Anhörungsrüge und Mandatsniederlegung kurz vor Fristablauf

2. Juni 2015 Thema abonnieren
 Von 
Caesarius123
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)
Anhörungsrüge und Mandatsniederlegung kurz vor Fristablauf

Guten Tag!

Folgendes ist anzunehmen:

In der Sache des Mandanten (M) hat das OLG ein Urteil verkündet.
Sein Rechtsanwalt (RA) übermittelt dem M das Urteil per Mail und fragt, ob M Rechtsmittel einlegen will. Einen Tag später gibt es eine weitere Mail, dass es keine Rechtsmittel gebe.
In einem Telefonat zwischen M und RA erklärt RA, dass nur die Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH in Frage komme, dass RA diese jedoch für nicht aussichtsreich halte.

M informiert sich über die Nichtzulassungsbeschwerde, telefoniert mit einem BGH-Anwalt und findet schließlich heraus, dass die Nichtzulassungsbeschwerde mangels Beschwer tatsächlich nicht in Frage kommt.

M hat aber nun auch herausgefunden, dass das Rechtsmittel der Anhörungsrüge zur Verfügung steht. Diese scheint ihm in mehrerlei Hinsicht angebracht, worauf hier nicht weiter eingegangen werden soll. Die Frist für das Einlegen der Rüge ist 14 Tage nach Urteilsempfangsbekenntnis - als M von diesem Rechtsmittel durch eigene Recherchen erfuhr, war bereits Tag 8, ein Feiertag (Himmelfahrt). Am Tag 9 (Freitag) sandte M dem RA eine Mail, in der er ihn zur Anhörungsrüge befragte und seine Auffassung zu deren Berechtigung kurz skizzierte. Am Nachmittag dieses Tage legte RA das Mandat ohne Angabe von Gründen nieder - was ja auch sein gutes Recht ist. Er wiederholte darin, dass die Möglichkeit zur Nichtzulassungbeschwerde zum BGH bestehe, was ja, mangels ausreichender Beschwer, nicht korrekt war. Zudem riet RA dem M sehr eindringlich, sich unverzüglich einen neuen Anwalt zu besorgen, da der Ablauf der Frist unmittelbar bevorstehe!

M war - am Freitagnachmittag nach Himmelfahrt - verzweifelt, konnte nichts mehr ausrichten/keinen neuen Anwalt finden und verfasste am Sonntagabend eine Mail an RA, in der er RA aufforderte, das Mandat fortzuführen, da er kaum so kurzfristig einen Anwalt für dieses Unterfangen finden würde. RA hat den Empfang der Mail von seiner persönlichen Mail-Adresse aus noch am selben Abend bestätigt.

Von RA kam keine Reaktion. M machte sich am Montag auf die Suche nach einem neuen Anwalt, führte einige Telefonate, erhielt aber nur Absagen. Drei Anwälte nannte ihm darauf die RAK. Am Montagnachmittag fand M einen Anwalt (RA2), der sich bereit erklärte, die Sache zu übernehmen.

Am Dienstagmorgen rief RA2 den M an und erklärte ihm, dass M Geld auf den Tisch legen müsse, wenn das noch was werden solle. Er beanspruche mehr als das Honorar nach RVG (240 €), nämlich 360 € obendrauf, insgesamt 600 € brutto. Am Dienstag gegen 15 Uhr schickte M den Überweisungsbeleg per Mail an RA2, das Mandat kam dadurch zustande. RA hatte sich bis dahin nicht bei M gemeldet.

Am Mittwochmittag, als die Rüge von RA2 seine Rüge gerade ein letztes Mal überarbeitete, meldete sich RA per Mail bei M und fragte, ob M einen neuen Anwalt gefunden habe. M beantwortete diese Frage nicht sogleich, sondern stellte RA "vorab" eine inhaltliche Frage zur Angelegenheit, worauf er keine Antwort von RA erhielt. Am Abend, als die Rüge von RA2 längst eingereicht war, erhielt M von RA per Mail die Mitteilung, dass RA nun Rüge eingelegt habe. Die Rüge fand sich im Anhang und bestand zu einem Großteil aus dem, was M dem RA dazu mitgeteilt hatte. Stets zuvor hatte M immer alle Schriftsätze von RA erhalten, um bei Bedarf Anmerkungen zu machen, hier nicht.

FRAGE: Besteht die Möglichkeit, dass M die ihm entstandenen Kosten/das Zusatzhonorar, das er an RA2 gezahlt hat, damit dieser das Mandat übernehme, von RA zurückfordern kann, als Schaden, der ihm aus der kurzfristigen Mandatsniederlegung nach falscher Aufklärung über die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel entstanden ist? (Die 240 € nach RVG hat die Rechtschutzversicherung von M aus Kulanz übernommen.) Die Anhörungsrüge gehört nach § 19 Abs. 1 Nr. 5b RVG zur Instanz.

M gehr davon aus, dass die Kündigung des RA einseitig wirksam war und auch durch die Mail/den Einspruch des M nicht in der Wirksamkeit angetastet wurde. Ist das richtig? Zudem sieht er eine Notsituation: Der M ging, da RA seine Kündigung nicht zurückzog, davon aus, dass diese Bestand habe, und hat 1,5 Tage nach seiner "Widerspruchsmail" und damit 1,5 Tage vor Fristablauf RA2 mandatiert, damit die Frist nicht verstreiche. Er hat in den sauren Apfel des Zusatzhonorars gebissen, da er keinen anderen Anwalt gefunden hatte/finden würde und da er mangels Rückmeldung nicht damit gerechnet hatte, dass RA (aus Haftungsgründen) doch noch Rüge einreichen würde. (Hätte er das gewusst, hätte er das Wochenende genossen und sich keinen Kopf gemacht und wäre auch am Montag und Dienstag zur Arbeit gegangen, wozu er sich so nicht in der Lage fühlte.)

Vielen Dank.

Caesarius123

-- Editier von Caesarius123 am 02.06.2015 00:31

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9 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
hamburger-1910
Status:
Bachelor
(3142 Beiträge, 3485x hilfreich)

Zitat:
M gehr davon aus, dass die Kündigung des RA einseitig wirksam war


Ja


Zitat:
und auch durch die Mail/den Einspruch des M nicht in der Wirksamkeit angetastet wurde.


Nein


Ich sehe die Angelegenheit wie folgt:

Vertrag 1 (M-RA1) beendet

Vertrag 2 (M-RA1)

a) Angebot von Ihnen durch

Zitat:
und verfasste am Sonntagabend eine Mail an RA, in der er RA aufforderte, das Mandat fortzuführen, da er kaum so kurzfristig einen Anwalt für dieses Unterfangen finden würde.


Neuer Auftrag

b) Annahme von RA1 durch

Zitat:
erhielt M von RA per Mail die Mitteilung, dass RA nun Rüge eingelegt habe. Die Rüge fand sich im Anhang und bestand zu einem Großteil aus dem, was M dem RA dazu mitgeteilt hatte.


Vertrag 3 (M-RA2)

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#2
 Von 
Caesarius123
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Vielen Dank für die Antwort. Das kann ich nachvollziehen.

Aber RA1 hat das Mandat zu einem Zeitpunkt angenommen, als M bereits den RA2 mandatiert hatte, zu dem Zwecke, dem Risiko der Verfristung zu entgehen, da RA1 sich ja nicht wieder gemeldet hatte. RA1 hat zudem in seiner Mail vom Mittwoch/Tag des Fristablaufs mitgeteilt, dass er nur aus Haftungsgründen die Rüge eingelegt habe.

Musste der M davon ausgehen, dass RA1 aus Haftungsgründen tätig würde? Dies hätte RA1 dann ja sicher auch ohne das Zutun des M (seine Mail vom Sonntag) getan, denn unabhängig von dieser Mail hätte RA1 ja vermutlich haften müssen, wenn die Rüge nicht/nicht binnen Frist eingelegt worden wäre.

Musste M davon ausgehen, dass RA1 die Rüge noch einlegen würde, als er bis zur Hälfte der verbleibenden Frist nichts von RA1 gehört hatte?

-- Editiert von Caesarius123 am 02.06.2015 01:03

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
hamburger-1910
Status:
Bachelor
(3142 Beiträge, 3485x hilfreich)

Warum haben Sie nicht auf die Mail von RA1

Zitat:
Am Mittwochmittag, als die Rüge von RA2 seine Rüge gerade ein letztes Mal überarbeitete, meldete sich RA per Mail bei M und fragte, ob M einen neuen Anwalt gefunden habe. M beantwortete diese Frage nicht sogleich, sondern stellte RA "vorab" eine inhaltliche Frage zur Angelegenheit, worauf er keine Antwort von RA erhielt.


sofort geantwortet?

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Caesarius123
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Das ist eine gute Frage, auf die der M heute auch keine Antwort mehr weiß. Vielleicht, ja, vielleicht war es der Stress, der den M in der ganzen Situation extrem belastet hatte?

-- Editiert von Caesarius123 am 02.06.2015 01:22

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Caesarius123
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 3x hilfreich)

Das ist eine gute Frage, auf die der M heute auch keine Antwort mehr weiß. Vielleicht, ja, vielleicht war es der Stress, der den M in der ganzen Situation extrem belastet hatte?

-- Editiert von Caesarius123 am 02.06.2015 01:21

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
hamburger-1910
Status:
Bachelor
(3142 Beiträge, 3485x hilfreich)

Es ist sicherlich nicht optimal gelaufen (von allen Seiten).

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
JogyB
Status:
Bachelor
(3155 Beiträge, 3146x hilfreich)

Zitat (von Caesarius123):
Er beanspruche mehr als das Honorar nach RVG (240 €), nämlich 360 € obendrauf, insgesamt 600 € brutto.

Falls M den RA2 nicht mehr braucht: Die 360€ extra könnten aufgrund des Ausnutzens des Zwangslage von M sittenwidrig gewesen sein.

1x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
HighSensitive62
Status:
Beginner
(140 Beiträge, 137x hilfreich)

Eilig ist immer teurer. Das wird beim Ganz-fix-einen-Anwalt-Brauchen nicht anders sein, als sich einen Anzug express reinigen zu lassen. Allerdings scheint mir ein Zuschlag von >100% auch nicht ganz koscher.

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
Guybrush Threepwood
Status:
Schüler
(179 Beiträge, 433x hilfreich)

Das RVG legt doch lediglich eine Untergrenze fest.

Wenn der Rechtsanwalt einen ganzen Tag an der Anhörungsrüge gesessen hat (was ja durchaus möglich ist, da er die Akten von zwei Instanzen lesen musste), ist das jetzt nicht unbedingt ein sittenwidriger Stundenlohn.

Die 220 EUR sind angemessen, wenn der Rechtsanwalt auch im Hauptverfahren tätig war und nur noch einmal wiederholen muss, was er sowieso schon geschrieben hat. Für die komplette Neueinarbeitung in ein Verfahren können 220 EUR unter Umständen sehr wenig sein.

Mal davon abgesehen: Ich glaube nicht, dass es in der Geschichte der Justiz jemals eine erfolgreiche Anhörungsrüge gegeben hat.

-- Editiert von Guybrush Threepwood am 03.06.2015 18:06

2x Hilfreiche Antwort

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