Achtung Raser - Mithaftung bei 200 km/h trotz fehlender Geschwindigkeitsbeschränkung
Mehr zum Thema: Verkehrsrecht, Raser, Haftung, Richtgeschwindigkeit, Verkehrsunfall, UrteilAutofahrer können Mitschuld tragen, wenn sie die Richtgeschwindigkeit überschreiten
Die freie Fahrt auf der Autobahn ist eine deutsche Bastion. Sie ist aber kein Freifahrtschein zum Rasen. Dies betont die Rechtsprechung immer wieder, zuletzt im Urteil des OLG Koblenz vom 14.10.2013, Az. 12 U 313/13.
Nur Idealfahrer sind vor Mithaftung geschützt
Ein Fahrer, der eine Mithaftung vermeiden will, hat sich grundsätzlich wie ein Idealfahrer zu verhalten. Ein Idealfahrer fahre aber nicht schneller als die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.
Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs wechselte beim Auffahren auf die Autobahn grob verkehrswidrig unmittelbar von der Einfädelspur auf die Überholspur, um einen vorausfahrenden Pkw zu überholen. Dabei kam es zur Kollision mit dem Pkw des Beklagten, der mit etwa 200 km/h die Überholspur befuhr. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung gab es in dem befahrenen Teilabschnitt der Autobahn nicht.
Der Beklagte wurde trotzdem verurteilt, 40 % des Schadens des Klägers zu ersetzen.
Bei 130 km/h wäre der Unfall vermeidbar gewesen
Noch die Vorinstanz hatte die Klage vollumfänglich abgewiesen: Der Kläger habe aufgrund seines grob vorschriftswidrigen Spurwechsels den Unfall alleine verursacht. Die von dem PKW des Beklagten ausgehende Betriebsgefahr trete vollständig zurück.
Dies sieht das OLG Koblenz als Berufungsgericht mit der herrschenden Meinung anders: Eine Mithaftung komme dann nicht in Betracht, wenn der Verkehrsunfall für den Beklagten ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG gewesen wäre. Hierauf könne sich aber eben nur der Idealfahrer berufen, also der, der sich an die Richtgeschwindigkeit halte.
Etwas anderes hätte nur gegolten, wenn der Beklagte mit Erfolg hätte einwenden können, der Unfall wäre so auch passiert, wenn er 130 km/h schnell gefahren wäre. Dies konnte er nicht. Das OLG Koblenz ging davon aus, bei 130 km/h hätte durch eine mittelstarke Bremsung der Unfall vermieden werden können.
Die Richtgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen ist bedeutsamer, als allgemein angenommen
Zwar gilt auf Streckenabschnitten ohne ausdrückliche Geschwindigkeitsbeschränkung kein ordnungsrechtlich sanktioniertes Verbot von Geschwindigkeiten über 130 km/h. Haftungsrechtlich indes kann Raserei teuer werden, wie das Urteil zeigt.
Denn dann sind Hindernisse für den Auffahrenden um so gefährlicher, so dass dieser dann nur noch zu 0% haftet.
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Für den Kläger in vorstehenden Verfahren aber wieder mal ein schönes Schaufensterurteil.
Strafrecht Verkehrsstrafrecht: Die fahrlässige Körperverletzung