Abmahnung fehlerhaftes Impressum

7. April 2016 Thema abonnieren
 Von 
hansi3210
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 4x hilfreich)
Abmahnung fehlerhaftes Impressum

Hallo Leute,

ich möchte (natürlich) keine individuelle Rechtsberatung in Anspruch nehmen.
Allerdings beschäftigen mich seit längerem zwei Fragen, die ich hier einfach mal stellen möchte.

1. Ist denn jeder kleinste Verstoß im Impressum der HP eines Unternehmens abmahnfähig ist. Es muss doch auch sowas wie eine „Spürbarkeitsgrenze" geben, die kleinste Verstöße nicht als Wettbewerbsverstoß ausreichen lässt...?! Beispiel: Jmd. vergisst die Angabe seiner HR-Nummer oder stellt nur Telefonnummer und keine E-Mail-Adresse ein. Gibts da sowas wie einen (guten) Überblick bei welchem Verstoß man mit einer Abmahnung zu rechnen hat, die im Streitfall auch vom Gericht als berechtigt angesehen wird (mir ist klar, dass man in einzelnen Kommentaren einzelne Urteile findet - aber habe bis jetzt keine (mich befriedigende) Übersicht gefunden.

2. Wer verdient an einer ausgesprochenen Abmahnung wegen eines fehlerhaften Impressums, hat also ein finanzielles Interesse am Aussprechen einer solchen? Klar, Wettbewerbsverstöße von Mitbewerbern will jeder Unternehmer vom Grundsatz her abgestellt wissen. Aber einen direkten wirtschaftlichen Vorteil von einer Abmahnung hat doch eigentlich nur der abmahnende Rechtsanwalt... Als Unternehmer hat man doch nichts (direkt) davon...

Cheers,
Hansi

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11 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119644 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat:
Es muss doch auch sowas wie eine „Spürbarkeitsgrenze" geben, die kleinste Verstöße nicht als Wettbewerbsverstoß ausreichen lässt...?!

Da entscheiden die Gerichte uneinheitlich.
Siehe z.B. das Fehlen der Handelsregisternummer:
OLG Hamm (Az. I-4 U 192/07 ): abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß
OLG Hamburg (Az. 3 W 64/07 ): Bagatelle


Nach BGH (Az. I ZR 228/03 ) wäre ein Verstoß gegen § 6 TDG und § 10 MDStV ein unlauteres Handeln nach §§ 3 , 4 Nr. 11 UWG .
Der § 6 TDG wurde ersetzt durch den § 5 TMG und der § 10 MDStV wurde ersetzt durch den § 55 RStV, aber das dürfte entsprechend zu übertragen sein.



Zur Sicherheit würde ich immer davon aus gehen, das jeder Verstoß abmahnwürdig ist.
Das spart eine Menge Stress und Geld.
:)



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#2
 Von 
drkabo
Status:
Weiser
(16474 Beiträge, 9287x hilfreich)

Zitat:
Es muss doch auch sowas wie eine „Spürbarkeitsgrenze" geben, die kleinste Verstöße nicht als Wettbewerbsverstoß ausreichen lässt...?

Ja.
Das Problem ist, dass jedes Gericht die Grenze unterschiedlich setzt. Und bei Verstößen im Internet gilt im gewerblichen Bereich der sog. "fliegende Gerichtsstand". D.h. der Abmahner kann sich den Ort, an dem er vor Gericht zieht, frei auswählen.
Und da wird der Abmahner sinnvollerweise vor ein Gericht ziehen, das besonders streng ist (weil der Abmahner da die größten Chancen hat, zu gewinnen). Da führt also dazu, dass "strenge" Gerichte mehr Aufträge bekommen, während "großzügige" Gerichte selten ausgewählt werden. Damit setzt sich eine Spirale in Bewegung ...

Zitat:
2. Wer verdient an einer ausgesprochenen Abmahnung wegen eines fehlerhaften Impressums, hat also ein finanzielles Interesse am Aussprechen einer solchen? Klar, Wettbewerbsverstöße von Mitbewerbern will jeder Unternehmer vom Grundsatz her abgestellt wissen. Aber einen direkten wirtschaftlichen Vorteil von einer Abmahnung hat doch eigentlich nur der abmahnende Rechtsanwalt.

Richtig.

Zitat:
Als Unternehmer hat man doch nichts (direkt) davon...

Er hat einem Konkurrenten Ärger und Kosten bereitet. Das ist für viele Unternehmer mehr als "nichts".



Signatur:

Für alle meine Beiträge gilt §675(2) BGB.

1x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119644 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat:
Er hat einem Konkurrenten Ärger und Kosten bereitet. Das ist für viele Unternehmer mehr als "nichts".

Und für viele Klein- und Nebenbeiverkäufer können die Kosten schon das unternehmerische "aus" bedeuten.




Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
hansi3210
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 4x hilfreich)

Vielen Dank für eure Antworten, die meine Einschätzungen ja durchweg stützen.

Zitat (von Harry van Sell):

Siehe z.B. das Fehlen der Handelsregisternummer:
OLG Hamm (Az. I-4 U 192/07 ): abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß
OLG Hamburg (Az. 3 W 64/07 ): Bagatelle


Danke für das Beispiel anhand der fehlenden HR-Nummer. Eine Übersicht nach einzelnen Verstößen mit Übersicht der Rechtsprechung ist dir auch nicht bekannt? Fände das echt mal interessant überblicksmäßig zu sehen wie unterschiedlich deutsche Gerichte (kleine oder kleinste) Verstöße behandeln.

Zitat (von drkabo):

2. Wer verdient an einer ausgesprochenen Abmahnung wegen eines fehlerhaften Impressums, hat also ein finanzielles Interesse am Aussprechen einer solchen? Klar, Wettbewerbsverstöße von Mitbewerbern will jeder Unternehmer vom Grundsatz her abgestellt wissen. Aber einen direkten wirtschaftlichen Vorteil von einer Abmahnung hat doch eigentlich nur der abmahnende Rechtsanwalt.
Richtig.


Wie läuft sowas in der Praxis? Wird der Unternehmer am unmittelbaren finanziellen Vorteil des Rechtsanwalt prozentual beteiligt? Ist sowas offiziell legitim zu vereinbaren?

1x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119644 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat:
Eine Übersicht nach einzelnen Verstößen mit Übersicht der Rechtsprechung ist dir auch nicht bekannt?

Nein, das hat sich vermutlich noch keiner angetan.
Zumal es nutzlos ist.



Zitat:
Wird der Unternehmer am unmittelbaren finanziellen Vorteil des Rechtsanwalt prozentual beteiligt?

Eigentlich nicht.
Wobei es solche Konstrukte durchaus gab.



Zitat:
Ist sowas offiziell legitim zu vereinbaren?

Nein.
Wenn das auffliegt wird es richtig unangenehm für den Anwalt und den Unternehmer.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

1x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
hansi3210
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 4x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Zitat: Nein, das hat sich vermutlich noch keiner angetan. Zumal es nutzlos ist.

Naja, nutzlos wäre das bestimmt nicht. Jedenfalls sicherlich nicht für Jedermann. Und Rechtsanwälte, die ihr tägliches Brot mit Abmahnungen wegen kleinster Impressumsverstöße verdienen, werden sicherlich entsprechende Infos haben.

Zitat (von Harry van Sell):
Zitat: Eigentlich nicht. Wobei es solche Konstrukte durchaus gab.

Ich habe jetzt schon von mehreren Bekannten gehört, dass diese mit ihrem Rechtsanwalt gemeinsame Geschäfte bei Abmahnungen machen.

Zitat (von Harry van Sell):
Zitat: Nein. Wenn das auffliegt wird es richtig unangenehm für den Anwalt und den Unternehmer.

Kannst du das bitte belegen? Versteh´ mich nicht falsch - ich empfinde das anscheinend übliche gemeinsame finanzielle Partizipieren von Unternehmen und Rechtsanwalt bei Abmahnungen als äußerst fragwürdig. Allerdings würde es mich interessieren welche gesetzliche Regelungen diesem Vorgehen entgegenstehen. zb.Berufsrechtliche Regelungen des RA? Gesetz?

Gruß

1x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(119644 Beiträge, 39758x hilfreich)

Zitat:
Und Rechtsanwälte, die ihr tägliches Brot mit Abmahnungen wegen kleinster Impressumsverstöße verdienen, werden sicherlich entsprechende Infos haben.

Ja, sicherlich.
Aber die weren den Teufel tun und das "Tafelsilber" ins Internet stellen.
:grins:



Zitat:
Kannst du das bitte belegen?

Klar doch.

Eine Abmahnung immer dann für unzulässig, wenn sie vorwiegend dazu dient, einen Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten/-aufwendungen entstehen zu lassen, § 8 Absatz 4 UWG

Die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art, ist unzulässig, § 49b Bundesrechtsanwaltsordnung




Zitat:
Ich habe jetzt schon von mehreren Bekannten gehört, dass diese mit ihrem Rechtsanwalt gemeinsame Geschäfte bei Abmahnungen machen.

Und ich habe schon von mehreren Bekannten gehört wie die Steueren sparen.
Das es mehrere machen macht es nicht legal. :)

Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

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#8
 Von 
hansi3210
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 4x hilfreich)

Danke für die raschen Antworten

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1044x hilfreich)

Zitat:
ich empfinde das anscheinend übliche gemeinsame finanzielle Partizipieren von Unternehmen und Rechtsanwalt bei Abmahnungen als äußerst fragwürdig. Allerdings würde es mich interessieren welche gesetzliche Regelungen diesem Vorgehen entgegenstehen.


Wenn die Anwaltskosten in der Höhe gar nicht angefallen sind (sondern der Unternehmer von den z.B. 1000 EUR Abmahnkosten 500 vom Anwalt abbekommt, dann sind folglich auch nur 500 EUR Anwaltskosten angefallen), stellt die Einforderung des vollen Betrages einen Betrug dar, §263 StGB .

1x Hilfreiche Antwort

#10
 Von 
hansi3210
Status:
Frischling
(5 Beiträge, 4x hilfreich)

Zitat (von TheSilence):
Zitat:ich empfinde das anscheinend übliche gemeinsame finanzielle Partizipieren von Unternehmen und Rechtsanwalt bei Abmahnungen als äußerst fragwürdig. Allerdings würde es mich interessieren welche gesetzliche Regelungen diesem Vorgehen entgegenstehen.
Wenn die Anwaltskosten in der Höhe gar nicht angefallen sind (sondern der Unternehmer von den z.B. 1000 EUR Abmahnkosten 500 vom Anwalt abbekommt, dann sind folglich auch nur 500 EUR Anwaltskosten angefallen), stellt die Einforderung des vollen Betrages einen Betrug dar, §263 StGB .


Interessanter Gedanke. Gibt's dazu Urteile?

Gruß

1x Hilfreiche Antwort

#11
 Von 
TheSilence
Status:
Lehrling
(1650 Beiträge, 1044x hilfreich)

AFAIK ja, da geht es aber vor allem um die Frage, ob die (sachlich berechtigte) Abmahnung dann rechtsmißbräuchlich ist. Daß das einen Betrug verwirklicht, muß nicht weiter diskutiert werden, das ist offenkundig.

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