Akteneinsicht auch ohne Anwalt ?

12. August 2006 Thema abonnieren
 Von 
Harrybär123
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 36x hilfreich)
Akteneinsicht auch ohne Anwalt ?

Hallo,
kann man im Falle einer Anzeige ( Ladendiebstahl, Erwachsenenrecht) als Angeklagter Akteneinsicht vornehmen? Also konkret erfahren, was vorgeworfen wird, welche Beweise vorliegen und welche Zeugenaussagen vorliegen ?

Wo und wie beantrage ich Akteneinsicht ?
Geht das auch ohne Anwalt ?
Wenn nicht warum ?


Gruß und Danke !

Notfall oder generelle Fragen?

Notfall oder generelle Fragen?

Ein erfahrener Anwalt gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Ein erfahrener Anwalt gibt Ihnen eine vertrauliche kostenlose Einschätzung!
Kostenlose Einschätzung starten Kostenlose Einschätzung starten



20 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harrybär123
Status:
Frischling
(27 Beiträge, 36x hilfreich)

Hallo,
in diesem Fall geht es um "einfachen" Ladendiebstahl.
Der Beschuldigte wurde von einer Zeugin belastet, die sagt er hätte etwas geklaut.
Beschuldigter ist sich aber keiner Schuld bewusst und sieht sich durch die Anzeige das erste Mal mit diesem Vorwurf konfrontiert.Er wurde niemals wegen des angeblichen Diebstahls festgenommen, verhört oder durchsucht, man konnte auch kein Diebesgut bei Ihm feststellen.
Das Ganze kann sich also nur auf Vermutungen der Verkäuferin stützen die für offensichtlich verschwundene Ware einen Täter sucht.Da sie den Beschuldigten kennt ( Stammkunde, Kundenkartei) und er sich um den Zeitpunkt des verschwindens der Ware im Geschäft aufhielt, versucht sie das Ganze nun ihm anzudichten. Das Ganze ist sehr skuriel und nun möchte der Täter wenigstens wissen, was genau die Verkäuferin ausgesagt hat und wie bzw. ob sie ihre Behauptung z.B. mit Beweise untermauern kann.
Wer da ausgesagt hat ist dem Täter gar nicht wichtig, es geht ihm nur darum was ausgesagt wurde und ob es vermeintliche Beweise für diese Unterstellung gibt.

All dies müsste ja aus der Akte hervorgehen und damit der Täter sich entsprechend verteidigen kann möchte er wissen was Sache ist. Aber möglichst ohne Anwalt, der ja wieder ordentlich Geld für so eine Aktion nimmt. Allzuviele Kopien dürften in dem Fall auch kaum angefallen sein, es geht ja nur um ein "kleineres" Delikt und keine große Straftat.

Gruß

30x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
Prosecutor
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 10x hilfreich)

quote:

Aus dieser Änderung ergibt sich nun ein erstmalig in der Geschichte des (deutschen) Strafprozeßrechts ein Anspruch des Beschuldigten auf Einsicht in die Ermittlungsakte, ohne daß es dazu einen Verteidiger bedarf.



Einen Anspruch auf Akteneinsicht hat der Beschuldigte nach wie vor NICHT. Es KÖNNEN AUSKÜNFTE aus den Akten erteilt werden.

Die Praxis hat mit der Neuregelung sehr wohl Erfahrungen. Es hat sich NICHTS gegenüber der alten Rechthslage geändert.


-- Editiert von Prosecutor am 12.08.2006 17:50:13

9x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Thomas.Newton
Status:
Praktikant
(608 Beiträge, 62x hilfreich)

Rönner hat die Rechtslage absolut zutreffend beschrieben. Im geschilderten Fall sollte es ausreichen, bei der Staatsanwaltschaft einfach um Überlassung von Kopien der (dünnen) Akte zu bitten, um eine Stellungnahme abgeben zu können. In den meisten Fällen wird dies kurzfristig erledigt.

0x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Marc007
Status:
Schüler
(265 Beiträge, 39x hilfreich)

Nunja ob der Staatsanwalt sagt was in der Vernehmung einer Zeugin rausgekommen ist oder ob er es als Kopie schickt ist doch völlig nebensächlich, auch ich sehe die Sach und Rechtslage durch Rönner hier deutlichst und zutreffend wiedergegeben.

MFG

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Prosecutor
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 10x hilfreich)

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: Einen ANSPRUCH auf Akteneinsicht hat der Beschuldigte nicht.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
!!Streetworker!!
Status:
Unbeschreiblich
(30226 Beiträge, 9520x hilfreich)

Es hat sich NICHTS gegenüber der alten Rechthslage geändert.

Bitte korrigieren wenn ich mich irre, aber die Rechtslage hat sich doch wohl insoweit geändert, daß eben erst seit der Neufassung Auskünfte und Kopien überlassen werden KÖNNEN, was vorher gesetzlich nicht vorgesehen war (hM = VERBOT der Akteneinsicht/Überlassung etc. pp. durch/an den Beschuldigten. Insofern hat sich die neue Rechtslage ggü. der alten geändert...

Sehr interessant dazu auch (ab Nr. 3):

http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/archiv/04-12/index.php3?seite=7

-----------------
"<small>da mihi factum, dabo tibi ius-iura novit curia
Gruß,Bob(SozArb. Straffälligen-/Drogenhilfe)"

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Prosecutor
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 10x hilfreich)

Absolut richtig.

In Bezug auf den Anspruch auf Akteneinsicht ist aber nichts geändert worden, und das war mE doch das Thema.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
Thomas.Newton
Status:
Praktikant
(608 Beiträge, 62x hilfreich)

Es hat sich sehr wohl was geändert, denn tatsächlich hat der Beschuldigte im Ergebnis einen Anspruch auf Erteilung von Auskünften, wenn er diese zur Verteidigung benötigt. Und - wenn diese Bemerkung einmal erlaubt ist - es ist doch überflüssig, wenn jemand so wie hier Roenner eine absolut zutreffende Antwort gibt, das durch unrichtige Kommentare ergänzt wird.

0x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
thosim
Status:
Student
(2139 Beiträge, 385x hilfreich)

Das Entschließungsermessen ist per se schon engeschränkt. Die Entscheidung der StA einem unverteidigten Besch. AE zu bewilligen, reduziert sich nach allgemeiner Auffassung auf Null (besser: eins), wenn ein verteidigter Beschuldigter in der Lage des unverteidigten Beschuldigten über seinen Verteidiger umfassende Auskunft über den Akteninhalt hätte erhalten können (vgl. insoweit schon die von Streetworker zitierte HRR-Seite, wo die derzeitige Rechtslage nach Änderung der StPo völlig zutreffend wiedergegeben wird).

Tatsächlich(!!) hat deshalb auch der nichtverteidigte Beschuldigte einen ANSPRUCH auf AE. Manche Vorschriften sind eben entgegen dem Wortlaut zu lesen.





-- Editiert von thosim am 13.08.2006 19:49:55

0x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
guest123-1156
Status:
Lehrling
(1818 Beiträge, 509x hilfreich)

--- editiert vom Admin

0x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
DanielB
Status:
Bachelor
(3291 Beiträge, 410x hilfreich)

quote:

@Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: Einen ANSPRUCH auf Akteneinsicht hat der Beschuldigte nicht.

Einen unabweisbaren Anspruch hat der Beschuldigte in der Tat nicht. Allerdings bedeutet das Wort 'kann' in Gesetzestexten auch nicht, dass die Staatsanwaltschaft sich beliebig aussuchen kann, wer Akteneinsicht erhält oder nicht, sondern wie üblich, dass dies im pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden ist. Wenn ein solcher Antrag abgelehnt wird, hat es dafür auch geeignete Gründe zu geben. In den meisten Strafverfahren wird es nach Abschluß der Ermittlungen solche Gründe nicht mehr geben, demzufolge wäre dem Antrag zu entsprechen.

2x Hilfreiche Antwort

#12
 Von 
Prosecutor
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 10x hilfreich)

quote:

In den meisten Strafverfahren wird es nach Abschluß der Ermittlungen solche Gründe nicht mehr geben, demzufolge wäre dem Antrag zu entsprechen.




Nein, das ist falsch. Die Möglichkeit der Auskunftserteilung für nicht zu einem Akteneinsichtsrecht. Das könnt Ihr noch 1000 mal wiederholen, dadurch wird es nicht richtiger.

0x Hilfreiche Antwort

#13
 Von 
Thomas.Newton
Status:
Praktikant
(608 Beiträge, 62x hilfreich)

@Prosecutor: um bei der Ausgangslage zu bleiben, in welchem Fall und mit welcher Begründung wollen Sie denn einem nicht durch Verteidiger vertretenen Beschuldigten wegen Ladendiebstahl die Erteilung einer Auskunft aus den Akten in Form von Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle oder Überlassung von Ablichtungen denn verweigern? Mir fällt eigentlich kein Einzelfall ein, in dem das klappen könnte.

0x Hilfreiche Antwort

#14
 Von 
Marc007
Status:
Schüler
(265 Beiträge, 39x hilfreich)

@Prosecutor

Ich weiss ja nicht was Sie in dieses Forum verschlagen hat, vieleicht erklären Sie mal Ihre Fachkompetenz und wie sie diese Erworben haben.

Lesen sie zu dem Link:

5. Fazit
Das Recht des unverteidigten Beschuldigten nach § 147 VII StPO steht seiner Zweckbestimmung nach dem Recht des verteidigten Beschuldigten auf Akteneinsicht über seinen Verteidiger nach § 147 I StPO gleich. Der unverteidigte Beschuldigte hat, wegen seines Rechtes auf Selbstverteidigung (Art. 6 III lit. b EMRK ), einen Anspruch darauf, die Inhalte der Ermittlungsakten in gleichem Umfang nutzen zu können, wie der verteidigte Beschuldigte. Unter bestimmten Voraussetzungen hat somit auch der verteidigte Beschuldigte einen Anspruch auf unmittelbaren, d.h. nicht durch einen Verteidiger vermittelten, Zugang zu den Akten.

Ich frage mich auch wieso die STA den Zugang zu den Akten beschränken sollte wenn das Gericht Sie dann wieder erlaubt. Ich sehe hier ein eineutiges Akteneinsichtsrecht, des Betroffenen da dieser sich ja auch angemessen verteidigen müssen kann. Dies ist nicht sichergestellt wenn er nicht verteidigt ist, und den Akteninhalt nicht kennt.

MFG

0x Hilfreiche Antwort

#15
 Von 
Prosecutor
Status:
Frischling
(44 Beiträge, 10x hilfreich)

@Thomas.Newton
Ggf. würde ich ihm eine Kopie der Anzeige bzw. des Berichts der Detektive zur Verfügung stellen, aber niemals Kopien der vollständigen Akte. Ausreichend wäre es nach dem Gesetzeswortlaut wohl, ihm in Kurzform mitzuteilen, was Inhalt der Zeugenaussagen ist.
Beweismittel/Augenscheinsobjekte würde er - im Gegensatz zu Verteidigern - nicht zu Gesicht bekommen.




-- Editiert von Prosecutor am 14.08.2006 20:11:43

0x Hilfreiche Antwort

#16
 Von 
Thomas.Newton
Status:
Praktikant
(608 Beiträge, 62x hilfreich)

Erlauben Sie mir eine persönliche Anmerkung, ohne mich der Arroganz zu bezichtigen. Denn im Gegensatz zu Roenner bin ich leider schon ziemlich alt und vermute aufgrund Ihres Sprachgebrauches, dass Sie noch recht jung sind.
Die Beschäftigung mit Straffällen wie Sie es bezeichnen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Da ist es immer wieder angebracht, zu überlegen, ob man nicht nur die richtigen Dinge tut, sondern auch ob man die Dinge richtig tut. Da Sie ja offensichtlich von Ihrer unrichtigen Rechtsansicht nicht abzubringen sind: was spricht denn eigentlich dagegen, dem Beschuldigten Ablichtungen der kompletten Akte zu überlassen. Dass er die Beweismittel nicht bekommt, versteht sich von selbst. Und in Kurzform mitteilen, was Gegenstand der Zeugenaussagen ist? Viel Spass beim diktieren.Die meisten Praktiker haben zu so was keine Zeit. hoffentlich unterläuft Ihnen da auch kein Flüchtigkeitsfehler.
Bei Ihrem Verhalten ist Konsequenz, dass entweder der Beschuldigte gezwungen wird, einen Verteidiger aufzusuchen. Warum solch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Anwälte? Wobei nichts angenehmer ist, als kompetente Verteidiger als Ansprechpartner zu haben.
Oder dem Beschuldigten wird die Möglichkeit genommen, sich auf der Basis der Kenntnis des kompletten Sachverhaltes zu verteidigen. Mir fällt dafür kein einleuchtender Grund ein.
Und auch noch eine Anmerkung zu Roenner: dass dessen Stil ersichtlich nicht der eines Praktikers ist, einverstanden. Der Mann hat aber doch mehrfach erklärt, dass er Student ist. Ich weiss nicht, ob Sie Referendare ausbilden. 90 % haben weit weniger Ahnung als Roenner.

3x Hilfreiche Antwort

#17
 Von 
guest123-1542
Status:
Bachelor
(3084 Beiträge, 577x hilfreich)

Hier eine Entscheidung des Landgerichts in einer Strafsache:

1.
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts .....vom...aufgehoben.
Dem Angeklagten sind Abschriften von Bl...bis Bl...und Bl. und Bl. ...zu erteilen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.


Das Problem ist:
Wie kann ein Angeklagter, der den Akteninhalt nicht kennt, Abschriften von Bl. soundso beantragen und erhalten?

1x Hilfreiche Antwort

#18
 Von 
Marc007
Status:
Schüler
(265 Beiträge, 39x hilfreich)

@meri

Bitte teilen Sie mir doch in der Sache mal das Aktenzeichen und das zuständige Landgericht mit.

@ Mr. Newton

Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.

Letztlich verweise ich auf eine Entscheidung des EGMR wonach es zu einem fairen und rechtsstalichen Verfahen gehört das der Beschuldigte die auch dem Gericht Vorliegenden und ggf. später nachgesannten Beikaten einsehen kann.

Der Verteidigte Beschuldigte hat nähmlich genau die gleichen rechte wie der unverteidigte. Letztlich ist es ja völlig panne dem Verteidigten RA Akteneinsicht zu gewähren der Kopiert die Akte und schikt das Orginal zurück. Und schon hat der Beschuldigte auch die Komplette Akte in der Hand.

Wo also der Unterschied zu Abs. 7 ????

Auch in der Praxis wird das Verfahren so gehandhabt, wobei ggf. Daten wie Adressen von Zeugen ect. geschwärtzt werden.
-Rückfrage bei der STA Essen-


MFG


1x Hilfreiche Antwort

#19
 Von 
guest123-1542
Status:
Bachelor
(3084 Beiträge, 577x hilfreich)

@Marc007 :

LG Mainz 1 Qs 223/03

2x Hilfreiche Antwort

#20
 Von 
JuR
Status:
Unparteiischer
(9878 Beiträge, 1430x hilfreich)

Hallo Thomas.Newton,

vielen lieben Dank für Ihre netten Worte in Ihrem Beitrag.


Viele Grüße!

0x Hilfreiche Antwort

Und jetzt?

Für jeden die richtige Beratung, immer gleich gut.
Schon 267.520 Beratungen
Anwalt online fragen
Ab 30
Rechtssichere Antwort in durchschnittlich 2 Stunden
108.142 Bewertungen
  • Keine Terminabsprache
  • Antwort vom Anwalt
  • Rückfragen möglich
  • Serviceorientierter Support
Anwalt vor Ort
Persönlichen Anwalt kontaktieren. In der Nähe oder bundesweit.
  • Kompetenz und serviceoriente Anwaltsuche
  • mit Empfehlung
  • Direkt beauftragen oder unverbindlich anfragen
Alle Preise inkl. MwSt. zzgl. 5€ Einstellgebühr pro Frage.

Jetzt Anwalt dazuholen.

Für 60€ beurteilt einer unserer Partneranwälte diese Sache.

  • Antwort vom Anwalt
  • Innerhalb 24 Stunden
  • Nicht zufrieden? Geld zurück!
  • Top Bewertungen
Ja, jetzt Anwalt dazuholen