Aufwendungen einer unverheirateten Frau für künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung

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Änderung der Rechtsprechung

Unter Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH (Urt. v. 10.05.2007, III R 47/05) die Aufwendungen einer unverheirateten Frau für künstliche Befruchtungen mit dem Samen ihres Lebenspartners zum Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zugelassen.

I. Sachverhalt

Die seit zwölf Jahren in einer nichtehelichen Partnerschaft lebende Klägerin hatte im Jahr 1999 fast 24.000,00 DM aufgewendet für Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung durch sog. In-vitro-Fertilisation - IVF - (Vereinigung einer Eizelle mit einer Samenzelle außerhalb des Körpers) und anschließenden Embryotransfer - ET - (Einführung des Embryos in die Gebärmutter).

Reinhard Schweizer
Rechtsanwalt
Muldestr. 19
51371 Leverkusen
Tel: 0214 / 2061697
E-Mail:
Erbrecht, Familienrecht, Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Verwaltungsrecht

Die "Ständige Kommission In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer" der zuständigen Ärztekammer hatte eine Sterilitätsbehandlung "mittels IVF/ET" befürwortet.

Die gesetzliche Krankenkasse übernahm die Kosten nicht, da nach § 27a Abs. 1 Nr. 3 SGB V nur miteinander verheiratete Personen Anspruch auf Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft haben.

Einen Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung lehnte das Finanzamt ab.

II. Entscheidungsgründe

Die Einkommensteuer wird nach § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung).

Die Aufwendungen sind außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen.

Bei der Auslegung und Anwendung des § 33 EStG hat der BFH Fallgruppen gebildet und entsprechend der Eigenart der einer solchen Fallgruppe zuzuordnenden Aufwendungen unterschiedliche Anforderungen an den Grund und den Umfang der Abziehbarkeit gestellt.

Eine Fallgruppe bilden die für die Behandlung einer Krankheit entstehenden Kosten.

Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde noch der Höhe nach geprüft.

Durch diese typisierende Anerkennung als außergewöhnliche Belastung soll ein unzumutbares Eindringen in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen vermieden werden.

Der BFH hatte bisher Aufwendungen einer nicht verheirateten, empfängnisunfähigen Frau für Sterilitätsbehandlungen durch IVF auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, wenn sie in einer festen Partnerschaft lebte.

Davon ist der BFH jetzt abgerückt.

Zur Begründung verwies er darauf, dass die Empfängnisunfähigkeit einer Frau unabhängig von ihrem Familienstand eine Krankheit sei.Die Empfängnisunfähigkeit werde durch die künstliche Befruchtung zwar nicht behoben, sondern nur umgangen.

Die steuerliche Abziehbarkeit setze aber keine Heilung voraus, sondern lasse es genügen, wenn Aufwendungen die Krankheit erträglicher machten, wie dies z.B. bei Aufwendungen für Zahnersatz, Brillen, Prothesen oder Rollstühle anerkannt sei.

Auch die für verheiratete Frauen möglicherweise intensivere Zwangslage oder Interessen des Kindeswohls, dem es am besten entspreche, wenn die Eltern miteinander verheiratet seien, rechtfertigten es nicht, den steuerlichen Abzug der Aufwendungen zu versagen.

Die Aufwendungen seien zu berücksichtigen, soweit die Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen würden.

Nach den derzeit geltenden Richtlinien genügt es, dass der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin zu der Einschätzung gelangt ist, dass die Frau mit einem nicht verheirateten Mann in einer fest gefügten Partnerschaft zusammenlebt und dieser Mann die Vaterschaft an dem so gezeugten Kind anerkennen wird.

Dabei darf grundsätzlich nur der Samen des Partners verwendet werden.