Leuna: Nehm ist auf dem Sprung

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Mehr als 5.000 Akten zu Leuna

Der Generalbundesanwalt Kay Nehm ist eventuell selbst zuständig für die Ermittlungen in der Schmiergeldaffäre rund um die Leuna-Raffinerie. Die Bundesregierung gab am Dienstag in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP bekannt, dass der Generalbundesanwalt die Strafverfolgung übernehmen könnte, wenn in Verbindung mit Leuna von einer kriminellen Vereinigung auszugehen ist. Dann müsste der höchste Ankläger Deutschlands anstelle der örtlichen Staatsanwaltschaften wegen der besonderen Bedeutung des Falles aktiv werden.

Für eine kriminelle Vereinigung im Sinne des StGB müssen sich mindestens drei Personen über einen längeren Zeitraum hinweg organisiert zur Begehung von Straftaten zusammenfinden. Auch wenn Nehm nicht selbst tätig werde, würde er prüfen, ob die Schweizer Akten an zuständige örtliche Staatsanwaltschaften weitergeleitet werden, erklärte die Regierung. Genau so sei bereits verfahren worden, ergänzte sie mit Anspielung auf die laufenden Ermittlungsverfahren gegen den früheren Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Holger Pfalz, und den Geschäftsmann Dieter Holzer.

Die FDP wollte von der Regierung auch eine Stellungnahme zu der Aussage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck, wonach deutsche Staatsanwaltschaften die Ermittlungsakten im Fall Leuna "hin und her schicken mit der Zielrichtung, sie nicht bearbeiten zu müssen". Die Regierung verweigerte allerdings jeden Kommentar, da es sich um Vorgänge handele, "die ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Länder fallen" würden.

Insgesamt seien bei der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben nach Regierungsangaben etwa 5.000 Akten zum Komplex Leuna/Minol vorhanden, die so genannte Taskforce Leuna/Minol im Bundesministerium für Finanzen habe davon bislang 400 Ordner gesichtet. Das Ministerium hätte desweiteren in Paris, Genf und Vaduz Akteneinsicht zum Fall Leuna beantragt.

Beim Verkauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie an den französischen Ölkonzern Elf 1992 kam der Verdacht auf, dass Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen seien. Die Leuna-Raffinerie war das Prestigeobjekt von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) - und beschäftigt seit Jahren die Justiz in Frankreich und der Schweiz. Der frühere Elf-Spitzenmanager Alfred Sirven und Ex-Elf-Chef Le Floch-Prigent sowie der frühere französische Außenminister Roland Dumas waren im Mai von einem französischen Gericht zu Haftstrafen verurteilt worden.

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