Das "Gesetz gegen unsaubere Geschäftspraktiken" ist wirksam. Sind "Abmahnungen" jetzt Geschichte?

Mehr zum Thema: Urheberrecht, Geschäftspraktiken, Abmahnung, Anwaltskosten, 15530, Anwaltsgebühren, begrenzt
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Anwaltskosten sind bei Abmahnungen zukünftig auf 155,30 € begrenzt - Was bedeutet dies für die Betroffenen?

In den letzten Tagen häuften sich die Berichte über DAS Gesetz, dass überteuerten Abmahnungen im Urheberrecht und der sich hier rum rankenden Abmahnindustrie den Gar aus machen soll.

Nunmehr wurde dieses Gesetz veröffentlicht und ist seit heute wirksam.

Der Regelstreitwert wird auf 1.000 € festgesetzt. Dies hat zur Folge, dass die ggfls. erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten auf 155,30 € „gedeckelt“ werden, um private Nutzer vor horrenden Gebühren zu schützen.

Kosten der Abmahnung setzen sich jedoch nicht nur aus Anwaltskosten zusammen

Beim genauen Hinsehen wird deutlich, dass sich an den Gesamtkosten der Abmahnung kaum was ändern wird. Die Gebühren, welche verlangt werden, beinhalten nicht nur die Anwaltskosten, sondern darüber hinaus Lizenschäden, Schadenersatz und zum Teil auch Ermittlungskosten.

Die neue Regelung bezieht sich aber nur auf die Anwaltskosten.

Ein Beispiel zu den Abmahnkosten nach der neuen Regelung

Kanzlei X versendet eine Abmahnung und fordert zur schnellen Erledigung als Gesamtsumme für alle Positionen 956,00 €

Aufgeschlüsselt werden:

506,00 € Anwaltskosten

450,00 € Schadenersatz pp.

GESAMT 956,00 €

Nach der neuen Regelung heißt dies:

153,50 € Anwaltskosten

450,00 € Schadenersatz pp.

GESAMT (immer noch stolze) 603,50 €

Verbesserungen für die von Abmahnung betroffenen Internetuser fraglich

Das Geld, was denn Abmahnkanzleien im Punkt Abmahnkosten abgezogen wird, werden selbige mit großer Wahrscheinlichkeit mit entsprechender Anpassung der Schadenersatzes wieder reinholen.

Das heißt:

Es ist aller Voraussicht nach keine deutliche Senkung der Kosten für den Abgemahnten gegeben!

Neuregelung leider teilweise zu unbestimmt

Als letzter Punkt kommt noch hinzu, dass die Neuregelung an entscheidener Stelle (mal wieder) sehr unbestimmt formuliert ist:

Urheberrechtsstreitsachen

(1) In einer Urheberrechtssache beträgt der Streitwert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch 1000 Euro, wenn der Beklagte

1. eine natürliche Person ist, die urheberrechtliche Werke oder durch verwandte Schutzrechte geschützte Leistungen nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und
2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Klägers durch Vertrag, aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist;

es sei denn, dieser Wert ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalles sowie der Anzahl oder der Schwere der Rechtsverletzungen unbillig.

Der letzte Halbsatz wird diversen Auslegungen Tür und Tor öffnen

Letztlich werden dann Gerichte entscheiden müssen, was besondere Umstände oder Schwere der Rechtsverletzung für den jeweiligen Fall bedeutet.

Im Fall des § 97a Abs.2, wonach damals für urheberrechtliche Streitigkeiten lediglich 100,00 € verlangt werden durften, ist die Auslegung ebenfalls deutlich zu Gunsten der Abmahner gegangen.

Auch bei der geplanten Neuregelung werden die Abmahner sicherlich nicht kampflos das Feld räumen.

Zusammenfassend ist aus hiesiger Sicht klar, dass die Anzahl von Filesharing-Abmahnungen auch nach der neuen Gesetzeslage nicht zurückgehen werden, sondern die Abmahnkanzleien bereits jetzt darüber brüten, inwieweit derartige Abmahnungen auch in Zukunft ein lukratives Geschäft bleiben.

Soweit Sie selbst eine Abmahnung erhalten haben, beraten wir Sie gerne kurzfristig und auch am Wochenende. Das telefonische Erstgespräch ist kostenlos.