Abfindung im Arbeitsrecht

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Ein Überblick über die Möglichkeiten einer Abfindung im Arbeitsrecht

Nach wie vor herrscht der weit verbreitete Irrtum vor, einem Arbeitnehmer stünde im Falle einer Kündigung eine Abfindungszahlung zu. Nahezu jeder Arbeitnehmer kennt einen „Kollegen", der eine solche Abfindung bekommen habe. Also müsse man selbst doch auch eine solche Abfindung erhalten, sollte man gekündigt werden.

Tatsächlich steht einem Arbeitnehmer grundsätzlich kein Abfindungsanspruch per Gesetz zu. Solange eine rechtswirksame Kündigung seitens des Arbeitgebers ausgesprochen wurde, muss dieser keine Abfindung an den Arbeitnehmer zahlen. Das Arbeitsverhältnis endet einfach mit Ablauf der Kündigungsfrist.

Elmar Dolscius
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Jeder Grundsatz hat jedoch Ausnahmen. Im Falle der Abfindung gibt es gesetzliche Ausnahmen, vereinbarte und praktische.

Die ersten gesetzlichen Ausnahmen finden sich zum einen in § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dort gewährt der Gesetzgeber dem gekündigten Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Abfindungsanspruch in Höhe eines 0,5 Monatsverdienst (brutto) pro Jahr der Zugehörigkeit. Zu den eben genannten Voraussetzungen zählt zunächst, dass die Kündigung einerseits auf dringende betriebliche Gründe gestützt wird. Weiterhin darf der Arbeitnehmer keine Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde. Die Abfindung ist damit sozusagen eine Belohnung dafür, dass der Arbeitgeber seine Kündigung nicht gerichtlich überprüfen lassen muss. Zu guter letzt muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bereits bei Ausspruch der Kündigung über die Möglichkeit der Abfindung schriftlich informieren.

Die zweite gesetzliche Ausnahme findet sich in den §§ 9, 10 KSchG. Danach kann sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses stellen. Gibt das Gericht diesem Antrag statt, erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung, deren Höhe sich nach § 10 KSchG bemisst und das Maximum von 18 Monatsverdiensten nicht überschreiten darf (die Regel sind 12 Monatsverdienste). Voraussetzung ist jedoch, dass die Kündigung im Verfahren für sozialwidrig erklärt wird. Der Arbeitnehmer kann in diesem Fall den Antrag stellen, wenn er der Ansicht ist, dass ein weiteres Verbleiben im Betrieb des Arbeitgebers für ihn nicht mehr zumutbar ist. Weitere Gründe muss er nicht angeben. An den Antrag des Arbeitgebers hingegen werden höhere Anforderungen gestellt.

Dieser kann die Auflösung nur verlangen, wenn Gründe vorliegen, „die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen". An den Auflösungsantrag des Arbeitgebers sind daher strenge Anforderungen zu stellen. Ausschließlich wirtschaftliche oder betriebliche Gründe reichen hier nicht aus.

Eine Ausnahme für das strenge Begründungserfordernis des Arbeitgebers spricht jedoch § 14 Abs. 2 KSchG aus. Handelt es sich bei dem Arbeitnehmer um einen leitenden Angestellten, muss der Arbeitgeber den Antrag auf Auflösung nicht begründen. Dies erklärt sich aus dem besonderen Vertrauensverhältnis, welches leitende Angestellte genießen. Wenn dieses Vertrauensverhältnis auf Seiten des Arbeitgebers (aus welchen Gründen auch immer) zerstört wurde, kann er sich sozusagen von dem leitenden Angestellten „frei kaufen".

Eine vereinbarte Ausnahme kann sich bspw. in Tarifverträgen oder Sozialplänen finden. In einem solchen Fall haben die Parteien bereits im Vorfeld vereinbart, dass im Falle einer (betrieblich bedingten) Kündigung Abfindungen gezahlt werden.

Eine praktische Ausnahme ergibt sich aus der täglichen Praxis der Arbeitsgerichte. Diese praktische Ausnahme ist wohl auch der Grund für die Fehlannahme, dass grundsätzlich eine Abfindung gezahlt werden müsse, wenn eine Kündigung ausgesprochen wurde. Dies ist jedoch, wie bereits gesagt, nicht der Fall.

Die praktische Ausnahme ergibt sich aus der Tatsache, dass die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in der überwiegenden Zahl der Verfahren dazu tendiert, sehr strenge Anforderungen an eine Kündigung zu stellen. In den meisten Fällen erfüllen die ausgesprochenen Kündigungen diese Anforderungen nicht.

Der Arbeitgeber sieht sich dann in der Gefahr, dass er zum einen den Arbeitnehmer wieder in seinen Betrieb aufnehmen muss. Zum anderen schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt, das dieser während der Zeit des Verfahrens verdient hätte, da das Arbeitsverhältnis ja tatsächlich fortbestanden hat. Der Arbeitnehmer auf der anderen Seite hat das Problem, dass er weiß, dass der Arbeitgeber an seinem Verbleib im Betrieb kein Interesse mehr hat. Das Arbeitsklima dürfte in der Zukunft somit überschaubar erfreulich werden. Um sich dieser Situation nicht aussetzen zu müssen, wird sich der Arbeitnehmer daher in den meisten Fällen bereit erklären, über eine Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in Verbindung mit einer Abfindung nachzudenken.

Wie hoch diese Abfindung ausfällt, muss im Einzelfall entschieden werden. Zum einen haben die Gerichte verschiedene Abfindungshöhen, an die sie sich halten. Hier ist ein deutliches Nord-Süd-Gefälle zu bemerken. In München wird ein Arbeitnehmer daher oft eine geringere Abfindung zugesprochen bekommen wie sein Kollege in Frankfurt. Des Weiteren hängt die Höhe der Abfindung von der Qualität der Kündigung ab. Je geringer das Risiko einer Niederlage vor Gericht für den Arbeitgeber ist, desto niedriger wird die Abfindung ausfallen. Hier werden dann Faktoren wie Dauer des Verfahrens, Kosten für die Rechtsvertretung etc. gegen die Höhe der Abfindung gerechnet. Es kann also gut sein, dass zwei Arbeitnehmer eines Unternehmens völlig unterschiedliche Abfindungen vor Gericht aushandeln können, wenn die Hintergründe der Kündigung sich stark unterscheiden.

In jedem Fall empfiehlt es sich, vor der Erhebung einer Kündigungsschutzklage einen Anwalt zu konsultieren. Dieser kann im Einzelfall die Erfolgsaussichten prüfen und den Arbeitnehmer in seiner Vorgehensweise beraten. Zu beachten ist, dass die Frist im Arbeitsrecht sehr kurz bemessen ist.

Nach Ablauf von 3 Wochen kann der Arbeitnehmer keine Kündigung mehr angreifen mit der Folge, dass diese wirksam wird und der Arbeitnehmer keine Verteidigungsmöglichkeiten mehr hat.

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