Auktion von Leerkartons, OVPs, Handbüchern und Zubehör - wann ist das Betrug?

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Wenn statt der Spielekonsole nur ein leerer Karton geliefert wird

Besonders zum Release von lang erwarteten technischen Neuheiten wie der PS4 oder dem neuen iPhone findet man auf Handelsplattformen wie eBay oft Angebote von "geschäftstüchtigen" Verkäufern, die die Verpackungen ihrer neu erworbenen Schätze zum Verkauf anbieten.

Nicht selten werden diese von unaufmerksamen Käufern zu horrenden Preisen erworben. Die Käufer denken, dass es sich bei dem Angebot um das Gerät und nicht nur um die Verpackung handelt. Kommt das Ersteigerte dann zu Hause an, ist der Ärger groß.

Was kann der Geprellte in so einem Falle tun? Rechtsanwalt Jan F. Nilges im Interview mit 123recht.de.

Bewusste Täuschung des Käufers

123recht.de: Herr Nilges, schon des Öfteren bin ich im Internet auf Angebote gestoßen, in denen Verpackungen, so genannte OVPs zum Verkauf angeboten wurden. Bislang habe ich immer darüber gekichert und mich gefragt, wer denn sowas kauft. Doch nun ist mir aufgefallen, dass die darauf abgegebenen Gebote darauf schließen lassen, dass der Käufer mit dem original verpackten Artikel rechnet - also dem Inhalt. Das ist doch Bauernfängerei, oder?

Rechtsanwalt Nilges: Leider lässt sich tatsächlich feststellen, dass einige Verkäufer von Leerkartons bewusst darauf abzielen, den Käufer zu täuschen. Der Käufer soll davon ausgehen, nicht den Karton, sondern das tatsächliche Produkt zu erwerben. Bereits die aufwändigen Gestaltungen der Angebote, die kein Detail des eigentlichen Produktes auslassen, lassen keinen anderen Rückschluss über die Absichten des Verkäufers zu. Sind die Verkaufsangebote darauf ausgelegt, den Käufer über den tatsächlichen Verkaufsgegenstand zu täuschen, kann dies allerdings zivil- und strafrechtliche Konsequenzen für den Verkäufer haben.

Prinzipiell darf man alles zum Verkauf anbieten

123recht.de: Darf man die Verpackungen also gar nicht erst zum Verkauf anbieten? Bei Designerhandtaschen sind die Kartons ja durchaus gefragt.

Rechtsanwalt Nilges: Grundsätzlich darf man in Deutschland zunächst einmal alles zum Verkauf anbieten, solange dadurch nicht gegen die Rechtsordnung verstoßen wird. Es gilt das Prinzip der Privatautonomie, die im Zivilrecht Ihren Ausdruck in der Vertragsfreiheit findet. Insoweit dürfen auch Leerkartons verkauft werden. Einschränkungen dieser Vertragsfreiheit können sich natürlich auch durch die Nutzungsbedingungen der einschlägigen Verkaufsplattformen ergeben.

Vertragsgegenstand muss klar erkennbar sein

123recht:net: Was sind die kleinen aber feinen Unterschiede, die das Betrugsangebot zu einem "legalen" Angebot machen, mit denen sich also der Verkäufer absichern kann?

Rechtsanwalt Nilges: Ich würde nicht von kleinen oder feinen Unterschieden sprechen, denn es sollte gerade nicht darum gehen, dem Angebot so gerade eben noch zur Rechtmäßigkeit zu verhelfen. Ein Angebot ist jedenfalls dann rechtlich korrekt, wenn für den Käufer klar erkennbar ist, was Vertragsgegenstand ist. Kurz gesagt: „Wer einen Karton verkaufen möchte, der sollte auch einen Karton anbieten.“ Wer den Karton einer Playstation mit einem Bild der Konsole bewirbt, das Angebot in der Verkaufskategorie „Spielekonsolen“ einstellt und darüber hinaus in der Artikelbeschreibung seitenlange Ausführungen zu den technischen Voraussetzungen der Konsole macht, kann sich nicht darauf berufen, er habe am Ende der Beschreibung darauf hingewiesen, dass es sich lediglich um den Leerkarton handelt. Insoweit spielt die Gestaltung des Angebotes bei der rechtlichen Bewertung eine entscheidende Rolle.

Käufer kann anfechten und Strafanzeige erstatten

123recht.de: Welche Möglichkeiten hat der geprellte Kunde, doch noch an den gewünschten Artikel zu kommen?

Rechtsanwalt Nilges: Soweit tatsächlich eine bewusste Täuschung des Käufers vorliegt, hat dieser die Möglichkeit, den Vertrag anzufechten und den Kaufpreis herauszuverlangen. Das Produkt sollte man dann bei einem anderen Händler kaufen.

Darüber hinaus sollte eine Strafanzeige wegen Betruges in Erwägung gezogen werden, um dem zivilrechtlichen Anspruch Nachdruck zu verleihen.

123recht.de: Welchen abschließenden Rat können Sie unseren Lesern geben?

Rechtsanwalt Nilges: In erster Linie sollte man die Angebote vorher komplett lesen. Bei Unklarheiten sollte beim Verkäufer nachgefragt werden. Darüber hinaus sollte man auch bei der Wahl der Verkaufsplattform ein Auge auf die Nutzungsbedingungen werfen. So kann es gerade im Bereich von Kleinanzeigenportalen dazu kommen, dass der Verkäufer nicht die entsprechenden Informationen zu seiner Person hinterlegen muss. Die Durchsetzung der Ansprüche wird damit erheblich erschwert.

123recht.de: Vielen Dank Herr Nilges!

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