Berufsschule - Fragen zur rechtlichen Grundlage verschiedener Organisationsentscheidungen

16. September 2017 Thema abonnieren
 Von 
Al.Thani
Status:
Frischling
(34 Beiträge, 1x hilfreich)
Berufsschule - Fragen zur rechtlichen Grundlage verschiedener Organisationsentscheidungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach dem kürzlichen Start des neuen Schuljahres haben sich für mich und meinen Betrieb einige Fragen bezüglich von der Berufsschule getroffenen neuen Regelungen aufgeworfen.

Ich habe bereits versucht per Internetrecherche und mit der geltenden Berufsschulordnung herauszufinden, ob die gemachten Forderungen rechtens sind. Zu keinem davon konnte ich allerdings eine wirkliche Legitimierung durch die Berufsschulordnung finden, daher möchte ich die Fragen hier stellen:

1. In diesem Lehrjahr monierte die Klassenleitung, dass das Online-Entschuldigungssystem nicht gepflegt war. Verschiedene Betriebe hatten wohl nicht auf eine vom System erstellte Mail geantwortet und damit "bestätigt", dass die Ausbilder unter der genannten Mail erreichbar sind. Die Klassenleitung drohte nicht näher genannte Konsequenzen an. Die Klasse gab den Hinweis darauf, dass die Schüler sich im System korrekt registriert und die E-Mail Adresse ihrer Ausbilder korrekt angegeben hatten. In Rücksprache mit dem Betrieb wurde bestätigt, dass die E-Mails schlichtweg nicht angekommen sind. Die Antwort der Klassenleitung war "Das ist aber nicht mein Problem, darum müssen Sie sich kümmern." Wir sehen hier aber unseren Handlungsspielraum als erschöpft an, da wir keine weiter Option haben auf das System Einfluss zu nehmen. Wie würden Sie den Fall einschätzen?

2. Das Online-Entschuldigungssystem sendet leider regelmäßig falsche Informationen an den Betrieb. Üblicherweise trägt ein Schüler seine Fehlzeiten dort ein und diese werden entsprechend automatisch an den Betrieb weitergeleitet. In der Meldung an den Betrieb sind die Zeiten aber regelmäßig anders, als vom Schüler eingegeben, hier fehlen mal ein paar Tage, oder es wird auch mal eine Woche drauf geschlagen, was bereits zu Problemen führte. Sowohl Schüler, als auch Betriebe haben die Berufsschule schon nachweisbar auf diesen Umstand hingewiesen. Auf der Webseite der Berufsschule findet sich unter andrem der Hinweis, dass "wissentliche oder fahrlässige Angabe falscher Informationen" einer Urkundenfälschung gleich kommt und disziplinarische Maßnahmen nach sich zieht. Nun stellt sich uns aber die Frage: Wenn das System den Betrieben Fehlzeiten meldet, die von den Angaben des Schülers abweichen (falsch sind) und die Berufsschule von diesem Umstand weiß - gilt diese vermeintliche "Urkundenfälschung" dann nicht auch für die Schule?

3. Besagte Klassenleitung erteilte für mehrere Schüler bereits am ersten Tag Attestpflicht. Da noch kein Schüler im aktuellen Schuljahr fehlte, begründete die Schule das mit Fehlzeiten im vergangenen Jahr. Einige der betroffenen Schüler hatten aber keine Fehlzeiten und andere einen wichtigen Grund (schwere Erkrankung etc.) Unentschuldigte Fehlzeiten gab es garnicht. Welche Rechtsgrundlage gilt für so eine "Attestpflicht"? In der BSO Bayern fand sich dazu nichts. In unserem Betrieb wurde im Ausbildungsvertrag festgelegt, dass ab dem 3. Tag (was sich mit der Vorgabe nach § 5 EFZG deckt) ein ärztliches Attest vorzulegen ist. Mit der Berufsschule wurde vertraglich nichts abweichendes vereinbart.

4. Die Berufsschule erhebt für ein Berufsschuljahr 15€ (im Vergangenen Jahr 10€) Kopiergeld, da laut Schule im vergangenen Jahr deutlich mehr kopiert wurde. Im vergangenen Jahr musste seitens der Schüler aber oft die mangelnde Qualität der Unterlagen moniert werden. Neben Fachlichen Fehlern, war oft die Qualität der Kopien so schlecht, dass wichtige Details nicht mehr erkennbar waren. Abgesehen davon war zu beobachten, dass die Lehrkräfte Kopien auch verstärkt nutzten um im Unterricht Zeit totzuschlagen. Von daher empfanden wir das Verlangen nach Kopiergeld auch im vergangenen Jahr bereits als ärgerlich und die Erhöhung in diesem Jahr ganz besonders. Laut Recherche besteht für Kopien in Bayern wohl keine Lehrmittelfreiheit. Nun meine Fragen: Muss der Berufsschüler das Kopiegeld selbst aufbringen? Laut BBiG hat der Ausbilder alle nötigen Ausbildungsmittel kostenlos zur Verfügung zu stellen. Oder muss Kopiergeld aus der Ausbildungsvergütung bestritten werden? Darüber hinaus: Kann man die Zahlung des Kopiergeldes ablehnen und dafür auf den Erhalt von Kopien verzichten? Oder unter welcher Rechtsgrundlage kann die Berufsschule diese Abgabe einfordern?

5. ( Optional und rein aus Interesse an der Rechtslage)
Wie schon angesprochen enthalten die ausgehändigten Unterlagen oft Fehler und der Unterricht lässt stellenweise sehr zu Wünschen übrig. Einige Schüler beschäftigen sich in der Zeit am Laptop. Wohle gemerkt, ohne den Unterricht damit irgendwie zu stören UND sogar in der Form, dass sie sich über das aktuelle Thema informieren, da auf die präsentierten Informationen oft ja kein Verlass ist. Einer dieser Schüler wurde vom Lehrer daraufhin aufgefordert den Laptop abzugeben und erhielt in dann am Ende der Berufsschulwoche zurück. Nach Art. 56 Abs. 5 BayEUG sieht das tatsächlich auch vor. Nun aber die Frage: Gilt dies auch für Volljährige Berufsschüler? Und falls ja, steht das BayEUG denn über dem Grundgesetz? Kann sich ein Schüler von rechtswegen her weigern sein Privates Eigentum herauszugeben (selbstverständlich mit der Konsequenz, dass er evtl nach Hause geschickt wird oder ähnliches)?

Vielen Dank schon mal für Ihre Mühen.

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5 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38385 Beiträge, 13987x hilfreich)

Auch für Berufsschulen gibt es eine Dienst- und Fachaufsicht. Mit der sollte man anstehende Probs klären. Das sind aber m.E. nur die Dokumantationsprobleme. Und gegebenenfalls das Vermitteln falscher Lehrinhalte.

Ansonsten: AUBs ab ersten Tag, das ist doch in vielen Schulen üblich, genau wie bei vielen Arbeitgebern. Also, pro Monat knapp über einen € an Fotokopien, da kann man doch nicht meckern. Ist doch extrem preiswert, auch wenn ein paar mal nicht so top ausfallen.

Und während des Unterrichts am Laptop rumspielen, das ist nun mal nicht gern gesehen, in der Regel in der Schulordnung verboten. Ich halte es schon für pädagogisch wichtig, auch für Volljährige, wenn die jungen Menschen lernen, dass Spielregeln, wie pünktlich erscheinen, AUB ab 1. Tag, im Unterricht nicht tun, was man will einhalten.

wirdwerden

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#2
 Von 
Al.Thani
Status:
Frischling
(34 Beiträge, 1x hilfreich)

Hallo wirdwerden,

danke für Ihre Antwort, mich interessiert aber lediglich die Rechtsgrundlage zu den genannten Punkten.

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#3
 Von 
wirdwerden
Status:
Unbeschreiblich
(38385 Beiträge, 13987x hilfreich)

Zur Masse der geäußerten Punkte, das ergibt sich aus der Schulordnung, die sich letztlich jede Schule selbst gibt, die können wir hier in Ermangelung hellseherischer Fähigkeiten nicht kennen. Ansonsten ist Schulrecht und auch Berufsschulrecht Landesrecht. Wer nun in Deinem Land und in der unbekannten Ausbildung die Dienst- und Fachaufsicht führt, auch das bedürfte hellseherischer Fähigkeiten. Häufig fallen gerade in sehr speziellen Ausbildungsgängen die Dienst- und Fachaufsicht auch auseinander. Das ergibt sich einmal aus den Landesschulgesetzen, aber auch aus individuellen Regelungen für einzelne Ausbldungen. Also, mindestens 16 Variationen, die dann noch gekoppelt mit den verschiedenen Ausbildungsgängen, da dürften ein paar hundert Varianten zusammen kommen.

Noch eine Anmerkung: dass sich das erwartete Benehmen der Schüler aus der Schulordnung ergibt, darauf hätte ein Unternehmer durch scharfes Nachdenken auch alleine kommen können. So wie der Unternehmer in seinem Betrieb ja auch die Benimmregeln festlegt.

wirdwerden

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#4
 Von 
Al.Thani
Status:
Frischling
(34 Beiträge, 1x hilfreich)

Danke für Ihre Eingabe,

neben dem eingangs genannten BBiG, BayEUG und der BayBSO, welche Gesetze betreffen denn weiterhin die Ausbildung in der Berufsschule?
Was legitimiert die Berufsschule zur Aufstellung einer eigenen Schulordnung und wie weit reicht diese Legitimation? Das die Berufsschule etwa eine Abgabe erhebt und nötigenfalls auch zum Beispiel einklagt scheint mir etwas weitreichend.
Und wie ist es, wenn andere Rechte, wie z.B. das GG oder auch das BGB in seinen Regelungen der Schulordnung entgegenstehen?

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#5
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119616 Beiträge, 39755x hilfreich)

Zitat (von Al.Thani):
Was legitimiert die Berufsschule zur Aufstellung einer eigenen Schulordnung

Die jeweiligen Verwaltungsgesetze / -richtlinien des Bundeslandes.
Hier z.B. das BayEUG.



Zitat (von Al.Thani):
und wie weit reicht diese Legitimation?

Bis die Grenzen von Gesetzen und ständiger gängiger Rechtsprechung erreicht sind.
Manchmal im Rahmen der Rechtsfortbildung auch darüber hinaus.



Zitat (von Al.Thani):
Und wie ist es, wenn andere Rechte, wie z.B. das GG oder auch das BGB in seinen Regelungen der Schulordnung entgegenstehen?

Dann wird man prüfen welches Gesetz das nachrangige ist, ob das Gesetz die Auslegung nicht doch zulässt, ob die Betroffenennicht unangemessen benachteiligt sind, ...
Notfalls unter Zuhilfenahme von Gerichten.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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