Aktuelle Entscheidungen zu den Zinscap-Prämien

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Verbraucher können Erstattung von Gebühren bei unwirksamer Zinsanpassungsklausel verlangen

Im Bankrecht spielten die so genannten Zinssicherungsgebühren oder „Zinscap"-Prämien bislang kaum eine Rolle. Obwohl sie bisher weitgehend unbeachtet bleiben, ist ihre wirtschaftliche Bedeutung vor allen bei den Kreditverträgen im Bereich der medizinischen Berufe nicht zu unterschätzen. Oft ist die Erhebung von Zinssicherungsgebühren aufgrund der konkreten Vertragsformulierung gar nicht zulässig und, anders als bei den nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung unzulässigen Bearbeitungsgebühren, kommen bei den Zinscap-Prämien schnell rückforderbare Beträge im fünfstelligen Bereich zusammen.

Worum handelt es sich bei einer „Zinscap"-Prämie?

Dogmatisch auseinandergesetzt mit dem Thema der Zinscap-Prämien hat sich insbesondere das Landgericht Düsseldorf. Hauptargument der fehlerhaften Abrechnung von Zinscap-Prämien ist bisher die Orientierung an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu zulässigen und unzulässigen Zinsanpassungsklauseln. Die Zinscap-Vereinbarung ist nämlich nichts anderes als ein variabler Zinssatz, der sich im Bereich einer bestimmten Ober- und einer bestimmten Untergrenze hält. Dogmatisch gesehen ist eine solche Vereinbarung also der Abschluss einer variablen Verzinsung. Die Vertragsparteien einigen sich dabei gesondert, dass der Zinssatz einen bestimmten Wert nicht unterschreiten soll, der so genannte „Zinsfloor". Auch darf er einen anderen Wert nicht überschreiten, den sogenannten „Zinscap". Dafür kassiert die Bank dann eine Gebühr von in der Regel 1 % bis 5 % des Nettodarlehensbetrags.

Ulrich Schulte am Hülse
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Gibt es Rechtsprechung, die eine solche Klausel als unwirksam erachtet?

Soweit ersichtlich war die die variable Zinsanpassungsklausel in den allermeisten der bislang veröffentlichten Urteile unwirksam. Daher verurteilte das Landgericht Düsseldorf im oben zitierten Urteil die kreditgebende Bank zur Erstattung der Gebühren. Hintergrund war in diesem Fall der verfehlte Sicherungszweck der Zinscap-Prämie. Durch die fehlerhafte Zinsanpassungsklausel wurde dem Kreditvertrag nicht der vereinbarte Zinsrahmen, sondern der gesetzliche Zinssatz von 4 % zugrunde gelegt. Dadurch konnte der Zinssatz nie über diesen Betrag steigen, was eine separate und vor allem kostenpflichtige Vereinbarung über einen Zinskorridor von vornherein sinnlos machte. Dementsprechend war der Betrag seitens der Bank zu Unrecht verlangt und musste vollständig erstattet werden. Ähnlich entschied das Landgericht Duisburg in einem Urteil im Jahre 2011. So sah auch dieses Gericht die Zinscap-Gebühr im Hinblick auf die ebenfalls unwirksame Zinsanpassungsklausel als von Anfang an unwirksam an.

Gibt es Rechtsprechung, die eine solche Klausel für wirksam hält?

Das Oberlandesgericht Dresden dagegen hielt eine Zinssicherungsgebühr bei einem Kreditvertrag aus dem Jahre 2002 für wirksam, auch wenn die dahinter stehende Zinsanpassungsklausel unwirksam war. Das Gericht gesteht der Kreditgeberin die Zinssicherungsgebühr zu. Dabei sei die Vereinbarung des Zinskorridors in diesen konkreten Fall unabhängig von der Zinsanpassungsklausel zu betrachten. Danach falle der Sicherungszweck durch den Fortfall der Zinsanpassungsklausel nicht automatisch fort. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen seiner Festlegung des abrechenbaren Zinssatzes innerhalb der Grenzen der Vereinbarung zu orientieren. Da dies in dem konkreten Fall anzunehmen war, sei die Gebühr nicht nutzlos aufgewendet und folglich nicht erstattungsfähig.

Wie ist die Rechtslage bei Zinscap-Prämien für unternehmerische Kredite?

Der überschaubaren Zahl an Entscheidungen zu den Zinssicherungsgebühren fügte das Landgericht Düsseldorf im Jahre 2014 eine weitere hinzu, in dem es erneut auf die Sinnlosigkeit einer Zinscap-Prämie bei einem abrechenbaren Höchstzinssatz abstellte. Im Gegensatz zum eingangs zitierten Urteil des Landgerichtes Düsseldorf beschäftigte sich das Landgericht nun mit Zinscap-Prämien für unternehmerische Kredite. Hier beschäftigte sich die Kammer einerseits mit einer möglichen Sittenwidrigkeit, die es zu Recht verneinte. Andererseits beschäftigte es sich mit einem Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen einer behaupteten Aufklärungspflichtverletzung im vorvertraglichen Beratungsverhältnis. Jedenfalls konkret auf die angegriffene Zinscap-Vereinbarung sah das Landgericht Düsseldorf keine Beratungspflicht verletzt, da die „Vor- und Nachteile aufgrund der einfachen Struktur der Zinsbegrenzungsvereinbarung für den Kreditnehmer auf der Hand" lagen und keiner gesonderten Beratung bedurften. Dem ist in diesem Fall zuzustimmen. Wenn eine Vereinbarung einfach formuliert und für einen gut informieren Darlehensnehmer zu erfassen ist, benötigt der Darlehensnehmer keine gesonderte Beratung. Gerade im Hinblick auf den unternehmerischen Kredit kann man vom Darlehensnehmer ein Mindestmaß an Geschäftssinn erwarten.

Resümee

Der bisherigen Rechtsprechung lässt sich also entnehmen, dass eine Zinscap-Gebühr in den meisten Fällen und unter Berücksichtigung der beschriebenen Besonderheiten zurückgefordert werden kann, wenn die Zinsanpassungsklausel unwirksam ist und es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag handelt.

Rechtliche Bewertung

Die Bewertung der „Zinscap"-Prämien ist zumindest in Teilen mit der der Bearbeitungsgebühren bei Darlehensverträgen vergleichbar. Seinerzeit beurteilte der Bundesgerichtshof die Bearbeitungsgebühren der darlehensgebenden Banken, weil sie nicht Preisabrede sondern formularbezogene Preisnebenabreden waren. Aufgrund der einseitigen Benachteiligung wurde diese Preisnebenabreden an § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB gemessen und entschieden, dass sie gegen wesentliche gesetzliche Grundgedanken verstoßen würden. Zumindest die Dogmatik dieser Rechtsprechung kann man teils auf die Zinscap-Prämien übertragen.

Zum einen ist die Zinscap-Prämie, anders als ihr Wortlaut, gerade nicht die Gegenleistung der Bank dafür, dass sie den variablen Zins begrenzt. Die Gegenleistung der Kreditgeberin bei einer Zinscap-Prämie ist u. a. die Begrenzung des Zinses nach unten, der so genannte „Floor". Der Darlehensnehmer „zahlt" aber für die Zinsbegrenzung nach oben. Er zahlt also dafür, dass er es in Kauf nimmt, dass der Zins einen gewissen Wert nicht unterschreitet. Dies sind jedoch Leistung und Gegenleistung, Preis und Leistung eines Kreditvertrages.

Nach dieser Lesart steht die Zinscap-Prämie außerhalb des gegenseitigen Leistungsgefüges (so genanntes Synallagma) und ist demzufolge keine dem AGB-Recht entzogene Preisabrede, sondern eine Preisnebenabrede. Sie dürfte auch in aller Regel von den Banken einseitig in den Vertrag eingeführt werden, was sie zu einer AGB-Klausel macht. Diese Klausel benachteiligt den Darlehensnehmer unangemessen. Die Vereinbarung einer separaten Gebühr für eine Leistung, die bereits bezahlt ist, dürfte per se gegen den wesentlichen Grundgedanken eines Darlehnsvertrages verstoßen und unwirksam sein. Anders als vom Oberlandesgericht Dresden und dem Landgericht Düsseldorf und Landgericht Duisburg entschieden, ist eben nicht die Gebühr selbst die Gegenleistung für den Zinscap, sondern der jeweilige Zinsfloor. Demzufolge ist für die Zukunft damit zu rechnen, dass auch hier ein ähnlicher Paradigmenwechsel wie bei den „normalen" Bearbeitungsgebühren einsetzen kann.

Dr. Ulrich Schulte am Hülse,
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Bank- und Kapitalmarktrecht,

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