Bewertungsportal für Ärzte: Kein Anspruch des Arztes auf Löschung personenbezogener Daten

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Recht des Plattformbetreibers auf Kommunikationsfreiheit überwiegt Recht des Arztes auf informationelle Selbstbestimmung

Besprechung des BGH-Urteils zum Löschungsanspruch bei Ärztebewertungsportalen (BGH Urteil vom 23.09.2014, Az. VI ZR 358/13 Jameda).

1. Worum geht es?

In dem zu besprechenden Fall hatte ein niedergelassener Arzt gegen das bekannte Ärztebewertungsportal Jameda geklagt. Über dieses Portal können Internetnutzer, die sich zuvor beim Portalbetreiber registriert haben, Ärzte bewerten. Diese Nutzer können die Bewertungen anonym abgeben, der Arzt hingegen ist dabei mit Namen, Praxisanschrift, Kontaktdaten und weiteren persönlichen Daten genannt bzw. verzeichnet.

Danjel-Philippe Newerla
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Rechtsanwalt
Fachanwalt für Informationstechnologierecht, Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
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27578 Bremerhaven
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Der klagende Arzt hat in dem konkreten Fall mehrere Bewertungen von registrierten Nutzern erhalten, mit denen er nicht einverstanden gewesen ist. Daraufhin hat dieser Arzt die Plattform Jameda auf Löschung seiner Profildaten auf dieser Plattform und Unterlassung der Veröffentlichung seiner Daten und Anspruch genommen.

Das zuvor mit dieser Sache befasste Amtsgericht sowie auch das Landgericht haben die Klage des Arztes abgewiesen. Daraufhin hat der Arzt Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Der BGH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen und damit den von Seiten des klagenden Arztes begehrten Löschungsanspruch verneint.

2. Begründung des Bundesgerichtshofes

Zusammengefasst hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der klagende Arzt deshalb keinen Löschungsanspruch gegen den Plattformbetreiber hat, weil sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung das Recht des beklagten Plattformbetreibers auf Kommunikationsfreiheit nicht überwiegt. Bei der anzustellenden Interessenabwägung hat der BGH vor allem berücksichtigt, dass die Allgemeinheit ein nicht unerhebliches Interesse daran hat, sich ein Bild über die Leistungen eines Arztes (insbesondere vor dem Hintergrund der freien Arztwahl) machen zu können.

Der BGH sah auch kein Problem darin, dass die betreffenden Nutzer die Bewertungen anonym abgegeben haben. Zur Begründung führte der BGH an, dass dieses im Internet so üblich und daher unbedenklich sei.

3. Meine Meinung

Die Begründung des BGH überzeugt zumindest im Grundsatz. Meines Erachtens berücksichtigt diese Entscheidung aber nicht hinreichend den Fall, dass ein Nutzer eine überzogen negative Bewertung abgibt, die aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt ist. Zwar kann sich der betroffene Arzt mit strafrechtlichen Mitteln gegen Schmähkritik, Beleidigungen und ähnliches wehren. In der Praxis tauchen meiner Erfahrung nach auf verschiedensten Bewertungsportalen (nicht nur für Ärzte) Bewertungen auf, welche die eben genannte Schwelle der Strafbarkeit nicht erreichen aber objektiv unsachlich sowie ungerechtfertigt sind und mit dem offensichtlichen Ziel abgegeben werden, eine subjektive Unzufriedenheit auszudrücken, die zu einer überzogen negativen Bewertung führt.

Sicherlich ist überall dort, wo es um das Grundrecht der Meinungsfreiheit sowie Bewertungen geht auch immer im Einzelfall eine subjektive Komponente möglich und daher eine rechtliche Bewertung nicht immer einfach, meiner Meinung nach muss dem bewerteten Arzt (wie auch jeder anderen Person auf einer vergleichbaren Bewertungsplattform) zumindest die Möglichkeit haben, im Wege einer Kommentarfunktion seine Sicht der Dinge klarzustellen. Dies ist aber nur dann möglich und sinnvoll, wenn der Arzt anhand eines Kommentars des Bewertungsgebers auf den konkreten Patienten / Fall Rückschlüsse ziehen kann. Bei einem reinen kommentarlosen Bewertungssystem (z.B. Vergabe von Schulnoten oder Sternen), dürfte dieses natürlich schwierig wenn nicht sogar ausgeschlossen sein.

Bei einem solchen kommentarlosen Bewertungssystem sollte meines Erachtens der Bewertende verpflichtet sein, eine Begründung für eine negative Bewertung anzugeben, um den Arzt / bewertete Person zumindest vom Grundsatz in die Lage zu versetzen, eine qualifizierte Stellungnahme zu der negativen Bewertung abzugeben.

4. Ratschlag für Betroffene von negativen Bewertungen auf Ärzteportalen

Auch nach dem aktuellen BGH-Urteil zu diesem Thema sind betroffene negativer Bewertungen auf Jameda nicht gänzlich schutzlos gestellt. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Grenze der Strafbarkeit (z. B .Schmähkritik / Beleidigungen) nicht überschritten ist. In diesem Fall wäre an eine Strafanzeige gegen den betreffenden (noch unbekannten) Nutzer zu denken, da ein Auskunftsanspruch gegen den Plattformbetreiber auf Nennung der Kontaktdaten des Bewertungsgebers nach der hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht möglich ist.

Im Rahmen dieser Strafanzeige gegen Unbekannt könnte dann (sofern der zuständigen Staatsanwaltschaft die Ermittlung des Bewertungsgebers über den Plattformbetreiber gelingt) gegebenenfalls die Adresse des Bewertungsgebers ermittelt werden. Über eine Akteneinsicht (hierfür ist ein Rechtsanwalt erforderlich) wäre es dann im Einzelfall möglich, an die Kontaktdaten zu kommen. Mit Hilfe der Kontaktdaten des Bewertungsgebers wären dann zivilrechtliche Schritte gegen diesen (z.B. Klage auf Löschung / Unterlassung / Schadensersatz) denkbar.

Haben auch Sie Probleme im Zusammenhang mit Bewertungsportalen oder haben Sie eine ungerechtfertigte negative Bewertung erhalten? Gerne können Sie sich an uns wenden, wir helfen Ihnen gerne weiter.

Mit freundlichen Grüßen von der Nordseeküste

Dr. Danjel-Philippe Newerla,Rechtsanwalt

Fachanwalt für IT-Recht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht-

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