BAföG-Betrug: Berücksichtigung von Vermögen bei Verwertungshindernis?

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Gesetzlicher Hintergrund

Von Rechtsanwalt Thomas Herz

Noch immer beschäftigt der so genannte Datenabgleich viele (ehemalige) Antragsteller auf Leistungen nach dem Bundesausbildungs-
förderungsgesetz (BAföG). Problemtisch sind immer wieder Fälle, in denen Vermögen vor Antragstellung an Dritte übertragen wurde oder das Vermögen mit Rechten Dritter belastet ist. In vielen dieser Fälle wird von den Ämtern pauschal behauptet, dass eine Berücksichtigung von Vermögen grundsätzlich nur bei gesetzlichen oder behördlichen Veräußerungsverboten nicht gegeben sei. Bloße rechtsgeschäftliche Vereinbarungen würden darunter nicht fallen. Diese Ansicht hätte in den Rückforderungsfällen, aber auch im Strafverfahren erhebliche nachteilige Auswirkungen. Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 23.03.2006 – Az. 1 K 465/05.MZ – gibt Anlass dazu, der Fragestellung näher nachzugehen.

Der Vermögensbegriff nach dem BAföG ist in § 27 geregelt. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift gelten als Vermögen grundsätzlich alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, Forderungen und sonstige Rechte. Ausgenommen sind jedoch Gegenstände, soweit der Auszubildende sie aus rechtlichen Gründen nicht verwerten kann.

Thomas Herz
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Die einschlägigen Verwaltungsvorschriften stellen mit Blick auf ein rechtliches Verwertungshindernis hierzu klar:

„Eine Verwertung ist z.B. aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, wenn ein entsprechendes gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder ein gesetzliches oder behördliches Veräußerungsverbot (§§ 135, 136 BGB) vorliegt. Beispiele: Wenn eine Sache nach der StPO beschlagnahmt oder der Eigentümer als nicht nach § 2136 BGB befreiter Vorerbe (§§ 2100 ff. BGB) oder in Folge Pfändung im Wege der Zwangsvollstreckung (§§ 803, 804, 829 ZPO) oder in Folge Arrest (§§ 930 f. ZPO) oder einstweiliger Verfügung (§ 938 Abs. 2 ZPO) oder als Gemeinschuldner in Folge Konkurseröffnung an der Verfügung über die Forderung oder die Sache gehindert ist. Nicht jedoch fällt hierunter ein vom Eigentümer vereinbartes rechtsgeschäftliches Veräußerungsverbot (§ 137 BGB)."

Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung

Das Verwaltungsgericht Mainz hat dagegen ausdrücklich festgestellt, dass es gegen den Sinngehalt und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verstieße, dass § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG nur gesetzliche oder behördliche Verwertungsverbote erfasse und nicht auch rechtsgeschäftliche, die auf einer entsprechenden privatrechtlichen Vereinbarung beruhen.

Ob und inwieweit einer rechtsgeschäftlichen Verfügungsbeschränkung unterliegende Vermögensgegenstände folglich vom Vermögensbegriff des Ausbildungsförderungsrechts ausgenommen seien, hänge allein davon ab, ob ein ausbildungsbedingter Verwertungszugriff rechtlich und tatsächlich – ganz oder teilweise – objektiv möglich ist oder nicht.

Nur vertragliche Bindungen und Beschränkungen, die eine objektive Zugriffsmöglichkeit unberührt lassen, können somit angesichts des Grundsatzes der Nachrangigkeit staatlicher Ausbildungsförderung die Herausnahme aus der Vermögensanrechnung nicht rechtfertigen.Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht Mainz festgestellt, dass auch rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen eine unbillige Härte – siehe § 29 Absatz 3 BAföG – begründen können, wenn sie einen Verwertungszugriff des Auszubildenden ausschließen.

Rechtsmissbräuchliche Übertragung von Vermögen

Die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Zusammenhang mit der rechtsmissbräuchlichen Übertragung von Vermögenswerten dürfen jedoch auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Mainz nicht vergessen werden. Ein Auszubildender, der Vermögen unentgeltlich einem Dritten, auch einem Elternteil überträgt, anstatt es für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung einzusetzen, handelt rechtsmissbräuchlich und ist förderungsrechtlich so zu behandeln, als stehe ihm das übertragene Vermögen noch zur Bedarfsdeckung zur Verfügung.

Dies ist aber grundsätzlich zu verneinen, wenn der Auszubildende ohne wesentlichen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der förderungsfähigen Ausbildung bzw. der Stellung des Antrages auf Ausbildungsförderung den Vermögenswert übertragen hat. Im Zweifel sollte anwaltlicher Rat genommen werden.

Konsequenzen für die Praxis

Es wird abzuwarten bleiben, ob die Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichts Mainz Schule macht. In jedem Fall ist sie ein durchaus geeigneter Ansatzpunkt, in den einschlägigen Fällen die Rückforderung ganz oder teilweise abzuwehren bzw. den Tatverdacht eines Betruges zu entkräften.


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