Abgemahnt: Vom Regen in die Traufe?

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Wenn der eigene Anwalt mehr Kosten verursacht, als er abwehren soll

Kommentar

Filesharing-Abmahnungen sind ein lukratives Geschäftsmodell für Anwälte. Aber auch ihre Gegner haben sich positioniert: Anti-Abmahnanwälte. Rechtsanwälte, die abgemahnte Filesharer verteidigen, die erfolgte Abmahnungen überprüfen, abwehren, herunterhandeln oder abändern.

Allerdings: Wer überprüft den Anti-Abmahnanwalt?

Kürzlich zumindest das Landgericht Duisburg. Das hatte nämlich ausnahmsweise mal nicht über die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung inklusive der geforderten Abmahngebühr zu entscheiden. Stattdessen musste es die Rechnung des Anwaltes überprüfen, der die Abmahnung abwehren oder runterhandeln sollte.

Dem Mandanten war eine urheberrechtliche Abmahnung ins Haus geflattert, zusammen mit einer Kostennote von 750 Euro. Er suchte einen Rechtsanwalt auf, der die Abmahnung abwehren oder die Kostennote verringern sollte. Der Anwalt nahm das Mandat an und stellte anschließend seine eigene Rechnung: 2.562,90 Euro.

Ein echter Menschenfreund. Durch die hohe Rechnung wurde der Auftrag für den Mandanten nicht nur sinnlos, sondern eine wirtschaftliche Katastrophe. Jetzt sind Rechtsanwälte ja nicht gerade dafür bekannt, dass sie besondere Kenntnisse in Mathematik oder Wirtschaft aufweisen. Im Jurastudium jedenfalls wird das nicht vermittelt. Darf man nicht trotzdem erwarten, dass der Anwalt sich im Sinne seines Mandanten entsprechende Gedanken macht?

Man darf. Und so wundert es nicht, dass der Mandant auch gegen die Rechnung seines eigenen Anwaltes vorging. Der Anwalt reagierte konsequent - und gab sich uneinsichtig. Immerhin hatte er seinem Mandanten vorher doch einen Kostenrahmen mitgeteilt: Von 226 bis 2.600 Euro. Nicht ohne zu erwähnen, dass die vorgeschlagene Marschroute "wirtschaftlich gesehen die geringsten Risiken" bereit halte.

Der Kostenrahmen allein ist schon ein starkes Stück. Zusammen mit der Aussage der "wirtschaftlich geringsten Risiken" wird es rotzfrech. Fand auch das Landgericht Duisburg, das keine "bedarfsgerechte Aufklärung", sondern nur eine "systematische Irreführung" des Mandanten erkennen konnte. Wenn die Anwaltskosten so hoch werden, dass die ganze Angelegenheit für den Mandanten wirtschaftlich sinnlos wird, dann muss der Anwalt das dem Mandanten vor Beginn der Tätigkeit ungefragt mitteilen.

Die Richter haben den Anwalt also links und rechts abgewatscht. Gut! Die letzte Aussage des Gerichts allerdings möchte ich erweitern: Ein Anwalt sollte seinen Mandanten ungefragt nicht nur in in den genannten Fällen der wirtschaftlichen Sinnlosigkeit, sondern IMMER vor Beginn seiner Tätigkeit über alle anfallenden Kosten schonungslos aufklären. Wenn er die genauen Kosten noch nicht nennen kann, sollte er eine realistische Obergrenze nennen. Änderungen, neue Erkenntnisse und neue Entwickungen sind dem Mandanten unverzüglich mitzuteilen und mit ihm zu besprechen.

Das ist Transparenz und Service im Dienste des Mandanten - also des Auftraggebers. Denn die anwaltliche Beratungstätigkeit ist eine Dienstleistung. Der Mandant kriecht nicht mehr wie ein Bittsteller auf Knien in die Kanzlei und erhält, so Gott will, auf wundersame Weise irgendwann eine irgendwie geartete Leistung zu irgendeinem überraschenden Preis. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Der heutige Mandant ist der Auftraggeber, der über die Art und Weise der Tätigkeit, die einzelnen Schritte, die einzelnen Deadlines, die Risiken und die einzelnen Kosten umfassend aufgeklärt werden will - und sollte.

Eine erhaltene urheberrechtliche Abmahnung von einem Anwalt überprüfen zu lassen, ist sinnvoll. In den meisten Fällen können zumindest die Kosten gesenkt und die geforderten Unterlassungserklärungen abgeändert werden. Die meisten Rechtsanwälte, die entsprechende Leistungen anbieten, machen die außergerichtliche Tätigkeit zum überschaubaren Pauschalpreis. Das ist nah an der Zielgruppe und zeitgemäß. Der geschilderte Fall ist sicherlich nicht die Regel - kommt aber so oder ähnlich leider immer noch zu oft vor.

Wie transparent ist Ihr Anwalt? Achten Sie darauf, wenn Sie mal wieder einen Anwalt brauchen. Denn letztlich bekommt jeder den Anwalt, den er verdient.

(Az 7 S 51/12)

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