Berlin: Eigentumswohnungen sollen nicht als Ferienwohnungen herhalten

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Neue Zweckentfremdungsverordnung würde Eingriff in die Grundrechte Eigentum umd Berufsfreiheit bedeuten

Der Berliner Immobilienmarkt ist extrem angespannt. Die Folge war bereits eine Ausweitung der Kündigungsschutzverordnung in Berlin, die eine Sperrfrist von 10 Jahren für die Kündigung wegen Eigenbedarfs vorsieht - also drei (Regelfall) plus sieben Jahre (Ergänzung). Nun soll auch noch verboten werden, Eigentumswohnungen als Ferienwohnungen zu vermieten. Ähnlich wie beim 577a BGB soll hier nach Bezirken mit knappem Wohnungsangebot verfahren werden. Rechtsgrundlage wäre ebenfalls eine Verordnung, eine so genannte Zweckentfremdungsverordnung.

Im Jahre 2002 wurde vom Oberverwaltungsgericht Berlin eine solche Verordnung bereits für ungültig erklärt, da die Richter keinen Mangel an Wohnraum sahen. Dies könnte jetzt anders aussehen. Im Bezirk Pankow ist dieses Verbot bereits umgesetzt worden. Es sind ca. 1.500 Wohnungen in Pankow betroffen. Die Tourismusbranche hat dieses Verbot logischerweise begrüßt. Das versteht sich von selbst, da nun auf Hotels ausgewichen wird.

Abwanderung in die Schattenwirtschaft

So gut gemeint diese Zweckentfremdungsverordnung auch ist, so übersieht sie doch, dass für viele Vermieter die Renditen aus Ferienwohnungen zu einem Einkommen geworden sind, mit dem sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Es gibt übrigens auch viele  Mieter, die sich in mehreren Wohnungen als Hauptmieter einmieten und dann ohne Wissen des Vermieters als Ferienwohnung weiter vermieten. Ganz abgesehen davon, dass dieser Markt schwer von den Behörden ausgeforscht werden kann, wird es mit Sicherheit - sollte die Verordnung erlassen werden - eine Abwanderung in diesen Bereich der Schattenwirtschaft geben. Aber auch Eigentümer werden formal in ihrer Wohnung gemeldet sein, in Wirklichkeit werden Feriengäste als Untermieter angeworben.

Kaufkraft geht der Berliner Wirtschaft verloren

Diese Verordnung wird in Anbetracht der Tatsache, dass sie leicht umgangen werden kann, kaum den gewünschten Effekt haben. Fraglich ist auch der wirtschaftliche Nutzen. Natürlich: Die Kaufkraft der Touristen fließt in die Hotels, da weniger Ferienwohnungen zur Verfügung stehen. Diese Kaufkraft fehlt aber dann wieder der Berliner Wirtschaft, so dass hier eher negative Effekte zu befürchten sind. Der Berliner Senat plant betroffene Eigentümer erst einmal anzuhören. So soll Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.

Rechtsmittel für betroffene Eigentümer

Wenn die Verordnung ausgeweitet wird, stellt sich die Frage, was der Eigentümer dagegen tun kann. Erhält er einen Verbotsbescheid, kann er Widerspruch einlegen und dann Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Zu denken wäre auch an das Normenkontrollverfahren. Daneben kann auch sonstiges untergesetzliches Landesrecht (insbesondere Rechtsverordnungen) vor den genannten Gerichten zum Gegenstand einer abstrakten Normenkontrolle gemacht werden (vgl.§ 47 Absatz 1 Nr. 2 VwGO). Die verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollen sind allerdings nicht popularklagefähig. Der Antragsteller muss Betroffenheit in einem Recht geltend machen. Dies stellt allerdings nur eine Zulässigkeitshürde dar. Ist die Antragstellung zulässig, überprüft das Gericht die Norm allgemein auf Rechtmäßigkeit. So kann auch eine Rechtswidrigkeit, die nicht auf einer Rechtsverletzung beruht, die Aufhebung der Rechtsnorm bewirken.

Die Eigentümer werden sich wehren

Es ist zu erwarten, dass sich Interessensverbände bilden und die Verordnung angreifen. Immerhin ist das Grundrecht auf Eigentum und, sofern hier mit der Vermietung Geld verdient wird, auch die Berufsfreiheit betroffen. Ohne den Leser jetzt mit Verwaltungsrecht langweilen zu wollen, hilft folgende bildliche Vorstellung: Ein Grundrecht ist wie ein Ballon, der nur insoweit eingedrückt werden kann, wie der Eingriff von überragendem Interesse und zudem verhältnismäßig ist. Ein nicht rechtmäßiger Eingriff bringt den Ballon, wie bereits 2002, zum Platzen.

Zweckentfremdungsverordnung schafft keinen Wohnraum

Der Verfasser bezweifelt, dass eine solche Zweckentfremdungsverordnung Wohnraum schafft. Eine zu starke, staatliche Reglementierung erreicht oft das Gegenteil. Der ohnehin knappe Wohnraum wird dadurch schrumpfen, weil weniger gebaut und investiert wird. So haben die Mieter im Endeffekt am wenigsten davon, da die Miete ständig steigt und das Angebot kleiner wird. Überdies werden die Eigentümer – ähnlich wie die unbefugten Zwischenvermieter – einen trickreichen Ausweg finden. Sollten Sie betroffen sein, beraten wir Sie gerne.

Leserkommentare
von karlkater am 08.08.2013 19:43:23# 1
Werter Herr Lippold,

Sie schreiben:"Erhält er einen Verbotsbescheid, kann er Widerspruch einlegen und dann Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben."

Leider ist es zumindest in Hamburg so, dass die Behörde die "sofortige Vollstreckbarkeit" anordnet. Versuche vor den Hamburger Verwaltungsgerichten diese "sofortige Vollstreckbarkeit" aufheben zu lassen scheiterten, da die Verwaltungsgerichte in HH den Klagen kaum Erfolgaussichten beimassen.

Das heisst in Folge: Die Behörde (jedenfalls in HH ) ordnete die sofortige Vollstreckbarkeit an und man kann zwar dagegen klagen, bis zur Entscheidung in 2- 5 Jahren muss der Ferienwohnungvermieter aber langfristig vermieten(oder gemäss den gesetzlichen Vorgaben)

Zur Info: Ein Vermieter reichte Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein, diese wurde vom BVG gar nicht erst angenommen.
    
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