Unternehmensentscheidung, die zum Gegenstand hat, dass Arbeitsverhältnisse zunächst an einen Dritten übergehen und die betroffenen Arbeitnehmer sodann in ihrem alten Betrieb unter Weisung des ursprünglichen Arbeitgebers als Leiharbeitnehmer letztlich doch die gleiche Arbeit wie zuvor erbringen, ist hingegen nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Die im Betrieb des Arbeitgebers tätigen Arbeitnehmer unterstehen nämlich weiter der Weisung ihres ursprünglichen Arbeitgebers. Der Bedarf des Arbeitgebers an nichtselbstständiger Arbeit ist gerade nicht weggefallen. Ein innerbetrieblicher Kündigungsgrund liegt somit schon begrifflich nicht vor. Eine hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage hat erkennbar Aussicht auf Erfolg.

P wie personenbedingte Kündigung

Nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine Kündigung unter anderem dann sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe bedingt ist, die in der Person des jeweiligen Arbeitnehmers liegen. Ein die Kündigung rechtfertigender personenbedingter Kündigungsgrund kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer die Fähigkeit oder Eignung zur Erfüllung der geschuldeten Arbeitsleistung nicht nur vorübergehend verloren hat. Zu den personenbedingten Kündigungsgründen gehören danach vor allem dauerhaftes Leistungsunvermögen, die personenbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit sowie langanhaltende oder wiederholt auftretende – auch krankheitsbedingte - Arbeitsunfähigkeitszeiten des Arbeitnehmers. Auf ein Verschulden des Arbeitnehmers kommt es dabei nicht an. Der personenbedingten Kündigung hat daher auch keine Abmahnung voranzugehen.

Vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung ist der Arbeitgeber jedoch unter besonderer Berücksichtigung des Ultima Ratio Prinzips verpflichtet, jede im Rahmen der betrieblichen Interessen mögliche, zumutbare und geeignete Maßnahme zu ergreifen, die hilft, die Kündigung zu vermeiden. In Betracht zu ziehen sind insbesondere Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen sowie eine Weiterbeschäftigung des leistungsgehinderten Arbeitnehmers auf einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz. Erst wenn ein solcher nicht zur Verfügung steht und auch nicht durch organisatorische Maßnahmen frei gemacht werden kann oder aber ein dem Arbeitnehmer unter Ausspruch einer Änderungskündigung angebotener Arbeitsplatz von diesem nicht einmal unter Vorbehalt angenommen wird, besteht das Recht des Arbeitgebers zur personenbedingten Kündigung des Arbeitnehmers.

Die Reihe wird fortgesetzt mit Teil V – von R wie Rationalisierung über S wie Schwerbehinderung und T wie Tatkündigung bis U wie Unkündbarkeit.

Der Autor ist Sozius der Kanzlei Wagner Halbe Rechtsanwälte in Köln und berät Arbeitgeber und Arbeitnehmer in allen Bereichen des Arbeitsrechts. Bei Anregungen oder Fragen zu diesem Beitrag können Sie eine unverbindliche E-Mail direkt an die Adresse info@wagnerhalbe.de senden. Weitere Informationen erhalten Sie auf www.wagnerhalbe.de sowie auf www.onlinelexikon-arbeitsrecht.de.

WAGNER HALBE Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Jörg Halbe, LL.M. oec.
Hohenstaufenring 44-46
50674 Köln

Fon +49 (0)221 - 3500 67 80
Fax +49 (0)221 - 3500 67 84

www.wagnerhalbe.de
jh@wagnerhalbe.de
Das könnte Sie auch interessieren
Arbeitsrecht Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht Teil I
Arbeitsrecht Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht Teil II
Arbeitsrecht Das Online-Lexikon zum Kündigungsschutz im Arbeitsrecht Teil III