Abmahngefahr "40-EURO-Klausel"

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Rechtsunsicherheit durch unheitliche Rechtsprechung der Oberlandesgerichte

Bei Fernabsatzverträgen nach § 312b BGB steht Verbrauchern gem. § 312d Absatz 1 Satz 1 BGB ein Widerrufsrecht zu. Das ist vor allem für Online-Händler (z.B. Inhaber eigener Online-Shops, aber auch gewerbliche eBay-Verkäufer) von Bedeutung,  da der Verbraucher seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung ohne die Angabe von Gründen widerrufen kann. Übt der Verbraucher dieses aus, so kommt es auf den Einzelfall an, wer die Rücksendekosten der bestellten und gelieferten Ware zu tragen hat. Ist entsprechend § 357 Absatz 2 Satz 3 BGB eine Übernahme der Versandkosten durch den Verbraucher vereinbart worden, so ist in die Widerrufsbelehrung folgende Formulierung aufzunehmen:

„Sie haben die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.“

Üblicherweise wird die Widerrufsbelehrung auch in den AGB noch einmal vollständig zitiert. Die Rechtsprechung ist jedoch uneinheitlich bei der Beurteilung der Frage, ob die bloße Übernahme der vollständigen Widerrufsbelehrung in die AGB einer Vereinbarung betreffend die Versandkostenübernahme gleichkommt oder ob eine zusätzliche Vereinbarung notwendig ist. Mit anderen Worten: reicht es aus, dass allein die Widerrufsbelehrung in den AGB enthalten ist oder muss zusätzlich eine gesonderte Vereinbarung erfolgen?

Im letztgenannten Fall müssten die AGB beispielsweise wie folgt aufgebaut sein

9. (…)

10. Widerrufsrecht

Widerrufsbelehrung

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder - wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird - auch durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Eingang der Ware beim Empfänger (bei der wiederkehrenden Lieferung gleichartiger Waren nicht vor Eingang der ersten Teillieferung) und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß Artikel 246 § 2 in Verbindung mit § 1 Absatz 1 und 2 EGBGB sowie unserer Pflichten gemäß § 312g Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 246 § 3 EGBGB. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache.

Der Widerruf ist zu richten an:

Unternehmensname

Straße

Postleitzahl Stadt

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurück zu gewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung sowie Nutzungen (z. B. Gebrauchsvorteile) nicht oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren beziehungsweise herausgeben, müssen Sie uns insoweit Wertersatz leisten. Für die Verschlechterung der Sache und für gezogene Nutzungen müssen Sie Wertersatz nur leisten, soweit die Nutzungen oder die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht. Unter „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ versteht man das Testen und Ausprobieren der jeweiligen Ware, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist. Für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung müssen Sie keinen Wertersatz leisten. Paketversandfähige Sachen sind auf unsere Gefahr zurückzusenden. Sie haben die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei. Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen müssen innerhalb von 30 Tagen erfüllt werden. Die Frist beginnt für Sie mit der Absendung Ihrer Widerrufserklärung oder der Sache, für uns mit deren Empfang.

Ende der Widerrufsbelehrung

11. Vereinbarung der Kostentragung bei Ausübung des Widerrufsrechtes

Sie haben die regelmäßigen Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben.

12. (…)

Obwohl hier tatsächlich nur eine reine Wortlautwiederholung erfolgt, soll dies nach Ansicht einiger Oberlandesgerichte notwendig sein, um eine wirksame Vereinbarung der Kostentragungspflicht herbeizuführen. So sieht es beispielsweise das OLG Hamburg (Beschluss v. 17.02.2010, Az: 5 W 10/10). Dies hat zur Folge, dass wenn die betreffende Klausel nicht doppelt verwendet wird, Abmahnungen durch Wettbewerber drohen.

Die Entscheidung des OLG Hamburg ist aus verschiedenen Gründen kritisiert worden.

In die entgegengesetzte Richtung geht hingegen eine aktuelle Entscheidung des OLG München (OLG München, Beschluss vom 07.02.2012, Az. 29 W 212/12) und sah es als ausreichend an, die Klausel lediglich im Rahmen der in den AGB enthaltenen Widerrufsbelehrung aufzuführen.

„[.. .] Durch die Einbeziehung der Widerrufsbelehrung in die AGB macht der Verwender hinreichend deutlich, dass der in dieser Belehrung enthaltene Inhalt Vertragsbestandteil werden soll. [.. .] Der entgegenstehenden Ansicht des OLG Hamm in der von der Antragstellerin vorgelegten Entscheidung wie auch in NJW-RR 2010, 1193 folgt die Kammer nicht. Durch die Einbezugnahme des Belehrungstextes fehlt es am Charakter einer lediglich einseitigen Erklärung. Dies ist dem Verbraucher auch ohne weiteres klar, denn ihm ist bekannt, dass in AGB nicht nur Rechte enthalten sind, sondern zumindest auch Bestimmungen, die die Ausübung bestehender Rechte konkretisieren. Auch dadurch, dass die Überschrift „Widerrufsbelehrung“ lautet, ändert sich an der Verbrauchererwartung nichts, da auch eine Belehrung über Rechte naturgemäß Einschränkungen enthält, die die konkrete Ausübung etwaiger Rechte betreffen. [.. .] im Gegenteil: die zusammenfassende Darstellung von Widerrufsrechten und Widerrufsfolgen innerhalb der AGB ist an Transparenz als vertragliche Bestimmung kaum zu überbieten, unabhängig davon, ob sie mit der Überschrift „Widerrufsbelehrung“ versehen ist oder nicht.“

Leider ist die Rechtsprechung der Gerichte in dieser Frage nach wie vor uneinheitlich, so dass erst eine Klärung durch den BGH wird erfolgen müssen. Im Umkehrschluss bedeutet dies auch eine erhöhte Abmahngefahr, da bei Wettbewerbsverstößen im Internetrecht der sog. fliegende Gerichtsstand gilt. Hiermit ist gemeint, dass der Abmahner sich das entscheidende Gericht aussuchen kann – und damit wohl grundsätzlich einen solchen Gerichtsort wählen wird, der die für ihn günstige Rechtsauffassung teilt.

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